Neuer UNO-Bericht
Gaza-Zerstörung: „Seit 1945 nicht mehr gesehen“
Israels Angriffe im Gazastreifen haben nach Einschätzung der UNO-Entwicklungsagentur UNDP die schwersten Zerstörungen einer Region seit dem Zweiten Weltkrieg hervorgerufen. Der Wiederaufbau des Gazastreifens könnte mindestens bis 2040 dauern.
„So etwas haben wir seit 1945 nicht mehr gesehen – seit dem Zweiten Weltkrieg. Diese Intensität in so kurzer Zeit und das enorme Ausmaß der Zerstörung“, sagte der örtliche UNDP-Direktor Abdallah al-Dardari am Donnerstag.
Die Zerstörung im Gazastreifen ist größer als in der Ukraine: Sieben Monate nach Beginn des Krieges zwischen Israel und der Hamas schätzen die Vereinten Nationen die Menge an Trümmern auf 37 Millionen Tonnen. „Im Gazastreifen liegt mehr Schutt als in der Ukraine“, sagte Mungo Birch, Leiter des UNO-Minenräumdienstes (UNMAS), am Mittwoch vor Journalisten in Genf. Dabei sei der Gazastreifen nur 40 Kilometer lang und die Front in der Ukraine fast 1000 Kilometer.
Überall Asbest und Blindgänger
Doch die riesige Menge an Trümmern ist nicht das einzige Problem: Unter dem Schutt befinden sich laut UNMAS viele Blindgänger. „Nicht explodierte Munition erschwert die Beseitigung“, sagte Birch. Allgemeinen Schätzungen zufolge explodieren bei Kämpfen zehn bis 15 Prozent der abgefeuerten Geschosse nicht – eine langfristige Gefahr für die Zivilbevölkerung.
Auch Asbest macht die Räumung komplizierter. „Wir schätzen, dass sich in den Trümmern mehr als 800.000 Tonnen Asbest befinden“, sagte Birch. Die früher flächendeckend verwendete Mineralfaser ist krebserregend und für den Umgang damit sind besondere Vorsichtsmaßnahmen notwendig.
Minenräumdienst benötigt weitere Mittel
Der UNO-Minenräumdienst hofft, mit eigenen Teams die Sprengsätze im Gazastreifen entschärfen zu können. „Aber wir befinden uns noch in der Planungsphase“, sagte Birch. Fünf Millionen Dollar (4,7 Millionen Euro) habe UNMAS für die Entschärfung bereits bekommen. „Aber um die Arbeit in den nächsten zwölf Monaten fortsetzen zu können, brauchen wir weitere 40 Millionen Dollar.“ Für die Räumung des gesamten Schutts seien über Jahre hunderte Millionen Dollar nötig.
Für die Planung, wie der Gazastreifen von den enormen Schuttbergen befreit werden kann, trafen sich die Hauptakteure vor zwei Wochen in der jordanischen Hauptstadt Amman. Das UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) koordiniert die Räumung. „Das Problem ist, dass die Masse an Trümmern beispiellos ist. Wir werden neue Ideen entwickeln müssen, wie wir bei der Räumung vorgehen“, sagte Birch. 65 Prozent der zerstörten Gebäude im Gazastreifen sind laut UNMAS Wohnhäuser. 100 Lastwagen würden 14 Jahre brauchen, um all den Schutt zu beseitigen.
Vieles bleibt im Dunkeln
Noch dauern die Kämpfe an und auch für die UNO-Mitarbeiter ist es schwer, sich im Gazastreifen ein genaues Bild vom Ausmaß der Zerstörung und der Menge an Blindgängern zu machen. „Einzelne Berichte deuten darauf hin, dass es im Norden besonders schlimm ist“, sagte Birch. „Das wird lange ein großes Problem bleiben.“
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.