Die Situation in Deutschland zeigt, dass ein politischer Beruf zunehmend mit Gefahren verbunden ist. Sind die heimischen Vertreter ausreichend geschützt? Eine Antwort aus dem Innenministerium zeigt: In Österreich haben derzeit nur drei Spitzenpolitiker ständigen Personenschutz.
Dabei handelt es sich um Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Zusätzlich dazu gebe es „situativen Personenschutz“, der im Anlassfall „auf alle möglichen Personen ausgeweitet werden“ könne. Tendenziell würden Drohungen „spätestens seit der Pandemie“ zunehmen, hieß es.
Im Zusammenhang mit den jüngsten Angriffen auf Politikerinnen und Politiker in Deutschland und Österreich teilte ein Ministeriumssprecher mit, dass man die Frage nur „sehr allgemein“ beantworte, weil es bei diesem Thema stark um interne Informationen und die Sicherheit von Personen gehe.
Bei Drohungen wird reagiert
So wollte er auch keine Angaben zur Anzahl der Personen mit situativem Personenschutz in Österreich machen, dem Vernehmen nach bewegt sich dieser aber im niedrigen zweistelligen Bereich.
Zum situativen Personenschutz hieß es, dass dieser bei Drohungen auf weitere Ministerinnen und Minister sowie Politikerinnen und Politiker ausgeweitet werden könne, aber auch auf Botschaftspersonal oder Vertreterinnen von internationalen Organisationen. „Bei bestimmten Anlassfällen kann auch eine Privatperson einen situativen Personenschutz bekommen.“
Maßnahmen sind individuell
Ziel sei „das Verhindern oder die Abwehr von konkreten physischen Gefahren und Angriffen gegen die Schutzperson“, hieß es vom Innenministerium. Polizeischutz umfasse aber mehr als die physische Anwesenheit von Personenschützern. Es gebe einen breiten Maßnahmenkatalog, der individuell angepasst werde und eng verknüpft mit dem Objektschutz sei.
Die Einschätzungen würden immer individuell für bestimmte Personen erstellt, wobei die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) in Verbindung mit den jeweiligen Landesämtern (LSE) und dem EKO Cobra stehe.
Gefahrenlage seit Pandemie gestiegen
Laut dem Innenministerium wird „spätestens seit der Pandemie“ ein tendenzieller Anstieg von Drohungen gegen bestimmte politisch und öffentlich exponierte Personen bemerkt. Zur Zunahme von Bedrohungen würden auch externe Einflussfaktoren wie die Klimakrise oder Kriege beitragen, „was auch Auswirkungen auf unsere Lagebilder und Maßnahmen nach sich zieht“.
In den vergangenen Tagen wurden in Deutschland mehrere Politiker, Wahlkämpfer und Ehrenamtliche brutal angegriffen – teilweise krankenhausreif geprügelt und schwer verletzt. Die ehemalige Berliner Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wurde in einer Bibliothek beispielsweise unvermittelt „von hinten mit einem Beutel, gefüllt mit hartem Inhalt, attackiert und am Kopf sowie am Nacken getroffen“, teilte die Polizei am Dienstag mit. Die Politikerin wurde leicht verletzt und monierte eine sich verstärkende „Freiwildkultur“ gegenüber politisch aktiven Menschen.
Das emotionale Giffey-Statement zum Nachlesen:
Erst am Freitag war der sächsische SPD-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Matthias Ecke, in Dresden von vier jungen Männern im Alter von 17 und 18 Jahren zusammengeschlagen und schwer verletzt worden, als er Wahlplakate anbringen wollte. Am Donnerstag wurden zwei AfD-Politiker vor dem Stuttgarter Landtag leicht verletzt.
Körperverletzungen in Deutschland nehmen zu
Der Chef des für Personenschutz zuständigen deutschen Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, äußerte sich besorgt über die Häufung der Angriffe. „Was schon Sorge macht, ist, dass die Zahl der Körperverletzungen jetzt zunimmt“, sagte Münch am Mittwoch in Bremen. Im gesamten vergangenen Jahr habe die Behörde 27 körperliche Angriffe auf Politiker gezählt, heuer schon 22. Aber auch die Zahl der Beleidigungen gegenüber politischen Amtsträgern sei deutlich angestiegen.
Auch Angriffe gegen AfD-Politiker sind nicht hinnehmbar.
Nancy Faeser (SPD)
Bild: AFP
Im Jahr 2023 gab es laut der deutschen Innenministerin Nancy Faeser (SPD) 2710 Straftaten gegen Mandatsträger, 53 Prozent mehr als im Vorjahr. Sie betonte: „Auch Angriffe gegen AfD-Politiker sind nicht hinnehmbar.“ Sie sprach von einer „Eskalation antidemokratischer Gewalt“. Die Spirale von Hass und Gewalt müsse gestoppt werden.
Sigi Maurer wurde mit Glas geschlagen
Auch in Österreich waren Spitzenpolitiker in den vergangenen Jahren Opfer gewaltsamer Attacken. Sigi Maurer (Grünen) wurde 2022 von einem Corona-Maßnahmen-Gegner mit einem Glas ins Gesicht geschlagen. 2017 verübte ein 22-jähriger Student eine Attacke auf das Auto des oberösterreichischen Landeshauptmann-Stellvertreters Manfred Haimbuchner (FPÖ).
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