Zivilisten schützen

Biden: Keine Waffen an Israel für Rafah-Offensive

US-Präsident Joe Biden

(Bild: APA/Getty Images via AFP/GETTY IMAGES/SCOTT OLSON)

US-Präsident Joe Biden hat mit scharfen Worten gegen Israel aufhorchen lassen: Im Falle einer Offensive nun auch in Rafah ganz im Süden des Gazastreifens verliere Israel die Unterstützung der Vereinigten Staaten. Es sei „einfach falsch“, besiedelte Bevölkerungszentren anzugreifen. Washington könne dafür nicht die Waffen und Artillerie bereitstellen. Unterdessen hat die militante Palästinenser-Organisation Hamas weitere Zugeständnisse bei den laufenden Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen abgelehnt.

„Wenn Israel in Rafah eindringt, werde ich nicht die Waffen liefern, die in der Geschichte benutzt wurden, um das Problem zu bekämpfen“, verkündete Biden im Interview mit dem TV-Sender CNN, das am Mittwochabend (Ortszeit) ausgestrahlt wurde. Israel werde von den USA keine Unterstützung erhalten, wenn es dicht besiedelte Bevölkerungszentren angreife.

„Die Bomben, die die Vereinigten Staaten Israel geliefert haben und die jetzt ausgesetzt werden, wurden benutzt, um Zivilisten zu töten“, fügte der US-Präsident hinzu. Die US-Regierung hatte wegen Israels Vorgehen in der Stadt Rafah bereits eine Munitionslieferung an die israelischen Streitkräfte zurückgehalten.

Netanyahu: Durch Einsatz in Rafah sollen Geiseln befreit werden
Israelische Soldaten waren in der Nacht auf Dienstag in Teile Rafahs im Gazastreifen vorgerückt. Die Armee übernahm dort eigenen Angaben nach auch die Kontrolle des Grenzübergangs auf palästinensischer Seite. Der Einsatz in Rafah zielt nach Angaben des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanyahu darauf ab, die verbliebenen Geiseln zu befreien und die Hamas zu zerschlagen. Die USA als wichtigster Verbündeter Israels hatten Israels Regierung in den vergangenen Tagen und Wochen immer wieder vor einer groß angelegten Bodenoffensive in Rafah gewarnt - Biden sprach im März von einer „Roten Linie“.

Nun argumentierte der US-Präsident, das israelische Militär sei noch „nicht in die Bevölkerungszentren vorgerückt – was sie getan haben, ist direkt an der Grenze“. Er habe Netanyahu und dessen Kriegskabinett klargemacht, dass sie nicht mit US-Unterstützung rechnen könnten, „wenn sie tatsächlich in diese Bevölkerungszentren gehen“. Es sei „einfach falsch“ – und die USA könnten dafür nicht die Waffen und Artillerie bereitstellen.

Die Bomben, die die Vereinigten Staaten Israel geliefert haben und die jetzt ausgesetzt werden, wurden benutzt, um Zivilisten zu töten. 

US-Präsident Joe Biden

USA halten bereits Munitionslieferung an Israel zurück
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hatte kurz zuvor bestätigt, dass die USA wegen Israels Vorgehen in Rafah bereits eine Munitionslieferung an die israelischen Streitkräfte zurückhalten. Die US-Regierung habe von Anfang an deutlich gemacht, dass Israel keinen Großangriff in Rafah starten dürfe, ohne Rücksicht auf die Zivilisten in dem Gebiet zu nehmen und sie zu schützen, sagte Austin. Während die US-Regierung die Lage bewerte, habe man die Munitionslieferung gestoppt. Details nannte er nicht.

Auch das Weiße Haus gab sich sehr zurückhaltend und gab keine Einzelheiten preis. Auf Nachfrage zu entsprechenden Medienberichten, wonach die Lieferung Tausende Bomben umfassen soll, sagte die Sprecherin Karine Jean-Pierre, sie werde diese nicht kommentieren.

Zivilisten in Gaza mit US-Bomben getötet
In dem CNN-Interview wurde Biden auch gefragt, ob mit dem Typ an US-Bomben, deren Lieferung vorerst auf Eis liege, Zivilisten in Gaza getötet worden seien. Biden sagte dazu: „Zivilisten wurden im Gazastreifen infolge dieser Bomben und anderer Methoden, mit denen sie Bevölkerungszentren angreifen, getötet.“

Biden machte zugleich deutlich, die US-Regierung werde weiter sicherstellen, dass Israel ausreichend militärische Ausrüstung zur eigenen Verteidigung habe, etwa das Raketenabwehrsystem Iron Dome.

Keine weiteren Kompromisse zwecks Gaza-Waffenruhe
Die militante Palästinenser-Organisation Hamas lehnt unterdessen weitere Zugeständnisse bei den laufenden Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen ab. „Israel meint es nicht ernst mit einem Abkommen und benutzt die Verhandlungen als Vorwand, um in Rafah einzumarschieren und den Grenzübergang zu besetzen“, sagte der Vertreter des Hamas-Büros, Izzat al-Rishq, in Katar. Man werde nicht über den am Montag akzeptierten Waffenstillstandsvorschlag hinausgehen.

Israel hatte zuvor erklärt, der Drei-Phasen-Vorschlag sei inakzeptabel, weil die Bedingungen verwässert worden seien. Ziel laufender Vermittlungsgesprächen in Kairo ist es, eine Feuerpause sowie die Freilassung von Geiseln in der Gewalt der Hamas im Gazastreifen im Gegenzug für palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen zu erzielen. Bei den indirekten Gesprächen zwischen der Hamas und Israel vermitteln Ägypten, Katar und die USA.