Wo ist bei einem Politiker die Trennlinie zwischen Privatleben und öffentlichem Interesse. Diese Frage wird in der Causa Lena Schilling heiß diskutiert. Politikexperte Thomas Hofer erklärt den heiklen Punkte.
„Krone“: Wo ist die Trennlinie zwischen dem Politiker und der Privatperson zu ziehen?
Thomas Hofer: Wir haben es zwar mit einem Graubereich zu tun. Aber die Privatsphäre endet, wo die Verhaltensweise des Politikers Auswirkungen auf sein politische Wirken hat.
Gibt es dafür ein Beispiel aus der Vergangenheit?
Im Wahlkampf 2006 sagte Wolfgang Schüssel, es gebe keinen Pflegenotstand. Dann wurde von einem Journalisten aufgedeckt, dass die Familie Schüssel eine illegale Pflegekraft aus dem Ausland engagiert hatte. Diese Veröffentlichung war ein Eingriff in den höchstpersönlichen Bereich, aber da die politische Aussage widerlegt wurde, war die Veröffentlichung legitim.
FPÖ-Spitzenkandidat Harald Vilimsky ist in zwei Strafverfahren Beschuldigter. Auch ÖVP-Spitzenkandidat Reinhold Lopatka galt viele Jahre als ein machtbewusster Intrigant. Das wird nicht thematisiert im Wahlkampf, ist das nicht unfair?
Es gibt ein Missverhältnis und Geschlechterspezifika zwischen Männern und Frauen, was die Gewichtung von Vorwürfen betrifft. Selbst Anklagen oder Ermittlungen führen nicht immer zu Rücktritten. Hier gibt es absolut einen Nachholbedarf. Auch sind bei Geschlechterfragen noch immer Schablonen vorhanden.
Viele der Vorwürfe gegen Schilling sind anonym, sind sie dann glaubhaft?
Deswegen ist es eine heikle Story, weil ein Teil der Vorwürfe anonym sind. Das wird sicher, auch wenn vom Medium dokumentiert, in der Öffentlichkeit als Problem gesehen. Und Lena Schilling darf zu gewissen Vorwürfen wegen der unterzeichneten Unterlassungsvereinbarung nichts sagen. Auch das macht die Sache für Schilling nicht leichter. Bisher haben sich erst zwei Betroffene an die Öffentlichkeit getraut. Dafür steht die Vertrauenswürdigkeit des Standards, dass hier genau und gewissenhaft recherchiert wurde.
Wem nützt diese Kampagne. Viele werden sich weiter von der Politik abwenden?
Der allgemeine Schaden am Gesamtsystem vergrößert sich mit diesem Kapitel. Die Grünen argumentieren fast wie eine Partei rechts der Mitte: Sie schließen die Reihen und argumentieren mit sehr harschen Tönen, um eine Schadensbegrenzung herbeizuführen. Wenn die Story nicht jeden Tag neues Futter bekommt, kann man sie möglicherweise eindämmen. Es könnte auch in Teilen ein Solidarisierungseffekt einsetzen. Das kennt man ja von der FPÖ.
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