Argumentative Fehlschlüsse gibt es viele. Einige davon haben wir Ihnen bereits vorgestellt. Heute möchten wir diese Liste mit dem Argument der Ignoranz – oder auch des Nichtwissens – erweitern. Dabei wird versucht, eine Behauptung einfach nur deshalb als wahr darzustellen, weil sie nicht widerlegt werden kann. Das mag auf den ersten Blick womöglich logisch wirken, ist in Wahrheit aber problematisch.
Unbewiesenes als Fakt
Nicht nur in Glaubensfragen oder in Bezug auf Verschwörungsmythen spielt das Argument, „das an das Nichtwissen appelliert“ eine wichtige Rolle. Denn die Aussage, dass etwas stimmt, weil das Gegenteil nicht bewiesen werden kann, kann jede noch so sachliche Diskussion im Keim ersticken. Da oft ein Gegenbeweis gar nicht möglich ist, ist ein Gespräch damit rasch beendet. Ein gefinkelter Schachzug des so Argumentierenden; so wird gleichzeitig auch die Beweislast für das Argument auf das Gegenüber abgewälzt. Dabei sollte grundsätzlich immer die Person, die eine These aufstellt, diese auch beweisen müssen.
Besonders bekannt ist diesbezüglich die Wette des amerikanischen Kreationisten Kent Hovind, der gemäß seinem Glauben von der biblischen Schöpfungsgeschichte überzeugt ist. Er verkündete, für einen Beweis dafür, dass Gott nicht für die Entstehung des Lebens auf der Erde verantwortlich ist, 250.000 Dollar zu zahlen. Überflüssig zu erwähnen, dass bis jetzt niemand diese Summe ausgezahlt bekommen hat, da es schlichtweg nicht möglich ist, solch eine Aussage zu widerlegen.
Hier zeigt sich die Problematik dieser scheinbaren Argumentation: Nur weil eine These nicht widerlegbar ist, ist sie nicht automatisch wahr. Das gilt auch umgekehrt; eine These muss nicht deshalb falsch sein, weil sie bisher nicht bewiesen werden konnte. Entscheidend dafür sind nämlich allein Sachargumente und tatsächliche Beweise. Die mangelnde Vorstellungskraft einer Person oder ihr fehlendes Wissen dürfen ergo nicht so gewichtet werden, dass sie ausreichen, um etwas als wahr oder falsch zu behaupten. Das wird auch dadurch ersichtlich, dass vieles, das wir heute als wahr akzeptieren, einmal unbewiesen war, Stichwort Evolution.
„Blinde Flecken“ durch Unwissenheit
So vermeiden Sie das Argumentum ad ignorantiam
Die Formel für diesen argumentativen Fehlschluss lautet also: „Wir wissen nicht, dass X falsch ist, also muss X wahr sein“. Sich von dieser vermeintlichen Logik nicht täuschen zu lassen, erfordert kritisches Denken und eine differenzierte Betrachtung von Beweisen. Die folgenden Punkte können dabei hilfreich sein.
Berücksichtigen Sie Gegenbeweise: Selbst, wenn es keine Beweise gibt, die dezidiert gegen eine Behauptung sprechen, bedeutet das nicht, dass die Behauptung wahr ist. Es könnte einfach bedeuten, dass die Gegenbeweise generell schwer zu finden sind oder noch nicht gefunden wurden.
Denken Sie logisch: Nutzen Sie bei der Bewertung einer Behauptung Ihren logischen Verstand. Wenn eine These lediglich auf der Annahme basiert, dass sie wahr ist, weil sie nicht widerlegt wurde, handelt es sich höchstwahrscheinlich um ein Argumentum ad ignorantiam.
Bleiben Sie offen: Unser Wissen ist begrenzt und es kann immer zu neuen Entdeckungen und Erkenntnissen kommen. Halten Sie sich das vor Augen und bewahren Sie sich eine gewisse Offenheit.
Gerade in sozialen Netzwerken, Foren und Kommentarspalten ist das Argumentum ad ignorantiam weit verbreitet. Oftmals wird von Kommentierenden behauptet, dass ihre Ansichten wahr sind, einfach weil niemand sie (bisher) widerlegt hat. Das kann zu Missverständnissen und Fehlinformationen führen, insbesondere bei kontroversen Aussagen. Deshalb ist es umso wichtiger, das Argument der Ignoranz zu erkennen und dagegenzuhalten. So können wir sicherstellen, dass wir einen sachbezogenen und sinnvollen Diskurs führen.
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