Wenn Mama Depressionen hat oder Papa ein Burn-out, leidet die gesamte Familie. Ein steirisches Projekt vermittelt deswegen Paten an Familien mit psychisch belasteten Eltern. Jetzt wird es auch in den Bezirken Leibnitz und Deutschlandsberg ausgerollt.
Erst acht Monate alt und „richtig liebe Knödel“ waren die Zwillinge, als Jutta und Karl Scherz, beide 66 Jahre alt, zu ihren „Großeltern“ wurden. Drei Jahre ist das nun her, und das Paar aus Hart bei Graz hat die Kinder richtig fest ins Herz geschlossen. „Sie halten uns jung und beweglich“, sagt Karl Scherz und lacht.
Das Ehepaar Scherz ist nicht verwandt mit den Kindern, die sie Oma und Opa rufen. Jutta und Karl sind Paten, weil ein Elternteil der Zwillinge psychisch belastet ist. Sie verbringen mit den Kindern eine unbeschwerte Zeit, in der es nur um sie geht – nicht um Probleme des Alltags, sondern nur ums Spielen. Sie geben Sicherheit und Stabilität. „Unser Sohn lebt in Deutschland und wir haben keine Enkelkinder. Wir hatten noch was zu geben und dachten uns: Wieso sollen wir da nicht eine Familie unterstützen?“
Vermittelt wurden die Familien wie mittlerweile rund 70 andere über die Arge Patenfamilien. „Kinder aus Familien mit psychisch kranken Elternteilen erkranken häufiger selbst“, sagt Alima Matko, die das Projekt koordiniert. „Eine Bezugsperson ist ein ganz wichtiger Resilienzfaktor. Die Söhne und Töchter übernehmen in der Regel sehr viel: Sie kümmern sich um Erwachsene, machen den Haushalt, schauen auf Geschwister, kochen. Aber sie sollten eigentlich Kinder sein können.“
Haben sie dann mal eine Verschnaufpause, sehnen sie sich nach Normalität und Routine. „Viele Kinder wünschen sich zum Beispiel immer das gleiche Essen, immer die gleichen Bücher zum Lesen – sie wollen wissen, was sie erwartet“, sagt Matko.
Wir begleiten die Paten durch den gesamten Prozess, es gibt jährliche Treffen und wir sind immer für Fragen erreichbar.
Alima Matko
So gut wie jeder kann Pate sein
Pate sein kann übrigens jeder – Voraussetzung ist, Zeit mit Kindern verbringen zu wollen. „Wir haben Paare ohne Kinder, mit Kindern, solche, die gerade ein ,leeres Nest‘ haben, Pensionisten...“, zählt Matko auf. Man muss über 25 Jahre alt sein, langfristig Zeit haben, um das Kind mehrmals im Monat zu betreuen, einen Strafregisterauszug vorlegen und an einer 30-stündigen Schulung teilnehmen.
Die Patenkinder sind zu Beginn maximal zwölf Jahre alt – „unser Jüngstes war erst vier Monate. Die Mutter hatte postnatale Depressionen“, sagt Matko. Vermitteln tut die Arge, erklärt Mateja Bratusa, die für den Bezirk Leibnitz zuständig ist: „Es gibt ein Erstgespräch, einen Hausbesuch, dann zuerst ein Kennenlernen unter Erwachsenen und dann mit Kind.“
Aktuell sucht man in Graz übrigens Patinnen und Paten. In Leoben, St. Radegund und Köflach warten Interessierte noch darauf, dass sich die passende Familie meldet. In Leibnitz und Deutschlandsberg startet das Projekt jetzt. Was man dadurch gewinnen kann, zeigt die Familie Scherz: Ein ganz neues Kapitel im Leben.
Kontakt für Interessierte: alima.matko@styriavitalis.at oder www.patenfamilien.at
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