Schuldnerberater

„Inkassobüros verdienen sich dumm und dämlich“

Wirtschaft
06.05.2024 17:00

Die hohe Inflation bereitet immer mehr Bürgern finanzielle Probleme, häufig ist eine Überschuldung die Folge. Vergangenes Jahr gab es mit über 21.000 Erstkontakten bei den Schuldnerberatungen so viele wie seit zwölf Jahren nicht. Hohe Inkassokosten und Zinsen lassen die Beträge auf Dauer explodieren. Doch es gibt auch Profiteure.

Um 17 Prozent mehr Personen als im Vorjahr wandten sich erstmals an eine Stelle, zeigen sich die Schuldnerberatungen alarmiert. Durchschnittlich sind Personen, die sich an die Schuldnerberatung wenden, mit 55.000 Euro überschuldet. Häufigster Grund ist der Verlust des Jobs oder ein niedrigeres Einkommen (etwa durch Karenzierung oder Pensionsantritt). Am zweithäufigsten mangelt es an gutem Umgang mit Geld. Rund 18 Prozent haben sich als Selbstständige finanziell übernommen. „Alarmierend ist für uns, dass bereits jede achte Person die hohen Lebenshaltungs- und Wohnkosten als Überschuldungsgrund nennt“, sagt Clemens Mitterlehner, Chef der Schuldnerberatungen. Der Wert ist zweimal so hoch wie im Vorjahr.

Immer mehr junge Menschen betroffen
Weitere häufig genannte Gründe, die in Menschen in Geldprobleme treiben, sind eine Scheidung, persönliche Schicksalsschläge oder Bürgschaften. Meist übernehmen Frauen solche Bürgschaften oder Mithaftung, etwa bei kleineren Betrieben. Grundsätzlich tappen aber deutlich häufiger Männer in die Schuldenfalle, fast 60 Prozent sind männlich. Auch junge Menschen sind von einer Überschuldung zunehmend betroffen, etwa ein Viertel ist unter 30 Jahre alt. Über alle Altersgruppen hinweg mangelt es häufig an Finanzbildung. Viele sind dann auf einmal vom Schuldenberg überrascht.

In letzter Konsequenz ist es dann häufig ein Privatkonkurs.  „2023 gab es hier einen Anstieg um 8 Prozent“, so Mitterlehner. Dass derzeit die Arbeitslosigkeit steigt, ist auch an den Beratungsstellen zu merken. „Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass das mit etwas Verzögerung ziemlich parallel verläuft“, so Mitterlehner. Wenn auf einen Schlag das Einkommen drastisch sinkt, lassen sich gewohnte Ausgaben nicht mehr so einfach finanzieren. Mitterlehner warnt daher davor, Gelder für Arbeitslose zu kürzen, das würde die Lage verschärfen.

„Inkassobüros verdienen sich dumm und dämlich“
Wenn Arbeitslosigkeit oder gescheiterte Selbständigkeit einmal die Überschuldung angeheizt haben, befinden sich Betroffene häufig in einem gefährlichen „Strudel“. Laut Schuldnerberatungen verdreifachen sich Schulden etwa alle acht Jahre, wenn keine Rückzahlung erfolgt. Mitterlehner fordert, dass maximal eine Verdoppelung aufgrund der Folgekosten zustande kommen kann.

Neben Zinsen und Zinseszinsen fallen auch Inkassokosten und Gebühren deutlich ins Gewicht. Sozialminister Rauch kritisiert hier durchaus gängige Praktiken: „Inkassobüros verdienen sich dumm und dämlich mit überschuldeten Personen. Wir haben hierzu ins Regierungsprogramm eine Obergrenze für Inkassokosten aufgenommen, aber die Verhandlungen gestalten sich zäh.“

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