Entwicklungen in Handel, Kunst und Wissenschaft anhand einer Familie: Aha-Momente im Museum St. Veit sind garantiert!
Groß ist das Haus am Hauptplatz von St. Veit, in dem Eisenbahn, Modellbahnen, Fahrsimulator, Motorisierung, Gendarmerie, Post und Telekom sowie Stadtgeschichte mit Trabanten, Goldhaubenfrauen, St. Veiter Kreis um Mulle, Glawischnig und Mittergradnegger ebenso Platz finden wie eine außergewöhnliche Sammlung von barocken Schützenscheiben. Im Vergleich dazu erscheint der Sonderausstellungsraum klein, doch die dort präsentierte Geschichte samt den Geschichten ist großartig.
Anhand einer Linie der Familie Knaus zeigen Museumsleiter Stefan Regenfelder und sein Stellvertreter Michael Jaritz die Veränderungen in Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst im Jahrhundert ab 1836.
In dem Jahr kaufte Johann Knaus das Anwesen an der heutigen Adresse Hauptplatz 11 in St. Veit – auch mithilfe des Vermögens seiner ersten Frau Elisabeth, die wenige Jahre später starb.
Knaus war 1808 in der Gottschee im heutigen Slowenien geboren. Die Gottscheer hatten den Freibrief für den Hausiererhandel, Knaus hatte zudem Kontakte zu guten Südfrüchten, und so eröffnete er in Kärnten sein Geschäft. „Damals lief es in St. Veit wirtschaftlich nicht gut. Es gab keine Privilegien im Eisenhandel mehr, die Bevölkerung hat sich halbiert, 1829 kam es zu einem verheerenden Stadtbrand – aber für Pioniere wie Johann Knaus war es eine Aufbauzeit“, erklärt der Historiker Regenfelder.
Wir zeigen auch Brautbriefe, Johann Knaus’ Trachtengurt, Magdalenas Goldhaube, sie war ja Gründungsmitglied.
Stefan Regenfelder, Leiter des Museums St. Veit
Mit seiner zweiten Frau Magdalena hatte Johann neun Kinder; der jüngste Sohn Fritz notierte später, dass im hinteren Stübchen „mit starken Holzlatten ein Verschlag eingebaut werden musste und in diesem wurde mein Vater unter strenger Aufsicht bedauerliche Weise mehrere Wochen eingesperrt“. Denn Johann Knaus war psychisch krank und starb 63-jährig.
Magdalena führte das Geschäft weiter. Ihr langes Leben, sie wurde 90 Jahre alt, führte die starke Frau auf das regelmäßig genossene Glas gezuckerten Rotwein, getrunken durch ein Liebstöckelröhrchen, zurück. Ihr Sohn Jakob wurde Textilhändler und importierte aus Amerika Nähmaschinen.
Nachfahren der Familie Knaus stellten Material zur Verfügung, auch digital können wir viele historische Fotos zeigen.
Michael Jaritz, stellvertretender Museumsleiter
Jakobs Bruder Fritz schaffte den Sprung vom Greißler zum Großkaufmann. „Er lieferte Getreide bis Südtirol, handelte mit Pferden, kaufte einen Waggon Kaffee und röstete ihn in St. Veit, eröffnete somit eine Kaffeerösterei. Auch eine Essigfabrik baute er auf. Ein Pioniergeist! Er war auch in einigen Vereinen aktiv, gründete einige mit und war auch Begründer des ,Localmuseums’, dem Vorgänger unseres Museums“, weiß Regenfelder. „Fritz war Migrant der zweiten Generation; er war im wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben der Stadt sehr anerkannt, schon mit 25 Jahren im Gemeinderat, dann Vizebürgermeister – und eben sehr erfolgreicher Geschäftsmann“, fasst der Museumsleiter zusammen.
Da hinter jedem starken Mann eine starke Frau steht, stand hinter Fritz seine Amlie: Sie zog neun Kinder auf, arbeitete im Geschäft mit und kümmerte sich um Unterbringung und Verpflegung von meist 30 Angestellten.
Museum St. Veit mit Sonderausstellung „Der Aufstieg der Familie Knaus - Ein Jahrhundert in Handel, Kunst und Wissenschaft“: Zu sehen bis 31. Oktober; 9-12 und 14-17 Uhr, im Juli und August durchgehend von 9 bis 17 Uhr. Infos: https://www.museum-stveit.at
Fritz’ Sohn Richard wurde als Maler bekannt. Richards Bruder Hermann ist heute noch jedem Mediziner ein Begriff: Der Gynäkologe war Wissenschafter an den Unis in London, Cambridge und Paris, leitete die Universitätsfrauenklinik in Prag, half als Frauenarzt der High Society auch dem Politiker Karel Schwarzenberg auf die Welt und entwickelte die nach ihm und einem japanischen Arzt benannte Knaus-Ogino-Methode zur Empfängnisverhütung, bei der die fruchtbaren Tage berechnet werden.
„1917 wurde Hermann Knaus mit dem Orden der Eisernen Krone 3. Klasse geehrt, denn er hatte einen Flugzeugpiloten und sich selbst gerettet, als er nach einem Granattreffer hinausstieg, um das Flugzeug auszubalancieren und somit eine Landung zu ermöglichen. Mit dem Orden war er berechtigt, die Hofbälle zu besuchen und sich wohlgeborener Herr nennen zu lassen. Den Orden haben wir in der Vitrine“, so Regenfelder.
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