Welche Körper passen ins Theater? Diese Frage diskutieren Expertinnen und Experten am Montag in Graz. Mehr Diversität wird Kunst und Kultur auf wie auch vor der Bühne verändern, sagt Lina Hölscher vom inklusiven InTakt Festival.
Wie sehen Schauspieler aus? Meistens sind sie Menschen ohne Behinderung, mit weißer Hautfarbe, ohne Dialekte oder Sprachfehler, jung und öfter männlich als weiblich. „Welche Körper passen ins Theater?“, fragt InTakt in Kooperation mit dem Dramatiker*innenfestival deswegen am Montag (18 Uhr, Theater am Lend, Eintritt frei) provokant. Antworten suchen Edith Draxl (uniT), Martina Kolbinger-Reiner (Mezzanin Theater), Performance Artist Elisabeth Löffler und Kulturberaterin Heidrun Primas.
Mit Lina Hölscher ist auch die künstlerische Leiterin des inklusiven InTakt-Festivals mit dabei. „Das Auge ist eine gewisse Norm gewöhnt. Aber man wird Sehgewohnheiten verändern müssen, um zu sensibilisieren“, sagt Hölscher. Wie kann das gelingen? „Viele Rollen sind stereotyp. Aber es gibt Möglichkeiten, dadurch neue dramaturgische Setzungen zu erzielen: Woyzeck könnte man mit einem Gehörlosen besetzen, weil er ja unverstanden ist. So lässt sich das Repertoire erweitern.“
Inklusion habe einen Mehrwert, ist Hölscher sicher. „Es hat eine eigene Qualität, wie sich manche Menschen ausdrücken. Die Sprache ist anders, nicht so gleichförmig. Das tut der Kunstblase gut.“
Barrieren am Weg zur Bühne
Aktuell scheitert der gute Wille oft noch an räumlichen Barrieren. So sind etwa nicht alle Garderoben barrierefrei an die Bühne angebunden – eine Voraussetzung dafür, dass Schauspieler mit Behinderung auftreten können. Der Probenprozess muss anders gedacht werden. „Das kostet auch Geld.“
Stehtische, Extra-Eingänge, schwer verständliche Leporellos: Es geht auch um die Signale nach außen. Alle Menschen haben Anspruch auf Kunst und Kultur.
Lina Hölscher
Aber es zahlt sich aus, denn wenn Menschen mit Behinderung auf der Bühne stehen, kommen auch mehr zum Zuschauen. „Zwei Drittel der Grazer mit Behinderung waren noch nie im Theater oder der Oper“, sagt Hölscher. Um neues Publikum zu erschließen, müssen aber einige Barrieren weg: „In manchen Häusern gibt es zum Beispiel nur zwei Rollstuhlfahrer-Plätze, und die sind nicht nebeneinander – man kann dort also kein ,Date’ haben. Bei Premierenfeiern gibt es nur Stehtische. Nicht immer ist eine Audiodeskription oder ein Gebärden-Dolmetscher verfügbar.“
Viele Baustellen also, aber langsam tut sich was: Beim Dramatiker*innenfestival steht etwa erstmals ein inklusives Stück am Spielplan, das im Schauspielhaus Graz stattfindet.
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