Wissen Sie, was ein Genom ist und wie jenes von Viren aussieht? Nein? Schämen Sie sich nicht, das geht uns fast allen so. Kindern hingegen nicht unbedingt: Wissenschafter werden von unseren taffen Sprösslingen bei Fehlern schon auch ordentlich korrigiert. Wie es ist, wenn Forscher und Kids zusammentreffen? Ein Einblick.
Zugegeben: Wissenschaft klingt nach ordentlich viel Bemühungen, um irgendetwas zu verstehen. Aber: Das muss ja nicht so sein. „FÄKT“ heißt ein neues Projekt der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Damit will man die Jugend dort treffen, wo sich diese auch wirklich aufhält – in sozialen Medien nämlich. Dieser Raum war bisher ja nicht direkt beliebt bei – immerhin erwachsenen – Forschern.
Dabei ist das Arbeiten mit Kindern toll, verrät Wissenschafter Andreas Bergthaler von der MedUni Wien und dem Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der ÖAW.
„Jugendliche sprühen vor Fragen und Neugier“, weiß Bergthaler aus seiner täglichen Arbeit. „Sie sind leicht zu begeistern für knifflige Fragen, wie sie die Wissenschaft zu beantworten versucht.“
Das Potenzial der Kinder ist unglaublich groß und will geweckt und gefördert werden.
Univ. Prof. Dr. Andreas Bergthaler, MedUni Wien, CeMM der ÖAW
Bild: Jöchl Martin
Immer wieder überrascht die Jugend den Forscher: „Die Fragen von Kindern sind manchmal kompromisslos direkt und logisch.“
Das begeistert ihn, denn „das inspiriert mich immer wieder und ermöglicht es auch, ausgetretene Pfade und einen gewissen Tunnelblick hinter sich zu lassen“.
Ob er auch schon einmal von Kindern verbessert worden ist, wollen wir wissen. „Das kommt immer wieder vor“, so Bergthaler: „Erst vergangenes Monat hat mich ein zehnjähriges Mädchen bei einem Schülerseminar korrigiert. Ich hatte das Genom von Viren etwas vereinfacht erklärt, aber sie wusste, dass das so nicht völlig richtig ist.“
Auch bildungsfernere Schichten erreichen
„Ich finde es wichtig, der nächsten Generation verständlich die Welt der Forschung näherzubringen“, betont der Experte, „was kann Forschung, was nicht? Welche tollen Entdeckungen machen österreichische Spitzenforscher? Und wie beeinflusst Wissenschaft unseren Alltag und die Zukunft?“
„Das Potenzial der Kinder ist unglaublich groß und will geweckt und gefördert werden“, sagt Bergthaler.
Er selbst hatte in einem Laborpraktikum erlebt, „wie aufregend es sein kann, in einer Mischung aus Detektiv und Schwammerlsucher neue Dinge zu erforschen“.
Das will er auch der Jugend weitergeben – und vor allem auch jene erreichen, die aus bildungsferneren Schichten kommen.
Man kann TikTok und Co. verteufeln – oder eben einfach selbst auf TikTok gehen.
Univ.-Prof. Dr. Ivona Brandic, TU Wien
Bild: Jöchl Martin
Forscher in die sozialen Medien
Dabei soll nun das neue Projekt der ÖAW „FÄKT“ helfen – mit jugendgerecht aufbereiteten kurzen Videos und „Shorts“ mit heimischen Wissenschaftern zu spannenden Themen aus dem Alltag der Kinder.
Das Ganze wird nicht nur für den Schulunterricht aufbereitet, sondern eigens auch für soziale Medien.
Das war ja bisher ein Gebiet, in das sich so mancher Wissenschafter, wenn überhaupt, nur zaghaft vorgewagt hat, weiß auch Ivona Brandic, Computerwissenschafterin von der TU Wien: Mit ihr wurde das erste „FÄKT“-Video gedreht.
Social Media braucht qualitätsgesichertes Wissen
„Wir Forscher sind ja eigentlich Kommunikationsprofis“, sagt Brandic. Allein: „Nur in unseren eigenen Bubbles und Kanälen. Social Media gehört da nicht dazu.“ Auch sie hatte hier anfangs Berührungsängste, verrät sie.
Allerdings würden Jugendliche eben viel Zeit auf TikTok und Co. verbringen: „Man kann das verteufeln – oder eben einfach selbst auf TikTok gehen. Das habe ich auch gemacht, es macht Spaß.“
Vor allem, betont Brandic, „sollten wir solche Kanäle nicht Verschwörungstheoretikern überlassen, sondern man kann selbst neben Power-Points das eine oder andere Video drehen“.
Von wegen sperrig, trocken und verstaubt
Mit „FÄKT“ würden die Kinder direkt von der Quelle, sprich den jeweiligen Forschern, qualitätsgesichertes Wissen vermittelt bekommen: „Wir forschen an den Fragestellungen und können Antworten geben, die es so nicht gibt“, so Brandic. „Das ist die Didaktik des 21. Jahrhunderts, würde ich meinen.“
Außerdem würden in den Videos auch sperrige Wissenschaftsthemen vermittelt und das auf eine Art und Weise, wie sie für Kinder auch „gut zu verdauen“ seien.
Weitere Pläne
Bis Mitte 2025 sollen mit „FÄKT“ bis zu 30 „Science-Videos“ produziert werden und Social-Media-gerecht deutlich mehr „Shorts“ – übrigens mit ebenfalls jugendgerechten Hosts, nämlich den zwei Anfang 20-jährigen Studentinnen Marie-Sophie „Miso“ Tschak und Julia Winkler.
Ob es bereits Pläne gibt, „FÄKT“ auszuweiten, etwa auf ein Sommercamp, fragen wir Bergthaler – immerhin geht die Idee für das Projekt auf ihn und seine Kollegen zurück.
„Für mich ist ,FÄKT‘ ein großes Experiment, das nun startet.“ Experimente könnten natürlich auch scheitern – „aber sogar dann liefern sie noch wertvolle Ergebnisse für das nächste Experiment.“
„Insgeheim hoffe ich, dass es mit ,FÄKT‘ nachhaltig gelingt, eine Brücke zwischen der Wissenschaft und Jugendlichen zu schlagen, die auf Vertrauen und Augenhöhe basiert“, so Bergthaler.
Geschmunzelter Nachsatz: „Wenn dieses Angebot entsprechend Zuspruch findet, gäbe es aber schon einige weitere Ideen für ,FÄKT‘.“
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