Bei uns schon strafbar

Wer nach Kalifat ruft, wird „konsequent verfolgt“

Politik
03.05.2024 17:55

In Deutschland fordern Politiker Haftstrafen für Rufe nach einer islamischen Diktatur („Kalifat“). Österreich hat bereits nach dem Wiener Terroranschlag im November 2020 reagiert.

Proteste, bei denen Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die Einführung einer islamischen Diktatur demonstrieren, sorgten vor Kurzem in der norddeutschen Großstadt Hamburg für Aufsehen. Deutsche Spitzenpolitiker gehen nun in die Offensive und wollen eine Regelung zu schaffen, wonach sich strafbar machen würde, wer öffentlich fordert, in Deutschland eine Staatsordnung zu errichten, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar ist.

Möglich wäre auch eine Änderung, die an den Tatbestand des Hochverrats oder der Verunglimpfung des Staates anknüpft. Doch wie sieht das in Österreich aus? Muss eine freie und demokratische Gesellschaft solche Meinungsäußerungen nicht aushalten? 

In Deutschland forderten Islamisten die Ausrufung eines Kalifats. (Bild: picturedesk.com/NIBOR/Action Press)
In Deutschland forderten Islamisten die Ausrufung eines Kalifats.
1100 Menschen demonstrierten für das Kalifat. (Bild: APA/NIBOR / Action Press / picturedesk.com)
1100 Menschen demonstrierten für das Kalifat.

Grundsätzlich gehen Experten nicht davon aus, dass solche Proteste auch in Österreich zu erwarten sind. Dafür ist das Mobilisierungspotenzial in Deutschland aktiver Gruppen wir „Muslim Interaktiv“, die die Hamburg-Proteste organisierten, zu gering. Jede Anmeldung einer derartigen Veranstaltung bei der Polizei würde in Österreich sofort scheitern, sagt etwa Islamismusforscher Moussa Al-Hassan Diaw.

Irritiert zeigt sich Islamexperte Heiko Heinisch jedoch von den Behörden in Deutschland. „Muslim Interaktiv“ ist eine Tarnorganisation der seit 2003 in Deutschland verbotenen Islamistenverbindung Hizb ut Tahrir. „Dennoch wurde das Verbot bis heute nicht auf diese ausgedehnt. Im Gegenteil: Tage vor der Demonstration wurde ein Verbotsantrag der CDU in der Hamburger Bürgerschaft mit den Stimmen von SPD und Grünen abgewiesen.“

Und Heinisch weiter: „Es wurde auf der Demonstration nicht nur ein Kalifat gefordert, was meiner Meinung nach durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist, sondern zumindest einer der Redner hat auf der Bühne offene Drohungen in Richtung Politiker und Medienvertreter ausgesprochen – und das ist natürlich nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt, sondern könnte den Straftatbestand der gefährlichen Drohung erfüllen. Meiner Meinung nach hätte die Polizei die Kundgebung spätestens bei dieser Rede abbrechen müssen.“ Passiert ist nichts. Auch Heinisch ist der Meinung, dass in Österreich so eine Demonstration „bereits verboten werde, wenn der begründete Verdacht besteht, dass im Rahmen der Demonstration Straftaten begangen werden – wie etwa im Beispiel mit der Rede in Hamburg.“

Anti-Terror-Paket

  • Im Zuge des Wiener Terroranschlags verabschiedete der Nationalrat 2021 ein Anti-Terror-Paket.
  • Darin enthalten: Straftatbestände für religiös motivierte Verbrechen. Auch gegen religiösen Extremismus kann effektiver vorgegangen werden.
  • Vorgesehen war auch, Prävention und Maßnahmen der Deradikalisierung zu verbessern.

In Österreich wird der Aufruf zum Kalifat bereits seit 2020 strafrechtlich verfolgt. Hintergrund war eine Forderung des damaligen Innenministers Karl Nehammer nach dem islamistischen Terroranschlag in Wien im November 2020. „Kalifat – das Ausrufen eines Gottesstaates ist in Österreich verboten. Wer unsere demokratische Grundordnung so attackiert, wird konsequent verfolgt und der Bestrafung zugeführt“, so Innenminister Gerhard Karner. Ziel des damals neu eingeführten Tatbestandes war es, religiös motivierten Extremismus mit einer speziell auf diesen Bereich fokussierten Strafbestimmung zu bekämpfen.

Für striktes Durchgreifen: Innenminister Gerhard Karner (Bild: APA/Georg Hochmuth)
Für striktes Durchgreifen: Innenminister Gerhard Karner
Teilt die Meinung des Innenministers: Justizministerin Alma Zadic (Bild: APA/HANS KLAUS TECHT)
Teilt die Meinung des Innenministers: Justizministerin Alma Zadic

Er richtet sich also gegen jene religiös motivierten extremen Kräfte, welche die wesentlichen Grundprinzipien einer rechtsstaatlichen Demokratie gezielt und in gesetzwidriger Weise bedrohen. „Die aktuellen Entwicklungen in Deutschland zeigen, dass die österreichische Bundesregierung mit der Einführung des Tatbestands schon 2020 auf diese ernstzunehmende Bedrohung reagiert hat“, heißt es in einem gemeinsamen Statement des Innen- und Justizministeriums.

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