Im „Krone“-Podcast

Nehammer zu Spionage: „Reden hier von Hochverrat“

Politik
12.05.2024 11:00

132 Tage bis zur Wahl: Warum sich Nehammer bei der FPÖ an vergangene Zeiten erinnert fühlt und wie er über die Causa Lena Schilling denkt, erfahren Sie unter anderem im „Krone“-Podcast „Superwahljahr“.

„Krone“: Herr Nehammer, sie haben vergangenes Wochenende DNA-Tests gefordert, um den Familiennachzug einzudämmen. Gesundheitsminister Johannes Rauch nannte diese Forderung frivol, weil es diese DNA-Tests schon gebe. War die Forderung reiner Populismus oder hat ihr Kabinett dieses Detail übersehen?
Karl Nehammer:
 Das Superwahljahr dürfte anscheinend dazu führen, dass das sinnerfassende Zuhören nur mehr eingeschränkt funktioniert. Denn ich habe gesagt, die DNA-Kontrolle muss verstärkt durchgeführt werden. Ich habe den Auftrag gegeben, dem Innenminister sowie dem Außenminister, Verschärfungen in der Frage der Kontrolle durchzuführen. Was heißt es dann konkret? Schon beim geringsten Zweifel ist aus meiner Sicht ein DNA-Test durchzuführen. Es sind die Dokumente genauestens zu prüfen, es sind die Dokumentenprüfer in höherer Zahl zur Verfügung zu stellen, damit sichergestellt wird, dass tatsächlich nur Familienangehörige den Weg nach Österreich finden. Das ist, was ich gesagt habe. Die Frage ist immer, ob es auch gehört werden will.

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Das Superwahljahr dürfte anscheinend dazu führen, dass das sinnerfassende Zuhören nur noch eingeschränkt funktioniert.

Karl Nehammer über die Auswirkungen der aktuellen politischen Debatte.

Noch ein Thema hat die Gemüter diese Woche erhitzt. Das Schreiben an die NATO gemeinsam mit der Schweiz, Irland und Malta. Es wurde ein zweiseitiges Schreiben an die NATO geschickt, um die Zusammenarbeit voranzutreiben. Die Opposition spricht von einem Beitritt durch die Hintertür ...
Um das klar zu machen: Es gibt keine Annäherung an die NATO. Die Reaktionen sind überdramatisiert und auch wieder dieser Aufgeregtheit eines Superwahljahres geschuldet. Worum geht es? Es gibt schon seit Langem die Partnerschaft für den Frieden, das ist die Möglichkeit von Nicht-NATO-Staaten, sich an NATO-Projekten und sicherheitsübergreifenden Maßnahmen beteiligen zu können.

Im Podcast „Superwahljahr“ spricht Karl Nehammer auch über Wirtschaftsflaute und Kalifat-Demos. (Bild: Reinhard Holl)
Im Podcast „Superwahljahr“ spricht Karl Nehammer auch über Wirtschaftsflaute und Kalifat-Demos.

Das ist aus meiner Sicht sehr sinnvoll. Es gibt immer wieder internationale Kooperationen, auch im Auftrag der UNO, oder einer europäischen Friedensmission, wo es wichtig ist, dass man den gleichen Standard hat und in Krisen sehr rasch miteinander kommunizieren kann. Es ist wichtig, dass hier rasch miteinander agiert werden kann. Um nichts anderes geht es. Deshalb sind ja auch alle neutralen Staaten – auch die Schweiz – damit umfasst. Es ist eine Weiterentwicklung der Partnerschaft für den Frieden, es ist mehr Sicherheit und hat nichts mit einer Annäherung zur NATO zu tun. Diese politische Konnotation passiert nur, um auch hier wieder die Menschen bewusst zu verunsichern. Das halte ich für falsch, es geht um mehr Sicherheit für Österreich durch Zusammenarbeit, aber es geht nicht um eine Annäherung an die NATO.

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Es gibt keine Annäherung an die NATO.

Karl Nehammer will aber mit der Schweiz, Irland und Malta verstärkt zusammenarbeiten.

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner führt am 1. Juni einen Asylkodex für Asylwerber ein. Die Länder würden sich wünschen, dass der Kodex österreichweit eingeführt wird, damit die Bedingungen überall gleich sind. Was daran ist eigentlich so schwer?
Der Kodex deckt sich mit meinen Bestrebungen, größer zu denken, nämlich mit der Leitkultur-Frage. Es ist wichtig, dass man sich darüber im Klaren wird, wofür stehen wir in Österreich, was ist uns wichtig, was hat sich in den letzten Jahrzehnten getan, wo haben wir aus den Fehlern der Geschichte gelernt, die eine neue Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg auch geformt und geprägt hat. Und das müssen Menschen zur Kenntnis nehmen und auch annehmen, wenn sie in unser Land kommen. Sie tun das ja freiwillig, weil Österreich kein Grenzland, sondern ein Binnenland in der EU ist. Daher ist es wichtig, sich bundesweit einmal grundsätzlich damit auseinanderzusetzen, aber natürlich ist es auch für Bundesländer sinnvoll, dann in ihrer jeweiligen Betreuungsverantwortung hier Regeln aufzustellen.

Markus Wallner und Karl Nehammer bei einer Eröffnung in Dornbirn (Bild: Mathis Fotografie)
Markus Wallner und Karl Nehammer bei einer Eröffnung in Dornbirn

Mit dem Libanon wurde nun ein weiterer Flüchtlingsdeal abgeschlossen. Die EU zahlt eine Milliarde Euro an den Libanon. Machen solche Deals nicht wahnsinnig abhängig?
Es wird gar nicht anders gehen, als dass wir mit Drittstaaten solche Abkommen schließen. Ich halte sie für sehr wichtig und essenziell. Warum ist das wichtig? Nur wenn die Staaten sehen, dass es ihnen selbst auch einen Vorteil bringt, mit der EU zu kooperieren, haben wir eine Chance, die organisierte Kriminalität zu bekämpfen und diese Form der illegalen Migration einzudämmen. Der Libanon ist noch dazu ein sehr sensibles Beispiel, weil im Libanon die Stimmung derzeit gegen die syrischen Flüchtlinge kippt. Sie haben eine soziale Herausforderung, die ausgeglichen werden muss. Deshalb ist es richtig, dem Libanon zu helfen. Das Ziel der Hilfe vor Ort ist ja vor allem, dass eine neue Migrationsbewegung erst gar nicht entsteht. Generell müssen wir viel mehr daran arbeiten, wie wir in Zukunft Asylverfahren in Drittstaaten außerhalb der EU durchführen können – auch dafür brauchen wir internationale Kooperation ...

Kommen wir noch zum Herbst. Wir fragen, auch wenn wir wissen, dass wir keine konkrete Antwort bekommen: Was wäre denn ihr liebster Koalitionspartner?
Zuerst sind die Wähler am Wort, erst dann kommt der Schritt zu analysieren, welche Mehrheiten gehen sich überhaupt aus und dann kommen die Koalitionsverhandlungen. 

Herbert Kickl (re.) überschreitet Nehammers rote Linien. (Bild: APA/Robert Jäger)
Herbert Kickl (re.) überschreitet Nehammers rote Linien.

Sie schließen aber zumindest gewisse Personen aus – nämlich Herbert Kickl ...
Die Position von mir ist klar: Es gibt inhaltliche rote Linien und es gibt rote Linien, die mit Persönlichkeiten verbunden sind. Man bemerkt die Radikalisierung und den Spaltungswillen der linken und rechten Ränder. Auch in der Sprache, dass man lieber aufhetzt statt zu kalmieren, wenn eine gefährliche Situation auftaucht. Die inhaltlichen roten Linien sind bei der ÖVP ganz klar: Mit uns wird es keine Vermögens- und Erbschaftssteuern geben. Es muss das Jugendstrafrecht verschärft werden. Wer mit zwölf Jahren vergewaltigen kann, kann mit zwölf auch die Konsequenzen tragen und ins Gefängnis gehen. Dann gibt es in der Politik Persönlichkeiten, die sich radikalisiert haben und Verschwörungstheorien glauben. Da gibt es im Netz genügend Videos von Pressekonferenzen, wo die WHO diffamiert wird oder das Weltwirtschaftsforum in Davos als Treffen der neuen Weltherrschaft denunziert wird. All das hatten wir eigentlich schon einmal in der Vergangenheit – das macht mich nachdenklich. Da gibt es Grenzen, die muss man ziehen.

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Wer mit zwölf Jahren vergewaltigen kann, kann mit zwölf auch die Konsequenzen tragen und ins Gefängnis gehen.

Karl Nehammer übers Jugendstrafrecht

Wenn Sie sagen, all das hatten wir schon einmal, meinen Sie die NS-Zeit?
Wir hatten in Österreich Phasen und Zeiten von Radikalisierung, Verrohung der Sprache, Ausgrenzung von anderen. Es hat Österreich ausgezeichnet, dass wir, mit der Gründung der Zweiten Republik, all diese Auswüchse überwunden haben. Auch die beiden ehemals verfeindeten Lager, der großen Parteien in den 30er-Jahren haben einen Weg gefunden, sich so miteinander auseinanderzusetzen, dass es keine Eskalation mehr auf der Straße gibt. Wenn man sich aber anschaut, wie manche jetzt agieren, wie sehr sie radikalisieren und wie sie schwierige Zeiten benutzen, um Menschen Angst zu machen, dann ist das das Gegenteil von politisch verantwortungsvollem Handeln. Denn gerade wenn es schwierig wird, muss man Krisen mit Klarheit und Vernunft begegnen – aber nicht Angst machen.

Frustriert es Sie eigentlich, dass Sie bei den Umfragen nach wie vor die Folgen diverser Skandale ihres Vorgängers ausbaden? Hingegen scheint die Involvierung in den Spionagefall Ott oder eine neue Inseratenaffäre, wo alle ehemaligen FPÖ-Minister als Beschuldigte geführt werden, keinen Einbruch bei den Umfragen für die FPÖ zu bedeuten ...
Zu einem laufen zu sehr schweren Vorwürfen die Ermittlungen auf Hochtouren. Wir reden hier von Hochverrat. Da lohnt es sich auch, näher hinzusehen. Es ist für mich seltsam – wie der Umgang der Freiheitlichen mit dem Freundschaftsvertrag mit der Putin-Partei. Es ist auffällig, dass es direkten Kontakt mit einem mutmaßlichen Spion der russischen Föderation gab. Man sieht, dass die russische Föderation offenbar bereit ist, direkt in den demokratiepolitischen Prozess eines Landes einzugreifen. Hier ist es wichtig, genau hinzuschauen, denn hier geht es um die Demokratie.

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Wir reden hier von Hochverrat. Da lohnt es sich auch, näher hinzusehen.

Nehammer in Richtung FPÖ und Ott

Es sind nur mehr 130 Tage bis zur Wahl. Gerade läuft der EU-Wahlkampf. Die grüne Spitzenkandidatin Lena Schilling ist mit massiven Vorwürfen aus ihrem Privatleben konfrontiert. Ist alles Private politisch und alles Politische auch privat?
Ich bin allgemein ein Fan von hart in der Sache, aber vernünftig im Umgang miteinander. Alle Schmutzkübelkampagnen, die ins Private abgleiten, haben am Ende ein Ergebnis: Die Politik an sich wird beschädigt. Die Stimmung der Auseinandersetzung radikalisiert sich ...

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