Prozess in Wien

Sechs Monate für Gutheißung des Hamas-Angriffs

Wien
02.05.2024 16:15

Ein linker Aktivist – nach eigenen Angaben Marxist und Hausmann und laut seiner Website internationaler Sekretär der Revolutionär-Kommunistischen Internationalen Tendenz (RCIT) – ist am Donnerstag am Wiener Landesgericht für ein Video wegen Aufforderung zu bzw. Gutheißung terroristischer Straftaten (§ 282a StGB) zu sechs Monaten bedingter Haft verurteilt worden.

Er hatte auf den Terror-Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 mit einem fragwürdigen Video reagiert. Schuldig erkannt wurde der 56-Jährige nicht für die Veröffentlichung des Videos einer Rede, die er am Vormittag des 7. Oktober am Stephansplatz gehalten hatte und das er am 9. Oktober auf seiner Homepage sowie auf seinem YouTube-Kanal öffentlich zugänglich gemacht hatte.

Wegen Unterlassung
Verurteilt wurde er, weil das Video bis zuletzt abrufbar war und nicht gelöscht wurde. Mit dieser Unterlassung habe er sich als Medieninhaber seiner Website und seines YouTube-Kanals des Gutheißens terroristischer Straftaten schuldig gemacht, befand Richter Stefan Apostol. Zugleich trug er dem 56-Jährigen entsprechend einer Bestimmung des Mediengesetzes die Löschung des Videos auf.

Störung befürchtet
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verteidigerin Astrid Wagner erbat Bedenkzeit, die Staatsanwältin, die bei einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren eine „sehr, sehr strenge Strafe“ verlangt hatte, gab vorerst keine Erklärung ab. Vor der Verhandlung waren die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt worden. Sympathisanten des Mannes hatten vor dem Grauen Haus eine Solidaritätsdemo angemeldet und durchgeführt, eine Störung der Verhandlung wurde befürchtet.

(Bild: APA/EVA MANHART)

Fotografier- und Filmverbot
Der Prozess wurde daher kurzfristig in einen anderen Saal verlegt, ein Fotografier- und Filmverbot wurde erlassen, das nicht nur den Verhandlungssaal betraf, sondern den gesamten Gebäudetrakt im dritten Stock umfasste. Bei der Verhandlung selbst blieb dann aber alles ruhig, wobei der Großteil der Unterstützer des 56-Jährigen an der Verhandlung mangels ausreichender Sitzplätze nicht teilnehmen konnten.

Wenige Stunden nach dem Angriff der Hamas auf Israel hatte der Angeklagte unter dem Titel „Lang lebe der heroische Aufstand des palästinensischen Volkes!“ ein Video öffentlich gemacht, in dem er die Vorgänge in Israel als „beispielloses Ereignis, das die palästinensischen Befreiungskämpfer aufgenommen haben“ bezeichnete: „Dies ist ein riesiger und historischer Angriff. Wir (...) wissen, dass dies ein gerechter Krieg der Palästinenser ist. Dies ist ein gerechter Krieg gegen die andauernde Besatzung und gegen die Unterdrückung durch Israelis gegen das palästinensische Volk.“ Der Mann, den Insider seit vielen Jahren dem sogenannten linken Antisemitismus zurechnen, sprach in seiner auf Englisch gehaltenen Rede von einem „Kampf des palästinensischen Volkes gegen den zionistischen Staat“ und einem „gerechten Krieg“, den die RCIT „bedingungslos“ unterstütze: „Wir sagen Sieg dem palästinensischen Widerstand, nieder mit dem zionistischen Staat.“

Auf die Frage, weshalb er das Video bis zuletzt nicht offline genommen habe, bemerkte der Angeklagte: „Ich lösche nicht Sachen von mir. Ich stehe zu dem, was ich tue und sage.“ Letzten Endes wurde er ausschließlich deshalb verurteilt. Der Richter wies in der Urteilsbegründung auch die Aussage des Angeklagten zurück, es handle sich um einen „politischen Prozess“. „Hätten Sie das Video irgendwann offline gestellt, wären Sie freigesprochen worden“, hielt der Richter fest.

Terroristischer Angriff der Hamas gutgeheißen
In den Augen der Staatsanwaltschaft hatte der Angeklagte damit in einem für viele Menschen zugänglichen Medium den terroristischen Angriff der Hamas gegen den israelischen Staat und die dortige Bevölkerung sowie die Infrastruktur gutgeheißen – und zwar in einer Art und Weise, die geeignet war, die Gefahr der Begehung einer oder mehrerer terroristischer Straftaten herbeizuführen, wie im Strafantrag ausgeführt wurde. Der 56-Jährige sah in der Strafanzeige im Vorfeld der Verhandlung den „Versuch, die Stimmen der Solidarität mit Palästina zum Schweigen zu bringen“. Zugleich kündigte er an: „Aber wie auch immer dieser Fall ausgehen mag – wir weigern uns zu schweigen! Wir werden weiterhin die Wahrheit aussprechen und Palästina und alle unterdrückten Völker unterstützen!“

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