Beklemmend, amüsant und herausfordernd: Das preisgekrönte aktionstheater ensemble feierte Premiere in Bregenz und lieferte einen atemlosen Theaterabend.
Das aktionstheater ensemble brachte zum 35-Jahr-Jubiläum das neue Stück „All about me. Kein Leben nach mir“ am Donnerstag im Bregenzer Kornmarkttheater zur Uraufführung. Der turbonarzisstische Titel ließ erahnen, dass die Inszenierung nicht an Brutalitäten sparen wird – so war es auch. Ganz der aktionstheater-Tradition entsprechend traten die Schauspieler als sie selbst auf die Bühne und arbeiteten sich an ihren Wünschen, Träumen, Ängsten und den reichlich vorhandenen Drohkulissen ab – passend waren sie gekleidet: verschmierte Arbeitsoveralls mit genügend Bewegungsfreiheit, um einander an die Gurgel gehen zu können.
Gleich zu Beginn lässt Regisseur Martin Gruber wie nebenbei einen der Kernsätze des Stücks fallen. Als Thomas und Isabella darüber streiten, wie wesentlich oder unwesentlich die Theaterarbeit sei, wie sehr die Kunst die Welt verändern könne oder eben nicht, sagt Kirstin: „Es stimmt beides“. Die schüchtern-nüchtern gesprochenen Worte vermögen die Streitparteien aber nicht zu einen, die versöhnende Kraft bleibt Konjunktiv.
Themen verderben den lustigen Abend
Nicht weniger radikal werden die Ängste der Figuren seziert: Tamara will auf keinen Fall in Wien begraben werden, denn dort könnte man neben einem Nazi zu liegen kommen. „Das wird kaum zu vermeiden sein“ ist die Replik der lieben Kollegen. Tamara hat es auch sonst nicht leicht, sie wird nicht zu den gemeinsamen Chill-Abenden eingeladen. Warum? „Weil wir uns immer so verhalten müssen zu deinen Themen: Israel und dem Krieg.“
Auch das Liebes-Ranking der einzelnen Ensemble-Mitglieder durch Benjamin tut weh. Auf Platzierungsbeschwerden sagt er: „Ich hätte Dich ja gerne weiter vorne gerankt, aber hatten wir jemals einen schönen Moment?“ Diese Szenen reiht Gruber dicht aneinander, verwoben durch choreographische Elemente und die Musik, die Dauerbeschallung liefert: Niemals Ruhe, niemals Stillstand, niemals zu sich kommen.
Gelingt das Miteinander?
Das Stück zeigt die Zerfahrenheit, die durch allerlei Interferenzen gestörte Art von Kommunikation, die auf unterschiedlichsten Ebenen andockt. Auch da, wo gar keine passenden Synapsen zur Verfügung stehen. Dazu liefert Resa Lut Videoinstallationen, die bedrohlich wie ein Nazi-Stahlgewitter über den Darstellern hängen. Das aktionstheater ensemble hetzt durch Pointen, Rücksichtslosigkeiten, durch Sehnsüchte und die Angst vor der Zukunft – und das Publikum hetzt mit. Ganz am Schluss zeigt Kirstin, wie es doch noch gelingen könnte mit dem Miteinander: mit einer step-by-step-Anleitung für eine Umarmung. Nachahmung empfohlen.
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