Die Welserin Kaleen tritt bei der 68. Ausgabe des Eurovision Song Contest im schwedischen Malmö mit „We Will Rave“ an, um den dritten Sieg nach Österreich zu holen. Die ESC-Historie unseres Landes ist kunterbunt und ambivalent. Hier ein kleiner Rückblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Heute Abend heißt es wieder Daumendrücken und hoffen, dass Österreich beim 68. Eurovision Song Contest im schwedischen Malmö das Finale erreicht und dort für Furore sorgt. Die Hoffnungen ruhen dieses Mal auf der 29-jährigen Welser Tänzerin Kaleen, die mit ihrem an den 90er-Jahre-Eurodance angelehnten Partystück „We Will Rave“ und – bereits vorab angekündigt – mutiger Bekleidung ordentlich Stimmung in die Malmö Arena bringen soll. Damit folgt man hierzulande der Tradition der jüngeren Vergangenheit und versucht den Erfolg mit Disco-Beats und exaltiertem Tanz in die Alpenregion zurückzubringen.
Gediegen zum Sieg
Es sei dem Auswahlkomitee aber ins Buch geschrieben: Die größten Erfolge der heimischen Bewerbshistorie verdankt man eher gediegeneren Kompositionen. 1966 trat der in Kärnten geborene Udo Jürgens bereits zum dritten Mal en suite für Österreich an und feierte endlich seinen großen Triumph. Nach Platz sechs und Platz vier in den Jahren davor, gelang ihm mit bravem Scheitel, Hundeblick und dem faserschmeichlerischen „Merci, Chérie“ der große Triumph, von dem ganz Österreich fast ein halbes Jahrhundert lang gezehrt hat.
Erst 2014 konnte dieser Streich in Kopenhagen wiederholt werden. Conchita Wurst, die Kunstfigur des Steirers Tom Neuwirth, begeisterte mit der epischen Hymne „Rise Like A Phoenix“ und einer fulminanten Showeinlage voll Glanz und Gloria. Noch viel stärker als der musikalische Erfolg wirkte sich beim Conchita-Triumph der gesellschaftspolitische aus. Als Diva mit Vollbart war Wursts Triumph ein immens wichtiges Zeichen für die LGBTQ-Szene und das Miteinander im Allgemeinen. Kurioses Detail am Rande: Da der Song im Vorfeld von jeder Plattenfirma abgelehnt wurde, veröffentlichte der ORF ihn schließlich selbst.
Zwischen Melancholie und Anarchie
Erfolgsmomente sind in der österreichischen ESC-Historie ansonsten eher rar gesät, dennoch gab es immer wieder positive Ergebnisse. 1972 überraschten die Milestones im schottischen Edinburgh mit dem fünften Platz für „Falter im Wind“. Damals am Klavier zu sehen: der noch blutjunge Christian Kolonovits. Mit guter Laune begeisterte vier Jahre später das Kult-Duo Waterloo & Robinson. Ihr Song „My Little World“ konnte ebenfalls einen fünften Platz abstauben und klingelte noch lange Zeit später in den Ohren nach. Die 2000er-Jahre kann man rückbetrachtet als größte Dürreperiode der heimischen ESC-Geschichte heranziehen. Ein Ausreißer war der Steirer Alf Poier, der 2003 mit seinem Anarcho-Song „Weil der Mensch zählt“ den Zahn der Zeit traf und in Riga als Kuriosum des Abends den sechsten Platz eroberte.
Ein Erfolg der etwas anderen Sorte war die Trackshittaz-Disco-Hymne „Woki mit deim Popo“. Lukas Plöchl und Manuel Hoffelner schieden damit zwar sang- und klanglos im Semifinale aus, abseits davon entwickelte der Song aber ein Kultpotenzial, wie man es sonst nur von Skeros „Kabinenparty“ kennt. Das bislang letzte große Highlight war César Sampsons durchaus überraschender dritter Platz mit „Nobody But You“ im Jahr 2018. Eine ambivalente Rückschau auf den Bewerb hat Thomas Forstner. Mit der von Dieter Bohlen verfassten Nummer „Nur ein Lied“ erreichte er 1989 den respektablen fünften Platz, „Venedig im Regen“ hingegen pulverisierte ihn 1991 punktelos ans Ende des Feldes.
Zahlreiche Nullmeldungen
Damit kommen wir zu den ESC-Flops, die es in Österreich ungleich öfter gab als große Erfolge. Mit null Punkten das Feld räumen musste nicht nur Thomas Forstner, auch Eleonore Schwarz mit „Nur in der Wiener Luft“ (1962), Wilfried mit „Lisa, Mona Lisa“ (1988) und die The Makemakes mit „I Am Yours“ (2015) mussten die Heimreise mit tief hängenden Köpfen antreten. Bei Letzteren ist noch immer das theatralisch brennende Klavier in Erinnerung, musikalisch war die Überzeugungskraft deutlich geringer. Bereits beim allerersten Antreten 1957 landete Bob Martin mit „Wohin, kleines Pony?“ auf dem zehnten von zehn Plätzen.
Ebenso wenig ruhmreich waren die dürftigen Auftritte von Christina Simon mit „Heute in Jerusalem“ (1979) oder Anita mit „Einfach weg“ (1984). Wenn Österreich in den 2000ern überhaupt teilnahm, dann landete man entweder weit hinten oder purzelte schon im Semifinale raus, wie etwa die Global Kryner oder Eric Papilaya. Mit hohen Erwartungen hart am Boden der Realität landeten unsere Disco-Duos der letzten Jahre. Lum!x feat. Pia Maria scheiterten 2022 mit „Halo“ an fehlender Stimmkraft bereits im Halbfinale, der von den Buchmachern anfangs hoch eingeschätzte Track „Who The Hell Is Edgar?“ vom steirisch/wienerischen Duo Teya & Salena musste sich vor einem Jahr mit Platz 15 zufriedengeben.
Dabei sein ist alles
Der Song Contest ist für Österreich immer eine Wundertüte, die sich gerne zwischen blinder Euphorie und unerwarteter Trauer orientiert. Egal, ob Kaleen heute Abend ins Finale einzieht und dieses am Samstag vielleicht sogar gewinnt, oder mit einer beeindruckenden Show als frühe Verliererin wieder nach Hause fliegt - die Party wird die Menschen vor Ort und vor den TV-Schirmen in ganz Europa zu Begeisterungsstürmen hinreißen. Am Ende gilt: Dabei sein ist alles!
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