Fotokunst einst und heute: Eine neue Ausstellung in Grundlsee lädt zu einer „Zeitreise“ durch das Salzkammergut. Zeitgenössische Fotografen interpretieren dafür alte Fotos der Region neu. Die Schau ist Teil des Programms der Kulturhauptstadt 2024.
Ein Bild sagt angeblich mehr als tausend Worte. In dem Bild, das der steirische Fotograf Michael Moser um 1885 von Hallstatt gemacht hat, schwingt vieles mit: Es zeigt einen abgelegenen Ort inmitten der Alpen, in dem das Leben zu der Zeit wohl hart gewesen sein muss. Es zeigt aber auch eine malerische Landschaft, die gerade dabei war, sich zu einem Besuchermagneten zu entwickeln.
Gut 150 Jahre später ist Hallstatt heute längst ein Symbol für Massentourismus – der Ort ist so bekannt, dass in China sogar eine Kopie steht, von der Zhang Kechun ein ikonisches Foto gemacht hat. Aktuell hängen diese beiden Fotos nebeneinander in der Sporthalle des Feriendorfs Zloam in Grundlsee – als Teil der Ausstellung „Zeitreise“, die Kuratorin Yvonne Oswald im Rahmen der Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024 zusammengestellt hat.
„Ich wollte einen Dialog zwischen dem Gestern und dem Heute ermöglichen“, sagt Oswald. Dafür ist sie in die Archive des Salzkammerguts abgetaucht, hat Fotos ausgegraben, die besondere Geschichten über die Region erzählen, und diese Bilder dann zeitgenössischen Fotografinnen und Fotografen als Inspiration für neue Foto-Arbeiten gegeben: „Ich wollte einerseits alte Foto-Schätze aus der Region vor den Vorhang holen. Andererseits sollen die darauf dargestellten Szenen aber mit einem zeitgenössischen Blick kommentiert werden – auch kritisch“, sagt Oswald.
Fotografische „Zeitreise“ zwischen Gestern und Heute
Wie sehen diese fotografischen Begegnungen nun aus? Der polnische Fotograf Pawel Jaszczuk etwa begab sich auf den Spuren von Fotograf Hans Gielge, der in den 1920er und 30er-Jahren Volksfeste im Ausseerland dokumentierte, zum Ausseer Kirtag. Anders als in der historischen Vorlage macht Jaszczuk dabei nicht nur Spaß und Volkskultur, sondern auch die Auswirkungen von Alkohol und Flirtereien sichtbar.
„Solche Bilder wären früher kaum möglich gewesen, weil Fotos sehr teuer waren und man nur vermeintlich Repräsentatives festhalten wollte“, weiß Oswald.
Gesellschaftliche Veränderungen
Sehr oft erzählen die Bildpaare von derartigen gesellschaftlichen Veränderungen: Die Wiener Fotografin Stefanie Mooshammer etwa reagiert auf ein Bild eines Flinserl-Umzugs in Aussee in den 1950er-Jahren mit einer modernen Alltagsszene, in denen zwei Flinserl in der Küche stehen und sich um den Haushalt kümmern. Der Schweizer Fotograf Patrick Lambertz hat sich auf die Suche nach dem einst glamourösen Strandbad von Gmunden gemacht – und einen tristen Leerstand gefunden. Und die slowakische Fotografin Zuzana Pistaiova hat sich dem Kaiserkult in Bad Ischl gewidmet. Ihre Antwort auf ein Foto von den Feierlichkeiten um Kaiser Franz Josephs 80. Geburtstag aus dem Jahr 1910: Von Glanz und Gloria ist nur Kommerz und ein Kostümfest geblieben.
Viele der Bilder haben aber auch eine versöhnliche Note: So zeigt Oswald in ihren eigenen Bildern von Gesteinsformationen am Dachstein, mit denen sie auf Fotos der Alpin-Legende Friedrich Simony reagiert, dass der landschaftliche Wandel zwar teils drastisch ist, zugleich aber auch vieles beim Alten bleibt. Und die japanische Künstlerin Yukimi Akiba beschäftigt sich auf berührende Weise mit Fotos von Michael Moser, in denen er Menschen aus dem Salzkammergut porträtiert hat, die zu Beginn des 20. Jahrhundert kurz vor der Auswanderung oder dem Einzug in den Krieg standen. Sie hat diese Fotos mit einem filigranen Blumenmeer bestickt, das wie eine zeitgenössische Umarmung für ihren historischen Mut wirkt.
„Bei allen Unterschieden zwischen dem Damals und dem Heute, ist es mir auch wichtig zu zeigen, wie groß das Miteinander von Vergangenheit und Gegenwart ist“, sagt Oswald. Die Schau ist bis 20. August in Grundlsee zu sehen und kommt 2025 dann auch ins Museum für Geschichte nach Graz.
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