Regelmäßig machen Naturschützer auf den starken Rückgang heimischer Vogelarten aufmerksam. Seitens der Behörden können die Tiere allerdings keine Hilfe erwarten, denn per Bescheid werden selbst geschützte Arten zum Abschuss freigegeben. Doch Vogelfreunde sammeln nun Geld, um mutmaßlich rechtswidrige Bescheide vor Gericht zu bringen.
In Österreich ging die heimische Vogelpopulation in den letzten 20 Jahren im Schnitt um rund 40 Prozent zurück, ließ die Vogelschutzorganisation „Bird Life“ unlängst wissen. Die Lebensräume werden kleiner und Nahrung in Form von Insekten wird weniger – das sind die Hauptgründe dafür, dass das tägliche Vogelkonzert vor unseren Fenstern immer leiser wird.
Und trotzdem können auch streng geschützte Vogelarten immer noch abgeschossen werden, wenn die zuständigen Bezirksbehörden einen entsprechenden Bescheid erlassen. Doch hier könnte Willkür und auch Rechtswidrigkeit im Spiel sein, wie „Tierschutz Austria“ in einer Aussendung aufmerksam macht.
Amtstierarzt ist entsetzt
„Wenn ich als ehemaliger Amtstierarzt diese Bescheide lese, traue ich meinen Augen kaum. Unglaublich, wie willfährig hier die Behörden auf Zuruf agieren und das Recht zu brechen bereit sind“, bekräftigt Veterinär Rudolf Winkelmayer in der Mitteilung der Organisation. Er unterstützt damit das Volksbegehren „Für ein Bundes-Jagdgesetz“ und hofft, dass die Bevölkerung auf sein Anliegen aufmerksam wird: „Wir dürfen unsere Vogelwelt nicht schutzlos der Behördenwillkür überlassen.“
30 Euro pro Einspruch
Mittels Einspruch bei Gericht möchten die Unterstützer des Volksbegehrens gegen die mutmaßlich illegalen Abschüsse ankämpfen, doch das kostet Zeit und Geld - 30 Euro werden pro Beschwerde fällig! Durch eine Crowdfunding-Aktion möchte man nun Geld sammeln, um möglichst viele dieser Fälle vor Gericht bringen zu können.
Warum das wichtig ist, wird in der Aussendung anhand von zwei Beispielen beschrieben. In Salzburg etwa erließen die Bezirksjägermeister – auf Basis der „Vogelabschussplanverordnung“ von Landeshauptmann-Stellvertreterin Marlene Svazek – Bescheide zur Tötung von knapp 5.000 Vögeln.
Das Volksbegehren „Für ein Bundes-Jagdgesetz“ wirbt derzeit um Unterstützungserklärungen
Grundloses Töten?
Doch laut Aussendung der Tierschützer ist in keinem dieser Bescheide ein Grund angegeben, warum diese Vögel getötet werden sollen. Das Verwaltungsverfahrensgesetz verlangt aber, dass Bescheide begründet werden, und sogar die Planverordnung verlangt dies explizit und stellt klar, dass „nur in tatsächlich erforderlichen Fällen von der Bejagungsmöglichkeit Gebrauch gemacht“ werden darf. Ein von der „Krone“ dazu angefragtes Statement der Salzburger Landesregierung blieb bis Redaktionsschluss aus.
Auch ein Beispiel aus Oberösterreich wirft bei „Tierschutz Austria“ Fragen auf: Hier werden jährlich etwa 3.000 Ringeltauben während der Brutzeit per Bescheid abgeschossen. Damit wird in Kauf genommen, dass ihre Küken in den Nestern verhungern. Vordergründig soll dies dem Schutz von Soja-Ackerkulturen dienen.
Dass es diesen Zusammenhang offenbar nicht gibt, geht laut Aussendung der NGO aus Zahlen der zuständigen Landwirtschaftskammer hervor: Von 2021 auf 2022 wurde der Schaden durch Taubenfraß an Soja durch die Abschüsse um sagenhafte 95 Prozent reduziert. Dabei wurden 2021 (und in den Jahren davor) genauso viele Ringeltauben während der Brutzeit getötet wie 2022 …
Ringeltaube muss Federn lassen
Die Tierschützer werfen den Bezirksbehörden vor, dass sie „Fakten“ erfinden, wie es gerade passt: Je nachdem, wann die Abschüsse gewünscht sind, soll die Soja-Aussaat im einen Bescheid angeblich Anfang März, im anderen Bescheid Mitte Mai stattfinden. Bescheide sollen auch mehrere Wochen rückwirkend ausgestellt werden, gelten über bis zu sechs Monate (damit bleibt der Ringeltaube nur noch der Februar als Schonzeit) und dann auch gleich für mehrere Jahre.
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