Vor 10 Jahren feierte Conchita Wurst ihren fulminanten Sieg beim Song Contest in Kopenhagen. Doch die Diva mit Bart aus Bad Mitterndorf war nicht die erste oder die letzte Steirerin, die beim größten Wettsingen der Welt antrat.
Die „Conchita Wurst-Wurst“ verkauft sich bei Josef Aichinger in Bad Mitterndorf noch immer gut: „Am größten war die Nachfrage natürlich direkt nach dem Songcontest-Sieg. Damals konnte ich die Würste gar nicht schnell genug produzieren“, erinnert sich der Metzger. Der Hype ließ zwar nach, aber: „Die Kunden fragen bis heute nach der Wurst-Wurst.“
Sogar Putin gab zu Wurst seinen Senf ab
Dabei hat es im Jahr 2014 bei weitem nicht allen geschmeckt, dass Tom Neuwirth aus Bad Mitterndorf mit seiner Kunstfigur Conchita Wurst Österreich beim 59. Songcontest in Kopenhagen vertreten sollte. Vorab gab es Proteste gegen den Auftritt des Travestiekünstlers, sogar der russische Präsident Putin gab seinen Senf zur Wurst ab. Und auch vielen Österreichern war Conchitas geplanter Auftritt im Vorfeld eher peinlich.
Doch dann kam die magische Nacht vom 10. auf den 11. Mai 2014. Als Außenseiterin war Conchita nach Kopenhagen gereist. Mit jedem Auftritt und jedem Interview stieg die weltweite Conchita-Aktie ein bisschen mehr – am Finaltag galt sie plötzlich als eine der Favoritinnen. Nach einem fulminanten Auftritt mit „Rise like a Phoenix“ und einer nervenaufreibenden Punktevergabe sprach ORF-Moderator Andi Knoll die magischen Worte: „Jetzt hat uns die den Schas g’wungan!“
Als vermeintliche Lachnummer abgereist, kam „unsere“ Conchita als Star und Nationalheldin zurück und erfüllte sich damit einen Traum, mit dem schon vor ihr Steirerinnen und Steirer zum größten Musik-Wettbewerb der Welt gereist waren. Und es sollten noch einige weitere folgen.
Steirerin gewann 1975 für die Niederlande
Dabei startete die steirische Songcontest-Historie spät: 1957 nahm Österreich erstmals teil. 1975 holte sich mit Getty Kaspers zwar eine gebürtige Weizerin den Sieg – allerdings für die Niederlande. 1988 trat mit Wilfried erstmals ein (Beute-)Steirer an – es war das Jahr, in dem eine noch unbekannte Celine Dion für die Schweiz den Sieg holte, Wilfried wurde mit „Lisa Mona Lisa“ letzter.
2003 versuchte es Alf Poier – der Kabarettist holte mit dem ulkigen „Weil der Mensch zählt“ den sechsten Platz. Auf ihn folgten die Global Kryner (2005) und Pænda (2019) – beide mit eher mäßigem Erfolg. Und im Vorjahr stand mit Selina-Maria Edbauer eine Steirerin als Teil des Duos Teya & Salena auf der Bühne – für „Who the Hell is Edgar“ gab es Platz 15!
Und schon bald könnte der nächste Steirer folgen: Paul Pizzera hat jüngst im „Krone“-Interview Interesse bekundet: Mit der Band Aut of Orda will er einen Song für den österreichischen Vorentscheid 2025 einreichen. Dann heißt es vielleicht (sinngemäß) wieder: „Steiermark: zwölf Punkte. Styria: twelve points. Styrie: douze points.“
„Der Grund für die Teilnahme, war ein Hang zum Größenwahn“, sagt Christof Spörk. Der steirische Musiker und Kabarettist hat 2005 mit seinen Global Krynern am Songcontest in Kiew teilgenommen. „In den Jahren davor hatten wir einen großartigen Aufstieg erlebt. Als der ORF gefragt hat, ob wir zum Song Contest wollen, habe ich gesagt: warum nicht?“
Und das, obwohl die damalige Sängerin, die schon als Background-Sängerin beim ESC gewesen war, das partout nicht wollte. „Wir haben diese Warnung aber ignoriert und es mit einer anderen Sängerin trotzdem gemacht.“ Das Resultat: Im Halbfinale war Schluss. „12 Punkte aus Slowenien und 6 aus Andorra und Deutschland – mehr war nicht drin“, erinnert sich Spörk. Und viele der Fans nahmen den Global Krynern die ESC-Teilnahme übel: „Dass wir deswegen auch Fans verlieren könnten, daran hatten wir nicht gedacht.“
„Hype in Österreich war danach am Ende“
Drei Jahre lang haderte er danach mit dem frühen Ausscheiden. Und auch wenn die Global Kryner noch bis 2013 gemeinsam auf der Bühne standen, sagt Spörk heute: „Zumindest was den Hype in Österreich anbelangt, war der ESC für uns der Anfang vom Ende.“
Trotzdem denkt Spörk gerne an das Erlebnis zurück: „Ich habe damals mit den anderen Verlierern die legendärste Party meines Lebens gefeiert“, sagt er. Und heute ist ihm auch etwas anderes bewusst: „Der Songcontest ist eines der wenigen Events, bei dem einfach das Menschsein und das friedliche Miteinander gefeiert werden. Damit ist der ESC das Gegenteil von all dem Negativen, das wir derzeit überall erleben. Das macht ihn aller zynischer Kritik zum Trotz zu einer schönen und wichtigen Sache.“
„Es ist zwar erst fünf Jahre her, aber es fühlt sich an wie eine halbe Ewigkeit, seit ich beim Songcontest war“, sagt Gabriela Horn alias Pænda. Ein Auftritt beim ESC war für die gebürtige Deutschlandsbergerin eigentlich nie ein Karriereziel. „Ich hatte immer das Gefühl, dass meine Musik nicht mainstreamig genug ist, aber als ich vom ORF gefragt wurde, habe ich die Chance gesehen, mein Talent zu beweisen“, sagt sie.
Doch die plötzliche Bekanntheit war auch eine Herausforderung: „Von einem Moment auf den anderen hat sich alles geändert. Plötzlich hat mich jeder auf der Straße erkannt – damit musste ich erst einmal klarkommen“, sagt sie.
Auf Halbfinal-Aus folgte Flaute und dann frischer Wind
An die Tage beim Songcontest in Tel Aviv hat sie schöne Erinnerungen: „Vor so einem großen Publikum einen Song zu präsentieren, war schon etwas Besonderes“, sagt sie – auch wenn der ganz große Erfolg ausblieb: „Natürlich war es nicht schön, als Vorletzte im Halbfinale auszuscheiden und ich hatte danach auch eine kurze Flaute in meiner Karriere“, erinnert sie sich. „Aber mein Ziel ist trotzdem das gleiche geblieben wie davor: Musik machen – was anderes wollte ich nie.“
Und dafür hat die ESC-Bekanntheit mit Sicherheit auch geholfen: „Die Leute kennen meinen Namen und hören sich meine neuen Songs daher auch eher an. Und auch in der Musikindustrie habe ich durch den Songcontest Menschen kennengelernt, die davor wahrscheinlich nicht mit mir gearbeitet hätten“, sagt sie. Aktuell arbeitet sie an neuen Songs – kommende Woche erscheint eine neue Single.
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