Für die Forschung

Brasilianer trat 40.000 Mal auf giftige Schlangen

Wissenschaft
19.05.2024 10:02

Ein brasilianischer Biologe hat bei seiner Forschung vollsten Körpereinsatz an den Tag gelegt: Der junge Wissenschaftler trat 40.000 Mal auf eine Giftschlange, die in seiner Heimat weit verbreitet ist, um deren Beißverhalten zu untersuchen. Dabei hatte João Miguel Alves-Nunes einen speziell gefertigten Schutzstiefel an.

Sein Untersuchungsobjekt, die Jararaca-Lanzenotter, kommt vor allem häufig im Südosten Brasiliens vor. Diese Schlange sei die Ursache für die meisten Schlangenbisse in der Region und mache mit insgesamt etwa 20.000 Vergiftungen pro Jahr einen erheblichen Teil der Vorfälle im Land aus. Sie zählt daher zu einer der relevantesten Giftschlangen – obwohl ihr Biss nur selten tödlich verläuft.

Daher wollte Alves-Nunes vom Forschungszentrum Butantan in Sao Paulo untersuchen, welche Faktoren die Otter zum Beißen veranlassen – das Verhalten der Reptilien sei ein allgemein vernachlässigtes Forschungsgebiet, insbesondere in Brasilien, erklärte Alves-Nunes in einem Interview der Zeitschrift „Science“. „Wenn man sich mit Malaria beschäftigt, kann man das Virus erforschen, das die Krankheit auslöst – aber wenn man nicht die Mücke untersucht, die sie überträgt, wird man das Problem nie lösen“, sagte er.

Das Forschungszentrum Butantan Institute ist weltweit für seine Forschungen im Bereich Schlangengifte bekannt.  (Bild: APA/AFP)
Das Forschungszentrum Butantan Institute ist weltweit für seine Forschungen im Bereich Schlangengifte bekannt. 

„Ich habe 116 Tiere getestet und bin 30 Mal auf jedes Tier getreten.“ Während der mehrtägigen Testreihe sei er insgesamt 40.480 Mal auf und neben die Schlangen getreten. Die Tiere wurden dabei einzeln zu verschiedenen Tageszeiten über einen längeren Zeitraum in einer etwa zwei Quadratmeter großen Arena eingesetzt. Nach einer 15-minütigen Gewöhnungsphase trat der Biologe mit Sicherheitsstiefel zufällig entweder direkt neben der Schlange auf oder sanft auf den Kopf, die Körpermitte oder den Schwanz.

Nach Schlangenbiss langer Krankenhausaufenthalt
Er habe sich zu 100 Prozent sicher gefühlt, keiner der Bisse habe die mit Schaumstoff überzogenen Stiefel durchdrungen. Nur bei einer Simulation mit einer Klapperschlange sei er gebissen worden. „Leider musste ich feststellen, dass ich sowohl gegen das Gegengift als auch gegen Schlangentoxine allergisch bin“, sagte er. Deshalb musste er für längere Zeit ins Krankenhaus.

Hier posiert der junge Wissenschaftler im Forschungszentrum Butantan mit einer Schlange auf Instagram:

Junge Weibchen bei Hitze besonders bissfreudig
Das Ergebnis der Studie: Je kleiner eine Jararaca-Lanzenotter noch ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie beißt. „Hinzu kommt, dass die Weibchen aggressiver sind und eher zubeißen, vor allem wenn sie jung sind und tagsüber.“ Die Studie zeige auch, dass Weibchen bei höheren Temperaturen eher zubissen, Männchen nachts allerdings seltener – sie bevorzugten dann mit ihrem gut aufgewärmten Körper die Flucht. Außerdem sei die Wahrscheinlichkeit eines Abwehrbisses viel höher, wenn man eine Schlange am Kopf berühre, als wenn man auf die Körpermitte oder den Schwanz trete.

Studie soll helfen, Gegengift besser zu verteilen
Mit den Ergebnissen erhoffen sich die Forscher eine bessere Verteilung von Gegengiften. Oft würden diese an größere Krankenhäuser geschickt, wofür manche Patienten weit anreisen müssten, da sie an Orten gebissen worden seien, an denen es kein Gegengift gebe. „Indem wir unsere Daten mit Daten aus anderen Studien über die Verbreitung von Schlangen kombinieren, können wir die Orte ermitteln, an denen die Tiere mit größerer Wahrscheinlichkeit aggressiv sind“, erklärte Alves-Nunes. „So sollten beispielsweise wärmere Orte mit einem höheren Anteil an weiblichen Schlangen Priorität bei der Verteilung von Gegengift haben.“

Porträt von krone.at
krone.at
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