Tourauftakt in Paris

Taylor Swift: Die Göttin startete ihre Europareise

Musik
10.05.2024 03:45

Sie ist der momentan wohl größte Star dieses Planeten, bricht alle Verkaufsrekorde und kommt im August für drei „Krone“-Konzerte ins Wiener Ernst-Happel-Stadion. Am Donnerstag startete Taylor Swift ihr lang ersehnte Europatour vor knapp 45.000 Fans in Paris. Die „Krone“ war bei der Show des Jahres live mit dabei.

(Bild: kmm)

Es passt zusammen und verwundert irgendwie gar nicht – wenn der weltgrößte Popstar Taylor Swift den Europateil seiner Weltrekorde brechenden „Eras“-Tour in Paris beginnt, feiern die Franzosen natürlich gleich einen doppelten Feiertag (8. und 9. Mai – dem Schicksal sei Dank). Dementsprechend gut konnten sich Schüler, Studenten und „Hardcore-Swifties“ auf die gleich vier Konzerte in der La Défense Arena vorbereiten. Tagelang standen die Campingzelte am Areal und um die Location herum verstreut, das sonnige Wetterglück tat das seine, dass die allergrößten Fans auch unter schwersten Entbehrungen keine Ermüdungserscheinungen zeigten. Bevor Taylor Swift im August für ihre ersten drei Gigs ins Wiener Happel-Stadion kommt, hebelt sie sämtliche Grenzen der Normalität schon in zahlreichen anderen Städten aus – Paris ist die erste davon.

(Bild: TAS Rights Management)

Punktesieg für die Olympischen Spiele
Schon die Vorbereitungen für die Megashows an der Seine liefen auf Hochtouren. Der Swift-Tross ist mit 80 LKW unterwegs, um den Superstar selbst schwirren rund 200 Personen herum, die für Sicherheit sorgen und ihr alle Wünsche von den Augen ablesen. Die – im Direktvergleich – günstigen Preise in Europa sind dafür verantwortlich, dass auch Heerscharen an amerikanischen „Swifties“ zu den europäischen Konzerten drängen – der US-Besucheranteil in Paris soll pro Abend bei ungefähr 20 Prozent liegen. Der CO2-Abdruck, den Swift aus ihren Jüngern herauspresst, mag vielleicht nicht der beste sein, auf wirtschaftlicher oder touristischer Ebene ist die Erscheinung dieser für viele fleischgewordenen Gottesfigur aber von immensem Wert. Nur gegen die Olympischen Spiele kommt auch eine Taylor Swift nicht an, denn die Vorbereitungen auf jene im Sommer sind der Grund, warum sie nicht im üppigen Stade de France konzertiert, sondern – als einzige Location auf der ganzen Tour – indoor in der La Défense Arena.

(Bild: TAS Rights Management)

Für den brutalen Ansturm an Fans hat das Veranstaltergespann doppelt so viele Merchandise-Stände wie üblich aufgebaut. Rund 700 Menschen arbeiten lokal und überregional aktiv pro Abend daran, dass die über dreistündige Show auch abseits des Live-Glanzes an sich perfekt über die Bühne geht. Ist dies schon Wahnsinn, so hat er doch Methode, könnte man den großen Shakespeare hier zitieren, denn so intergalaktisch und ungreifbar der globale Hype um Swift ist, er ist im Großen und Ganzen erklärbar. Als erster Star überhaupt bewegt sich die 34-Jährige leichtfüßig in der Öffentlichkeitstrias Musik, Medien und (Gesellschafts-)Politik. Sie wirkt wie ein Star zum Anfassen und ist es doch nicht. Sie erzählt in ihren Songs unverblümt aus ihrem Leben und von allen Hochs und Tiefs und ist für Heerscharen an (vornehmlich weiblichen) Fans wie eine große Schwester.

(Bild: Robert Fröwein)

Einmal alles bitte
Sie hält mit ihrer Meinung zu politischen Strömungen nicht zurück und stößt dabei trotzdem niemanden vor den Kopf. Taylor Swift ist eine Mischung aus Irdischem und dem Orbit. Man fühlt sich ihr und ihren Gedanken direkt verbunden, aber trotzdem perlt an dieser übermenschlichen Figur alles ab wie an Teflon. Inhalt und Ziel der „Eras“-Tour macht Swift in einer Ansage ans Publikum früh am Abend klar. „Ich war lange nicht bei euch in Europa, doch deshalb ist diese Tour eine, die alle anderen beinhaltet. Ich kann euch nicht genug danken, dass ihr heute da seid.“ Nachdem Paramore als Anheizer überzeugten und während des Bühnenumbaus Making-Ofs von Swift-Videos von der überdimensionalen Leinwand strahlten, entert die Königin die Bühne und lädt zur ersten der auf insgesamt zehn (!) Kapitel aufgeteilten Show, die alle Ären und Phasen in ihrer Karriere widerspiegeln. Schon im „Lover“ glänzen Songs wie „Cruel Summer“ oder das mit einem Bürosetting verstärkte „The Man“, bevor sie beim Song „Lover“ erstmals die Gitarre schnappt und unter johlendem Gekreische den ersten Höhepunkt des Abends liefern.

(Bild: TAS Rights Management)

Der Bühnensteg reicht fast zu den hinteren Sitzplätzen und nimmt gut zwei Drittel der gesamten Halle ein. Swifts Band flankiert unauffällig die große Leinwand, während die Chefin sich stimmkräftig über die üppige Bühne bewegt und dabei immer wieder auf Tuchfühlung mit den Fans geht. Nach jedem Teilkapitel verschwindet Swift im Bühnenboden, um sich umzuziehen und wieder neu loszulegen. Je nach Sound und Geschmack sind das hautenge Bodysuits, knappe Kleidchen oder auch mal elegante Roben, wie zu den Songs von „Speak Now“ oder des brandneuen Albums „The Tortured Poets Department“, die hier ihre Live-Weltpremiere feiern. „Down Bad“, „Fortnight“ oder das The 1975-Sänger und Ex-Liebschaft Matt Healy mit einer Irrenhaus-Einweisungsszene gewidmete „The Smallest Man Who Ever Lived“ passen sich perfekt in das restliche Set aus Klassikern ein.

(Bild: Robert Fröwein)

Kein Detail bleibt unbemerkt
Im Gegensatz zu den vergangenen Nordamerika- und Asien-Konzerten hat Swift nicht nur kräftig an der Setlist geschraubt. Neue Choreografien und Kleider sind Usus, auch bei den eindrucksvollen Videoeinspielungen wurde adaptiert. So ist das Schlangendesign im druckvollen „Reputation“-Part schwarz und nicht mehr weiß. Den „Swifties“, die ihre Heldin bis ins letzte Detail erforschen und scannen, bleibt neben lautstarkem Geschrei und emotionalen Tränen ausreichend Zeit, um ein genaues Auge auf diese Kleinigkeiten zu werfen. So fällt etwa auch auf, dass sie während des pulsierenden „Red“-Teils erstmals ein Shirt mit dem Aufdruck „This Is Not Taylor’s Version“ trägt, während sie einem sehr jungen und umso enthusiasmierten Fan den Hut und eine Umarmung schenkt. Geschätzter Marktwert: nicht bezahlbar.

(Bild: TAS Rights Management)

Als Höhepunkt im Set kann die ruhigste Passage betrachtet werden. Die beiden in der Pandemie entstandenen Werke „Folklore“ und „Evermore“, laut der Sängerin Schwesternalben, werden in Paris erstmals live zusammengefasst und ergeben unterstützt von beeindruckenden und märchenhaften Visuals eine Reise durch die vier Jahreszeiten, bei der alle Stückerl gespielt werden. Das fabelhafte „Cardigan“ und „Betty“ singt sie auf dem Dach einer romantischen Waldhütte und als sie bei einem ihrer persönlichen Lieblingslieder, „Champagne Problems“ in die Saiten eines moosummantelten Klaviers greift, brechen alle Dämme. Minutenlange Standing Ovations erfüllen das Auditorium, eine sichtlich gerührte Künstlerin verdrückt dabei auch die eine oder andere Träne. Echte Emotionen in einer sonst so perfekt getakteten Show, die trotzdem nie das Gefühl vermittelt, Nähe oder Greifbarkeit zu ignorieren.

(Bild: TAS Rights Management)

Kritik bar jeder Logik
Swift hat ihr Publikum absolut im Griff, weiß mit jeder Mimik, jeder Gestik und jeder kleinen Aktion oder Reaktion, wohin die Reise geht. Ein Geheimnis ihres überbordenden Erfolgs ist gewiss, dass sie nicht nur ihre Songs und Shows, sondern auch die Fans ernst nimmt. Die „Eras“-Tour ist ein Wellenbad der Gefühle, bei dem alle Emotionen zumindest einmal ausbrechen. Kaum ein Liebesleben-Buch eines Stars ist so offen und zugänglich wie jenes der leidenschaftlichen Musikerin. Diese Texte sprechen ihre Fans an und werden regelrecht absorbiert. So sehr sich Vertreter des Feuilletons mit misogynen Schlenkern gegen Erfolg und Beliebtheit Swifts wehren, diese meist argumentationslosen Kritiken verpuffen im Nirwana. So wie früher Bob Dylans Texte als inoffizielle Bibelzitate gesehen wurden, so tun das für Kids und junge Menschen jene von Swift. Es gibt wesentlich schlimmere Vorbilder …

(Bild: Robert Fröwein)

Es ist bei normaler Konzentration gar nicht möglich, alle optischen Eindrücke zu erfassen und der superschnellen Show mit unglaublichen 46 Songs konzentriert zu folgen. Nach dem geruhsamen Waldschratenteil lässt Swift mit Songs wie „Blank Space“ oder „Shake It Off“ ihre Pop-Perlen aus „1989“ los, für „The Tortured Poets Department“ hat sie sich eine Art Varieté-Musical-Konzept überlegt, das mit den perfekten Choreografie und einer kundig gespielten Stummfilmästhetik als in sich geschlossenes Werk funktioniert. „Paris“ und „lmol“ feiern überhaupt ihre Live-Premiere, während sie am Ende mit acht Songs des Charterfolgs-Albums „Midnights“ noch einmal kräftig in der Synthiepop-Dose rührt. Als nach handgestoppten drei Stunden und 15 Minuten und einem pulsierenden „Karma“ Feuerwerksalven und Konfettikanonen losgehen, ist die Kondition trotz all der gut arrangierten Songs, memorablen Hits und optischen Eindrücke längst in Mitleidenschaft gezogen.

(Bild: Robert Fröwein)

Kein Ende in Sicht
Die La Défense Arena hätte man auch 14 statt viermal ausverkaufen können, gab ein Mitveranstalter in einer französischen Tageszeitung bekannt. All diesen Superlativen zum Trotz sind und bleiben die Erfolgsgeheimnisse Swifts ihr Mädchen-von-nebenan-Stil, der alle Generationen vereint. Sexy, aber nicht verrucht. Meinungsstark, aber nicht fordernd. Auf allen Linien beeinflussend, aber nie um sich offensichtliche Vorteile zu verschaffen. Eine 18 Jahre andauernde Karriere zwischen Country, Bubblegum-Pop, Rock-Anleihen oder Singer/Songwriter-Akustik zeugt von einem Borderlinesyndrom im positiven Sinne. Von der Popshow des Jahres dürfen sich am 8., 9. und 10. August auch Österreichs Fans bei den ausverkauften Ernst-Happel-Stadion-Konzerten überzeugen lassen. Mit Auftritten wie diesem ist bei Taylor Swift gewiss noch lange kein Ende des Hypes in Sicht …

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