Immer mehr betroffen

Sucht: Auf der Jagd nach den großen Glücksgefühlen

Gesund
20.05.2024 06:30

Menschen mit Suchterkrankungen werden in Österreich immer mehr! Neben Alkohol und Medikamenten bereiten auch die Essstörungen stetig mehr Sorgen. Außerdem interessant: Cannabis stellt laut Experten nicht „die Einstiegsdroge schlechthin“ dar. Die Gesellschaft am meisten belasten Alltagsdrogen. Es gibt Auswege.

Wenn es um Sucht geht, müssen vor allem veraltete Vorstellungen neu überdacht werden: „Die Vorstellung, dass Alkohol und Zigaretten harmlose bzw. ,weiche‘, Kokain und Heroin jedoch ,harte‘ Drogen seien, ist überholt“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Gabriele Fischer, Uniklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, MedUni Wien in ihrem neuen Buch „Sucht. Neue Erkenntnisse und Behandlungswege“. „Genauso bestehen keine wissenschaftlichen Hinweise dafür, dass Cannabis ,die Einstiegsdroge schlechthin‘ ist. Die größten volkswirtschaftlichen Belastungen ergeben sich vielmehr aus der ,Esssucht‘ sowie dem Konsum von Tabak und Alkohol.“

Psychiatrische Grunderkrankung häufig
Eine Besonderheit von Suchterkrankungen ist, dass es im Lebenszeitverlauf häufig zu psychiatrischen (wie Depressionen oder Angststörungen) und körperlichen (Organschädigungen, Infektionen) Begleiterkrankungen kommt. Vielfach sind (unbehandelte) psychiatrische Grunderkrankungen die Ursache, dass sich sekundär eine Substanzgebrauchsstörung entwickelt. Dadurch fällt es schwer, eine Abstinenz zu erreichen.

Glücksbotenstoffe als Belohnung
„Der Neurotransmitter (= Botenstoff) Dopamin spielt eine besondere Rolle. Ausgeschüttet wird dieser Botenstoff z. B. beim Essen, Sport und Sex, aber auch bei Glücksspiel, Alkohol- und Nikotinkonsum. Vor allem angenehme Erlebnisse führen zur Aktivierung von auf Dopamin reagierenden Nervenzellen, woraus ein starkes Belohnungsempfinden resultiert“, so Prof. Fischer.

Buchtipp zur Sucht

 „Sucht. Neue Erkenntnisse und Behandlungswege“ aus der Reihe „Gesundheit Wissen“ der MedUni Wien, erschienen im MANZ-Verlag

Essen macht vermeintlich glücklich
So werden diese Gehirnregionen auch bei Menschen, die unter BED (Binge-Eating-Disorder, anfallsartiger Verzehr enorm großer Nahrungsmengen) leiden, aktiviert – insbesondere durch zucker- bzw. kohlenhydrathaltige Nahrungsmittel. „Essen stillt in diesem Fall nicht den Hunger, sondern wird zur (vermeintlichen) Steigerung des Glücksgefühls verwendet“, so Prof. Fischer. Das Wohlgefühl, das durch erhöhte Dopaminausschüttung ausgelöst wird, lässt jedoch mit der Zeit nach. Betroffene ziehen sich immer mehr zurück, um Essanfälle zu verschleiern.

Lebensstil muss sich ändern
Ungeachtet, ob eine Abhängigkeit von Tabak, Alkohol, Essen, Glücksspiel oder Kokain vorliegt, nachhaltiger Behandlungserfolg ist nur möglich, wenn neben medikamentösen auch lebensstilverändernde Maßnahmen umgesetzt werden. Suchterkrankungen sind chronisch, daher reichen kurzfristige Eingriffe nicht aus. Der Ausbau von Therapieeinrichtungen muss forciert werden, sind sich Experten sicher.

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