Mit 1. Mai ging wieder eine erfolgreiche Saison zu Ende. Doch vor jeder Wintersaison gibt es denselben Aufschrei: „Zu wenige Mitarbeiter!“ Und dann geht es trotzdem wieder! Dem touristischen Paradoxon auf der Spur!
Seit dem 1. Mai ist die Wintersaison 2023/24 endgültig geschlagen. Geschlagen voll waren nicht selten die Tiroler Pisten und wieder feiert man einen fünfprozentigen Nächtigungszuwachs. Ischgl spricht sogar von einer Rekordsaison.
Ein touristisches Paradoxon
Dabei schlagen die Tourismussprecher vor der Saison regelmäßig wegen des Mitarbeitermangels Alarm. Immer wieder wird vor Angebots- und Servicereduktion oder sogar Schließungen gewarnt. In der WK Landeck sprach man 2022 sogar von einem Desaster, weil im Dezember angeblich noch über 1000 Arbeitskräfte fehlten. Wie passt das mit dem Rekord zusammen? Ein touristisches Paradoxon!
Die Gastronomie braucht immer mehr Mitarbeiter, weil die Qualität steigt und die Arbeitszeiten sinken.
Franz Staggl, Fachgruppen-Obmann Hotellerie
Bild: Daum Hubert/DAUM Hubert
Trotz Mitarbeiterrekord 2000 offene Stellen
Franz Staggl, Obmann der Fachgruppe Hotellerie in der Wirtschaftskammer, hat interessante Zahlen: „Mit rund 59.000 Beschäftigten – vor Corona waren es 55.000 – im Tiroler Wintertourismus haben wir heuer auch hier einen Rekord. Gleichzeitig waren allerdings beim AMS im Monatsdurchschnitt 2000 offene Stellen evident.“
TVB investierte rund 300.000 Euro
Wieder ein Widerspruch, den Staggl so erklärt: „Aufgrund der steigenden Qualität und der sinkenden Arbeitszeit pro Angestelltem brauchen wir mehr Beschäftigte.“ Die zu finden, sei äußerst schwierig. „Teilweise mussten Lokale schließen oder einen Ruhetag mehr einschieben“, sagt Alexander von der Thannen, Obmann des TVB Paznaun-Ischgl. Trotzdem war es eine Rekordsaison. Der TVB investierte rund 300.000 Euro in die Mitarbeitersuche.
Kontingent „nicht mehr zeitgemäß“
Man habe „diese Saison halbwegs über die Runden gebracht“, meint der Imster WK-Obmann Josef Huber. Sein Tourismussprecher Edmund Auer spricht von einer fallweisen Reduktion des Angebotes und einem Unterschied der Problematik, ob man von einem Landgasthaus oder von den Tourismuszentren spricht. Ein „Riesenproblem“ sieht Anna Kurz, die Sprecherin der Tiroler Gastronomie in der Kammer, und wiederholt eine wohl bekannte Forderung: „Das Kontingent für Mitarbeiter außerhalb der EU ist nicht mehr zeitgemäß und muss weg.“ Allerdings spricht Kurz auch von einer etwas entspannteren Situation im Oberland im Vergleich zum Unterland.
Projekte, um Mitarbeiter zu rekrutieren
Für Franz Staggl, auch Obmann der Villa Blanka, ist dies kein Zufall: „Man muss sich nur anschauen, was sich die touristischen Systempartner einfallen lassen.“ Eine der ausgeklügelten Ideen ging heuer im Ötztal zum zweiten Mal über die Bühne und heißt „Sölden sucht das Gastro Supertalent“. 40 Schüler von sechs Tourismusschulen stellten sich einer Challenge in Service, Küche und Marketing. Gemeinsam mit den „Genussbotschaftern“ – Lehrlinge, die vertieft mit regionalen Produkten arbeiten lernen.
Aber auch Ischgl zeigt sich erfinderisch: Bei den 1. „Tourism Games by Ischgl“ maßen sich im April Nachwuchskräfte aus Österreich und Deutschland in den Disziplinen Kochen, Barkeeping und Marketing. Zweifellos aufwändige Versuche, Tourismusnachschub zu rekrutieren. Ein weiteres Erfolgsmodell für Staggl ist das vom Land Tirol und der WK ins Leben gerufene „Talents for Tourism.“ Quereinsteiger können in eineinhalb (bezahlten) Jahren zu diversen Lehrabschlussprüfungen kommen.
Ein Kampf also um jede helfende Hand im Tourismus und die Demografie verspricht keine Aussicht auf Besserung. Trotzdem wird es wieder Rekorde geben – das touristische Paradoxon lebt weiter.
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