Organisiert wie die Mafia sollen neun Jugendliche einen Handyshop in Wien-Meidling terrorisiert haben. Mit Molotow-Cocktails versuchten sie ihn in Vollbrand zu setzen, ein Erpresserbrief sollte dann tausende Euro Schutzgeld einbringen. Die Bubi-Bande sitzt nun vor dem Schöffengericht in Wien. Während die Verteidigung sie als „nicht brandgefährlich“ bezeichnet, redet die Jugendgerichtshilfe von „fortgeschrittener Radikalisierung“.
Sie feiern Zeitungsartikel über ihre Taten auf Videos, posieren stolz für Fotos, mit Schusswaffen und Machete, ein Gruppenbild zeigt die Bande vor einer Moschee in Wien-Meidling. All das bekommen die Schöffen im Wiener Landesgericht auf einer großen Leinwand zur Schau gestellt, während der Staatsanwalt sein ausführliches Plädoyer über die Bubi-Bande hält.
Brandanschläge auf Wiener Handyshop
Die jungen Angeklagten liefern zum Prozessauftakt ein ganz anderes Bild. Fast betroffen schauen die neun Jugendlichen auf ihre Hände, während in allen Einzelheiten erklärt wird, wie sie sich zu einer Bande zusammen geschlossen hatten, welche Position jeder einzelne innehatte.
Sie waren darauf aus, sich einen Ruf zu erarbeiten als Schwerstkriminelle, die respektiert werden. Sie hatten eine Betrachtung von Gewalt als etwas sehr Positives.
Staatsanwalt im Wiener Landl
Vor allem bei den Hauptvorwürfen betreffend eines Handyshops im 12. Bezirk. Von dem Betreiber verlangte die Bande Schutzgeld, sonst setze es Gewaltanschläge – dreimal in Form von Molotow-Cocktails und Pyrotechnik, einmal verübten sie einen Raubüberfall. Zum Schutz forderten sie 25.000 Euro von dem Inder in einem Erpresserbrief.
„Sie waren darauf aus, sich einen Ruf zu erarbeiten als Schwerstkriminelle, die respektiert werden. Sie hatten eine Betrachtung von Gewalt als etwas sehr Positives“, eröffnet der Staatsanwalt. „Es gibt zwei Haupttäter. Für die war es eine Art Lebensinhalt, dadurch reich zu werden.“ Die restlichen sieben Angeklagten waren hierarchisch untergeordnet.
Tschetschenische Bande als Vorbild
Der Verteidiger eines 19-jährigen Bandenkopfes bietet Hintergründe ihn die Motivation hinter der kriminellen Organisation: „Ihr Vorbild war die tschetschenische Bande ,Goldenberg‘ mit Mitgliedern im dreistelligen Bereich.“ – eine Schutzgeldbande, die Anfang 2015 gesprengt wurde. Soweit hätten es die Angeklagte aber auf keinen Fall gebracht.
Verteidiger sehen Bande nicht als „brandgefährlich“
Und auch Anwalt Philipp Wolm betont immer wieder, sein Mandant sei am Ende des Tages ein 17-jähriger Jugendlicher und nicht der zweite Kopf einer Mafia-ähnlichen Bande: „Vor meinem Mandanten haben alles Angst, haben wir jetzt vom Staatsanwalt gehört. Ich kenne ihn seit acht Monaten und ich habe keine Angst. Meine Damen und Herren Schöffen, Sie brauchen auch keine Angst vor ihm zu haben. Sein Traum ist es, Krankenpfleger zu werden.“
Da hakt auch der Verteidiger des Sechstangeklagten, Alexander Philipp, ein: „Ich mache den Job seit 30 Jahren und ich weiß, was die Mafia ist und wie sie arbeitet. Aber das sind alles noch Jugendliche. Die sind nicht brandgefährlich.“ Anwältin Astrid Wagner bezeichnet ihren 15-jährigen Mandanten als „Mitläufer“: „Sein Selbstbewusstsein hat es damals ein bisschen gestärkt.“
Anwalt Florian Kreiner, er vertritt den Zweitangeklagten und gleichzeitig zweiten in der Bandenhierarchie, sieht den Tatbeitrag des 16-Jährigen wesentlich geringer, als es die Anklagebehörde beschreibt: „Sie wollten es in irgendeiner Form in die Medien schaffen.“ Deswegen habe der Jugendliche einen der Brandanschläge auch gefilmt. Nichtsdestotrotz bekennt sich die Bubi-Bande beinahe ausschließlich umfassend geständig, möchte aber sonst nichts mehr zu den Vorwürfen sagen.
Angeklagte bereits „fortgeschritten radikalisiert“
Während die Verteidiger durchgängig von jugendlichem Leichtsinn und naives Handeln reden, zeichnen Berichte der Jugendgerichtshilfe und ein weiterer Strafantrag ein ganz anderes Bild. Bei zumindest den zwei Haupttätern läge eine bereits „fortgeschrittene religiöse Radikalisierung“ vor. Im Steinbauerpark soll einer von ihnen Männer als „Ungläubige“ beschimpft und in Folge verprügelt haben ...
In dem Prozess sind mehrere Verhandlungstage angesetzt. Zeugen und weitere Beteiligte sollen gehört werden. Es drohen lange Haftstrafen.
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