Dass die FPÖ viele politische Ideen des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán unterstützt, ist bekannt. Die Sympathien gehen offenbar so weit, dass man sich nun auch wünscht, der rechtskonservative Politiker möge sich doch als EU-Kommissionspräsident bewerben.
„Ich glaube, dass er Europa guttäte“, sagte der FPÖ-EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky am Sonntag im Interview mit der APA. „Er ist die Antithese zu dem ganzen EU-Establishment. Er ist ein Garant dafür, dass illegale Migration in dieser Intensität nicht möglich ist.“ Öxit-Gelüsten erteilte Vilimsky eine klare Absage. Die FPÖ wolle die europäische Zusammenarbeit. „Wir wollen nur die Leute austauschen, weil sie die falschen Inhalte bringen. Wir wollen die Europäische Union verschlanken, wir wollen Kompetenzen zurückholen in die Parlamente der Mitgliedsstaaten, dass wir wieder mehr direkte Demokratie haben.“
Direktwahl abschaffen oder nicht?
Vilimsky bestritt auch, dass seine Partei eine Abschaffung der Direktwahl des Europaparlaments wünsche. „Ich wüsste nicht, dass ich mich dafür ausgesprochen habe“, sagte er. Im Februar hatte er nach einem entsprechenden Vorstoß des Orbáns allerdings gemeint, dieser sei „durchaus überlegenswert“. „Das ist nicht weniger demokratisch als eine Direktwahl, weil die nationalen Parlamente ja ohnehin demokratisch gewählt sind“, argumentierte Vilimsky damals. „Ich habe immer gesagt, lasst uns dieses Parlament halbieren“, sagte er nun. Als „Referenzgröße“ führte er das US-Repräsentantenhaus mit 435 Mitgliedern an.
Ebenso wenig wie 720 Europaabgeordnete brauche man, dass „27 Kommissare den Kontinent malträtieren“, forderte Vilimsky auch eine getreue Auslegung des EU-Vertrags von Lissabon, der eine Maximalgröße im Ausmaß von zwei Drittel der Mitgliedsstaaten (18 Kommissare) vorsieht.
Gleichwohl reklamierte Vilimsky das Vorschlagsrecht für den österreichischen EU-Kommissar, wenn die FPÖ bei der Europawahl stärkste Kraft werden sollte. Diesbezüglich zog er einen Vergleich zur Besetzung des Nationalratspräsidenten. „Wir plädieren dafür, diese Tradition fortzuführen, dass die stärkste Partei das Vorschlagsrecht hat und die anderen das tunlichst akzeptieren“, sagte er.
Empört wies Vilimsky den von seinen politischen Gegnern hartnäckig erhobenen Vorwurf einer russischen Schlagseite zurück und verwies auf seine engen und regen Kontakte in die USA. „Ich sehe mich in österreichischer Tradition inmitten der Kraftfelder“, betonte er. Nicht rütteln will er an der Neutralität. So solle Österreich auch einem angegriffenen EU-Mitgliedsstaat nicht militärisch zur Hilfe kommen. „Wir sind neutral. Wir können nicht in einen Krieg eintreten“, stellte er klar.
Kritik an „Anklopfbrief an die NATO“
Der blaue EU-Wahlkämpfer kritisierte die Verteidigungsaktivitäten der türkis-grünen Bundesregierung, insbesondere den „Anklopfbrief an die NATO“ und die Beteiligung an Sky Shield. Er sieht kein Szenario, in dem Österreich von Raketenangriffen bedroht wäre, und betonte die Bedeutung der österreichischen Neutralität als Verteidigungsinstrument. Neutrale Länder würden kaum in Konflikte hineingezogen.
NEOS: „Wer Orbán bewirbt, bewirbt Korruption“
Alarmiert zeigte sich NEOS-Spitzenkandidat Helmut Brandstätter ob der Wünsche Vilimskys. „Nach Orbáns Vorbild“ wolle die FPÖ „die liberale Demokratie in Österreich und Europa abschaffen“. Der pinke Politiker erinnerte an die Analyse des Ungarn-Experten Paul Lendvai, der Ungarn unter Orbán für „das korrupteste Land in Europa“ hält. „Wer das Modell Orbán bewirbt, bewirbt Korruption und Freunderlwirtschaft“, warnte Brandstätter. In eine ähnliche Kerbe schlug auch Vizekanzler Werner Kogler. Vilimskys Ansinnen sei „brandgefährlich“, schrieb der Grünen-Chef auf seiner X-Seite (beide Postings siehe oben).
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