Der steirische Fußball erlebt gerade eine seiner erfolgreichsten Phasen: Sturm ist Cupsieger und kann Sonntag Meister werden, Hartberg kämpft um Europa, der GAK ist retour im Oberhaus, Voitsberg zog in die Zweite Liga ein. Aber dahinter? Da wird‘s für die Klubs immer härter. Ein erstes Zeichen war und ist der Wegfall des Standortes in Bad Gleichenberg.
„Das ist schwer zu verdauen, mir fehlen im Moment gerade die Worte“, musste Philipp Wendler, mit 16 Toren Zweiter der Schützenliste der Regionalliga Mitte, schlucken, als ihn die „Steirerkrone“ Mittwoch Vormittag am Telefon hatte. Denn zeitgleich gab sein Verein Bad Gleichenberg bekannt, dass er sich zurückzieht und in der kommenden Saison mit keiner Kampfmannschaft an einer Meisterschaft teilnehmen wird.
„Die Entscheidung ist sehr hart gewesen, aber gut überlegt. Natürlich ist da viel Wehmut dabei“, sagt Jörg Siegel. Seit 26 Jahren ist er nun schon Obmann beim Klub, führte ihn von der 1. Klasse in die Regionalliga. „Seit damals sind es fast die gleichen Funktionäre. Wir sind nicht mehr motiviert, diesen Weg zu gehen.“ Denn Nachfolger ließen sich keine finden.
Der Verein bleibt aber bestehen, wird mit zehn Jugendmannschaften an der Meisterschaft teilnehmen. „Wir setzen auf unsere Jugend. Der Verein ist Gott sei Dank schuldenfrei, die Infrastruktur ist auch sehr gut“, erklärt Siegel, wie es nun weitergeht. Siegel selbst wurde ja zuletzt in den Vorstand von Sturm gewählt. Und doch blickt er wehmütig auf seine Gleichenberg-Ära zurück. „Es war eine schöne Zeit. Wir durften Dinge erleben, die viele Funktionäre nicht erleben. Ich will keine Sekunde von dieser langen Zeit missen.“
Verlust des letzten Derbys
Auch Gleichenberg-Nachbar St. Anna am Aigen schluckt schwer. „Wir verlieren damit unseren letzten Derbygegner“, so Obmann und Bürgermeister Hannes Weidinger. Die Revierduelle lockten weit über 1000 Fans an. „Für die Region ist es ein absolutes Seuchenjahr. Fehring steigt wahrscheinlich nicht in unsere Liga auf, Gnas muss runter in die Oberliga.“
Den Schritt der Gleichenberger kann Weidinger aber schweren Herzens nachvollziehen: „Ohne Derbys ist der Betrieb auf Dauer in der Regionalliga nicht finanzierbar, vor allem auch wegen der Reisekosten. Wir versuchen unsere 50-Jahre-Feier heuer noch gut durchzubringen, ansonsten schreiben wir auch ein Minus.“
„Auch bei uns ist unklar, ob wir das in dieser Wirtschaftslage noch lange überleben. Hier muss sich der Verband schnell was einfallen lassen, denn einen Rückschritt in die Landesliga gibt‘s nicht. Wenn, wird man in die 1. Klasse relegiert.“ Nachsatz: „Wir suchen händeringend nach Sponsoren! Wenn jemand was für den Fußball übrig hat, soll er sich bei mir melden...“
Wir suchen händeringend nach Sponsoren! Wenn jemand was für den Fußball übrig hat, soll er sich bei mir melden.
St. Anna-Obmann Hannes Weidinger
StFV-Präsident Wolfgang Bartosch weiß, dass in der Regionalliga aktuell Feuer am Dach ist: „Gleichenberg wurde als Verein sehr gut geführt. Dieser Rückzug ist ein klares Zeichen, dass Handlungsbedarf besteht. Für die steirischen Vereine ist die Liga derzeit nicht mehr so attraktiv.“
Das liege aber auch am sportlichen Erfolg der heimischen Klubs: Mit dem ASK Voitsberg steigt heuer zum sechsten Mal in Folge ein steirischer Verein in die zweite Liga auf. „Dadurch sind wir ziemlich ausgedünnt“, so Bartosch. „Und Duelle mit zum Beispiel Gurten sind einfach nicht so attraktiv.“ Die oberösterreichische Stadt ist von Gleichenberg 323 Kilometer entfernt, das Auswärtsspiel erfordert somit mindestens eine vierstündige Fahrt im Mannschaftsbus.
Reformen werden gefordert
Rufe nach einer Reform des Regionalliga-Systems gab es bereits aus den westlichen Bundesländern und zuletzt aus Oberösterreich. „Eine österreichweite Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit dem Thema, aber solche Reformen brauchen Vorlaufzeit.“ Für Bartosch ist klar: „Insgesamt 48 Vereine (je 16 in den drei Regionalligen; Anm.) in der dritthöchsten Leistungsstufe sind zu viel.“
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