Bei Stadt Charkiw
Kiew wehrt sich weiter gegen russische Offensive
Die ukrainische Armee wehrt sich nach Angaben des Generalstabs weiter gegen eine russische Offensive im Grenzgebiet bei der Millionenstadt Charkiw. Das Militär berichtete Samstagfrüh von neun Gefechten an diesem Frontabschnitt. Dabei hieß es pauschal, die russischen Vorstöße seien abgewehrt worden. Diese Angaben waren jedoch nicht unabhängig überprüfbar. „Der Feind setzt Bodentruppen und Technik ein“, hieß es in einer Mitteilung des Generalstabs noch vom Freitagabend.
Das ukrainische Militär berichtet seit Freitag von russischen Vorstößen an zwei breiten Frontabschnitten. Die Offensive war erwartet worden, weil die russische Armee nahe der Grenze mehrere Zehntausend Soldaten zusammengezogen hat. Auch Präsident Wladimir Putin hatte schon im März eine Offensive angedroht.
Ukrainische und russische Militärbeobachter wie auch ausländische Experten gingen aber davon aus, dass der Vorstoß noch nicht auf die Stadt Charkiw abziele. Das Institut für Kriegsstudien ISW in den USA sprach von „begrenzten operativen Zielen“. Die Angriffe sollten die ukrainischen Kräfte von der Grenze abdrängen – durch das Vorrücken solle Charkiw wieder in die Reichweite russischer Rohrartillerie kommen.
Strategisches Ziel sei, die Ukrainer zu zwingen, Soldaten und Material von anderen bedrängten Abschnitten der Front im Osten abzuziehen. Der begrenzte Einsatz lege nicht nahe, „dass russische Kräfte in großem Maßstab eine Offensivoperation durchführen, um Charkiw einzuschließen, einzukreisen oder zu erobern“, schrieb das ISW. Gleich zu Beginn des Angriffskriegs im Frühjahr 2022 waren russische Truppen nach Charkiw eingedrungen, konnten aber abgewehrt werden.
Angriff in zwei Stoßrichtungen
Den Berichten von der Front nach hat der Angriff zwei Stoßrichtungen. An einem Grenzabschnitt etwa 30 Kilometer nördlich von Charkiw besetzten russische Truppen mehrere ukrainische Dörfer. Sie lagen nach übereinstimmenden Angaben in einer Art grauer Zone noch vor der vordersten ukrainischen Verteidigung. Der ukrainische Generalstab nannte das Dorf Lipzy als Stoßrichtung dieses Angriffs.
Der zweite Angriff zielte auf die Stadt Wowtschansk etwa 40 Kilometer nordöstlich von Charkiw. Auch dort wurden mehrere kleine Orte entlang der Grenze besetzt. Im Fall Wowtschansk sehen Experten eher die russische Absicht, Nachschublinien der Ukraine in Richtung Kupjansk zu stören.
Ukraine greift wieder russisches Grenzgebiet an
Die Ukraine wehrte sich nach russischen Angaben auch, in dem sie in der Nacht auf Samstag das russische Grenzgebiet Belgorod mit Raketenartillerie und Drohnen angriff. Auch in der Früh wurde in Belgorod zeitweise Raketenalarm ausgelöst. In Rowenki im russisch besetzten Gebiet Luhansk löste Beschuss einen Brand in einem Treibstoffdepot aus. Die Ukraine kämpft seit mehr als zwei Jahren gegen eine großangelegte russische Invasion.
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