Teslas jüngster Strategieschwenk zu Einsparungen geht mit einem Exodus von Führungskräften einher. Vor rund einem Jahr erst flankierten 16 Top-Manager beim Investorentag Tesla-Chef Elon Musk auf der Bühne. Mit der Demonstration seiner „starken Bank“ parierte der Milliardär Bedenken von Investoren, der wertvollste Automobilhersteller der Welt sei zu sehr eine One-Man-Show. Mittlerweile haben fünf dieser Manager den US-Elektroautopionier verlassen.
Die Spitzenpersonalien sind nach Einschätzung von Branchenkennern zum Teil dem Sparkurs geschuldet, den Musk Tesla wegen Gewinneinbußen am härter umkämpften E-Automarkt verordnete. Und sie spiegeln die neu justierte Strategie wider.
Ladeinfrastruktur-Managerin gefeuert
Rebecca Tinucci, die das Ladeteam von Tesla leitete, war eine von zwei Frauen auf der Bühne beim Investorentag im vergangenen März. Die Chefin samt rund 500 Mitarbeitenden aus ihrem Team gehören nach einem Bericht von „The Information“ in dieser Woche zu den jüngsten Abgängen. Auch der Chef des Neuwagenprogramms Daniel Ho packte seine Sachen. Zudem ging der für Politikbeziehungen verantwortliche Rohan Patel, das Team des ehemaligen Obama-Beamten wird aufgelöst. „Hoffentlich machen diese Maßnahmen deutlich, dass wir bei der Personal- und Kostenreduzierung absolut hart bleiben müssen“, schrieb Musk in einer E-Mail. Nicht alle Führungskräfte nähmen den Sparkurs ernst.
Das Geschäft mit Ladestationen von Tesla ist eine kritische Größe auch für andere E-Autohersteller, hatten sich im Laufe des letzten Jahres doch fast alle Konkurrenten in den USA einschließlich der deutschen bereit erklärt, die Ladestandards von Tesla zu übernehmen. So können auch Mercedes- oder BMW-Fahrer bei Tesla Strom tanken. Auf seiner Social-Media-Plattform X erklärte Musk, Tesla wolle das Supercharger-Netz weiter ausbauen, nur langsamer durch neue Standorte erweitern und vermehrt auf hohe Auslastungen während der Betriebszeiten achten.
Finanzchef und Akku-Chefingenieur gefeuert
Verschwunden seit dem Auftritt in Texas sind auch Finanzchef Zach Kirkhorn und Drew Baglino, der oberste Batterieingenieur. Letzterer ging im Rahmen der im April angekündigten Kündigungswelle von zehn Prozent der weltweit gut 140.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter starken Belegschaft, die auch insgesamt etwa 800 Arbeitskräfte im deutschen Tesla-Werk Grünheide trifft. Baglino versüßte sein Ausscheiden mit dem Verkauf seines Aktienpakets für 181 Millionen Dollar. Vergangenheit bei Tesla ist außerdem der hochrangige Manager für Antriebstechnik Colin Campbell. Die Liste lässt sich fortsetzen mit US-Personalchefin Allie Arebalo sowie Martin Viecha, Leiter der Abteilung Investor Relations, der die Volten seines Chefs in den vergangenen Jahren den Anlegern erklären musste.
Experten für gute Unternehmensführung runzeln über den Aderlass die Stirn. „Viele Abgänge in kurzer Zeit deuten auf einen problematischen Führungsstil hin“, sagte Charles Elson vom Weinberg Center for Corporate Governance an der Universität von Delaware. „Man sollte nicht so viele Leute so schnell verlieren.“
Viele Abgänge in kurzer Zeit deuten auf einen problematischen Führungsstil hin.
Charles Elson, Weinberg Center for Corporate Governance
Angesichts des Schwunds bei Umsatz, Gewinn und Aktienkurs hat Musk seine Vormachtstellung im Unternehmen bekräftigt – das ist für manche Investoren wichtiger als die Abwanderung von Führungskräfte. „Elon ist nicht da und wir haben diese Fluktuation? Das ist sehr schlecht“, sagte Gene Munster, geschäftsführender Gesellschafter von Deepwater Asset Management und Tesla-Investor. „Wenn Elon da ist, wird er auf Talente zurückgreifen, um die Dinge am Laufen zu halten, also kommt es wirklich nur darauf an, dass Elon an Bord bleibt.“
Große Strategieänderungen erwartet
Bei Tesla zeichnen sich grundlegende Strategieänderungen ab, das geht naturgemäß mit einem Umbau im Management einher. Die Zukunft des Konzerns liege in der Künstlichen Intelligenz und in Robotaxis und nicht mehr in der bloßen Automobilproduktion, sagte Musk bei der jüngsten Analystenkonferenz. Pläne für eine neue, preisgünstige Modellreihe legte er Insidern zufolge ad acta. Stattdessen werden bestehende Plattformen für kostengünstige Modelle überarbeitet. Das bedeutet auch das Aus für den nächsten, technisch revolutionären Schritt, den Unterbau des Wagens aus einem einzigen statt bisher drei Bauteilen in der Gigapresse zu gießen – im Vergleich zu kleinteiliger Fertigung konventioneller Autobauer aus mehr als hundert Einzelteilen.
Die Regierungen in Indien und Mexiko dürften bei Teslas Ansage von vergangener Woche zusammengezuckt sein, erst bei voller Ausnutzung der bestehenden Produktionskapazität von drei Millionen Autos im Jahr den Bau neuer Fabriken anzugehen. In diesem Jahr wird der Autobauer nach Analystenschätzungen weniger als zwei Millionen Fahrzeuge fertigen. Chefingenieur Lars Moravy sagte, das Nutzen der vorhandenen Fertigungslinien sei ein großer Strategiewechsel. Indiens Politik war bereits auf das Feiern einer milliardenschweren Investition in eine Autofabrik eingestellt, nachdem auf Drängen Musks hin eigens dafür die Zollregeln geändert worden waren. Doch der Tesla-Chef gab Premierminister Narendra Modi in letzter Minute einen Korb, was in indischen Medien vorherige Woche für Empörung sorgte. Da passt es ins Bild, dass mit Politikchef Patel einer geht, der dabei eine wichtige Rolle spielte.
Manche Analysten sehen auch Gutes im Trubel, der sich gerade in der Tesla-Führungsetage abspielt. „Wenn man der Erzählung Glauben schenkt, dass Tesla im Grunde ein KI-Unternehmen ist, ist das kein Grund zur Besorgnis“, sagt K.C. Boyce vom Datenanalyse- und Beratungsunternehmen Escalent. „Es passt zu der Idee, das Unternehmen richtig zu dimensionieren und mit den richtigen Ressourcen auszustatten, um das Versprechen des vollständig selbstfahrenden Autos und des Robotaxis zu erfüllen.“
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