Österreichs Gefängnisse sind voll mit Ausländern. Rund ein Drittel der Insassen sind Drittstaatsangehörige. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) will diese Gruppe ins Ausland „verlagern“. Ein mögliches Vorbild dafür ist Dänemark, das ein Gefängnis am Balkan betreiben will.
Dänemark steht kurz davor, den Betrieb eines Gefängnisses im Kosovo zu starten. Alle Drittstaatsangehörigen im Strafvollzug, nicht nur Personen mit kosovarischer Staatsbürgerschaft, die danach zur Ausreise verpflichtet sind, sollen dort untergebracht werden können. Im ersten Schritt sollen bis zu 300 Personen aus dem dänischen Strafvollzug dorthin gebracht werden. Die Dänen nehmen dafür ein bereits existierendes Gefängnis im Kosovo und adaptieren dieses baulich. Die Haftbedingungen sollen dänischen Gefängnissen entsprechen.
Bilaterales Abkommen als Rechtsgrundlage
Die Rechtsgrundlage bildet ein Abkommen zwischen Dänemark und Kosovo, das bereits von dänischer Seite ratifiziert wurde, aber noch nicht vom kosovarischen Parlament. Das Personal vor Ort soll sowohl aus Dänemark als auch aus dem Kosovo kommen. Die Kooperation soll nicht nur die überfüllten Gefängnisse in Dänemark entlasten, sondern auch ein Signal an ausländische Straftäter sein, da Personen ihre Haft in einem Drittstaat absitzen und danach von dort in ihre Heimatländer rückgeführt werden sollen. Laut dänischen Berechnungen soll diese Kooperation auch kostengünstiger als die Errichtung eines neuen Gefängnisses auf dänischem Territorium sein.
Teil von Nehammers Österreichplan
Bei seinem Besuch in Dänemark vergangene Woche hat Minister Karner mit dem dänischen Justizminister über dieses Projekt gesprochen. Die ÖVP will ein solches Modell auch für Österreich. Die Idee ist Teil des Österreichplans von Bundeskanzler Karl Nehammer. „Ich hatte intensive Gespräche mit dem dänischen Justizminister Peter Hummelgaard. Dänemark hat ein Abkommen mit der Regierung in Pristina, das erlaubt, Hafteinrichtungen im Kosovo zu betreiben. Wir wollen so ein Abkommen nach dem Modell Dänemarks für Österreich vorantreiben.“
Potenziell ginge es bei so einem Projekt um ein Drittel aller Gefängnisinsassen in Österreich! Mit Stand 1. Mai waren 33 Prozent (3093) aller Gefängnisinsassen (9482) Drittstaatsangehörige. Auch das grün-geführte Justizministerium bezeichnet den hohen Ausländeranteil als Herausforderung. Man forciere die möglichst rasche Überstellung in die Herkunftsstaaten nach Ende der Strafe. Die ausländischen Insassen kommen in erster Linie aus Rumänien, den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens, Ungarn, Nigeria und der Türkei.
In Österreich gibt es derzeit die Möglichkeit zu sogenannten Überstellungsabkommen. Eine Überstellung von Insassen aus dem österreichischen Strafvollzug in andere Staaten ist auf Grundlage multilateraler (EU) und bilateraler Verträge oder Gegenseitigkeit möglich. Mit 70 Staaten bestehen vertragliche Grundlagen für Überstellungen und eine prinzipielle Kooperationsverpflichtung. In jedem Fall darf eine Überstellung nicht gegen die EMRK verstoßen. Bei Abschiebungen sind rund 41 Prozent der Personen mindestens einmal strafrechtlich verurteilt. Die Abschiebungen passieren derzeit erst, nachdem die Strafe abgesessen wurde.
Frühere Entlassung bei Heimreise
Es ist aber möglich, dass Straftäter vorzeitig aus der Haft entlassen werden können, wenn der Verurteile freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehrt. Diese Entscheidung liegt beim Justizministerium. Um ein ganzes Gefängnis in einem Drittstaat zu betreiben, braucht es nur ein bilaterales Abkommen, sagt Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk im Gespräch mit der „Krone“. „Es ist dabei natürlich wichtig, dass darauf geachtet wird, dass die Menschenrechte eingehalten werden. Eine solche Kooperation mit einem Staat, der zum Beispiel foltert oder die Todesstrafe hat, wäre nicht möglich.“
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