Unfassbares Leid hat ein junges Mädchen in Kärnten vor ihrem Tod durchleben müssen. Denn obwohl es einen „marillengroßen“ Tumor im Fuß hatte, ließen seine „liebenden Eltern“ die Erkrankung nicht abklären und schulmedizinisch unbehandelt. Valerie (Name geändert) starb; Mama und Papa fassten je ein Jahr bedingte Haft aus. Sie berufen gegen das Urteil.
„In 35 Jahren als Arzt habe ich so etwas noch nie erlebt“, schildert ein Onkologe, der das Mädchen in seinen letzten Lebenstagen behandelt hat. „Es war ein sterbendes Kind, das zu uns ins Krankenhaus gebracht wurde. Das Kind konnte kaum atmen, die Tumore waren sichtbar, eine Schmerztherapie wäre schon lange nötig gewesen. Doch der Vater sagte nur: Es ist, wie es ist.“ Die Mediziner waren über das Verhalten so entsetzt, dass sie Anzeige erstattet haben.
„Anschauung über Wohl des Kindes gestellt“
Das Strafverfahren am Landesgericht Klagenfurt zeigt deutlich, dass die Eltern – sie Juristin, er arbeitslos – eine eigene Weltsicht haben. „Die wirft man Ihnen natürlich nicht vor. Und auch nicht, dass Sie Ihr Kind nicht innig geliebt haben“, meint Staatsanwältin Ines Küttler. „Der Vorwurf ist, dass Sie trotzdem Ihre Anschauung über das Wohl Ihres Kindes gestellt haben!“
Denn die beiden hatten Valerie vor ihrem Tod trotz offensichtlicher Erkrankung zu Heilern, Energetikern und Alchemisten geschleppt, nicht aber zu einem „normalen“ Arzt, der überhaupt einmal abklären hätte müssen, um welches Geschwulst im Fuß es sich gehandelt hatte. „Sie haben es verabsäumt, Ihre Tochter umfassend aufzuklären, woran sie überhaupt leidet. Erst nach einer Diagnose hätte sie entscheiden können, was sie möchte.“
Die Eltern beharren darauf, dass ihre Tochter bewusst diesen Weg gewählt hätte. „Sie war sehr willensstark“, wird immer betont. „Sie wollte es so.“ Mit 14 Jahren hätte sich sich selbst gegen jede schulmedizinische Behandlung entschieden. Und man sei schließlich auch bei einem Facharzt gewesen.
Arzt „pendelt“ im Gerichtssaal
Der Auftritt dieses Klagenfurter Facharztes – der nach wie vor eine Wahlarztpraxis hat – überrascht: Denn der Anästhesist und Internist packt im Zeugenstand einen Biotensor aus, der wie ein silbernes Pendel aussieht, und pendelt die Anklägerin aus. „Ich pendle nicht, ich mute“, erklärt der Mediziner ernsthaft. Er hatte Valerie auf diese Weise untersucht und nichts Organisches festgestellt: „Das Mädchen war gesund“, sagt er. Gegen den Tumor, der so groß wie eine halbe Marille war, verabreichte er Infusionen mit Katzenkralle und anderen „Wundermitteln“. Drei Monate später war Valerie tot.
Prozess geht weiter
Ob seine Behandlungsmethoden für den Arzt noch Folgen haben, bleibt offen. Für die Eltern ist das Strafverfahren in erster Instanz mit einer Verurteilung wegen Quälen durch Unterlassung zu Ende gegangen – Richterin Michaela Sanin verhängt je ein Jahr bedingter Haft bei einer Strafdrohung von bis zu drei Jahren. Da die Angeklagten sofort Berufung angemeldet haben, ist nun das Oberlandesgericht Graz am Zug.
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