Schallenberg in Riad
Saudi-Arabien: Schlüssel zu neuer Ära in Nahost
Saudi-Arabien ist eine der wichtigsten Schlüsselfiguren im Nahen Osten. Außenminister Alexander Schallenberg hofft auf den Einfluss des „Hüters der heiligsten muslimischen Stätten“ für eine dauerhafte Stabilität in der Region.
„Saudi-Arabien ist eine Ordnungsmacht, deren Einfluss über die Region hinausgeht“, sagte Außenminister Alexander Schallenberg nach seinem Besuch bei seinem saudischen Amtskollegen Faisal bin Farhan am Donnerstag. Wichtigste Themen waren der Konflikt im Gazastreifen und die möglichen Normalisierungen der Beziehungen zu Israel, die vor allem von den USA stark vorangetrieben werden.
Wahhabitisches Wort hat Gewicht
Grundtenor: Wenn Saudi-Arabien vorangeht, wird die muslimische Welt folgen. Als anerkannter Anführer der „Ummah“, der muslimischen Gemeinschaft, und mit dem König als Hüter der heiligsten Stätten des Islam, Mekka und Medina, hat das Wort des wahhabitischen Königreichs Gewicht.
Der Besuch Mekkas, der sogenannte Haddsch, den jeder Muslim einmal in seinem Leben machen sollte, stellt Saudi-Arabien Jahr für Jahr vor logistische Herausforderungen. Millionen von Muslimen nehmen den Haddsch auf sich, die Organisatoren sind oft heillos überfordert. Um dem Problem Herr zu werden, vergibt Saudi-Arabien Quoten. Jene Länder mit einer muslimischen Minderheit müssen zudem noch an einer Lotterie teilnehmen. Umgekehrt ermöglichten die Saudis vielen muslimischen Eliten wie Gelehrten, Journalisten und Politikern die kostenlose Pilgerreise nach Saudi-Arabien und brachten sie als Gäste des saudischen Königs in Luxushotels unter.
„Vision 2030“
Tatsächlich scheuten sich viele Meinungsführer in muslimischen Ländern, die Saudis zu kritisieren, weil sie befürchteten, dass ihnen die Einreise zur Pilgerreise nach Saudi-Arabien verweigert werden könnte. Diesen Einfluss kann das Königreich zu seinem Vorteil einsetzen – auch wenn es um eine Anerkennung Israels geht. „Saudi-Arabien äußert sich bislang in der Sache nur sehr bedacht“, sagt Schallenberg. Aus Gründen: die „Vision 2030“ – ein gigantisches Wirtschafts- und Infrastrukturprojekt, in das bislang drei Billionen Dollar Investitionen geflossen sind. „Für so ein Projekt braucht man Ruhe in der Region“, so Schallenberg. Der Terroranschlag der Hamas auf Israel am 7. Oktober des Vorjahres sowie die Raketenangriffe der Houthi-Rebellen im Roten Meer sind somit ein gravierender Störfaktor.
Verteidigungsallianz und Atomhilfe für Anerkennung Israels
Vor all diesen Hintergründen versuchen die USA, einen Deal mit Saudi-Arabien zu schließen: eine Verteidigungsallianz, ähnlich wie es die USA mit Japan und Südkorea praktizieren, dazu Unterstützung beim Erwerb ziviler Atomkraft. Der Deal ist zu 90 Prozent durch, heißt es aus dem Weißen Haus. Die Gegenleistung: die Anerkennung Israels. Davon sieht Riad noch ab. Andere arabische Staaten haben bereits ein „Abraham-Abkommen“ geschlossen.
Während die US-Regierung unter Präsident Joe Biden ein bilaterales Abkommen mit Saudi-Arabien anstrebt, das mit einer historischen Normalisierung mit Israel verbunden ist, arbeiten Pentagon-Beamte hinter den Kulissen daran, das zu festigen, was Experten als Eckpfeiler von Washingtons breiterer Nahoststrategie für die kommenden Jahre erhoffen. Die grundlegende Botschaft bei diesen Diskussionen ist, man sei stärker, wenn man gemeinsam handelt.
Iranische Bedrohung schweißt zusammen
Die Idee ist nicht neu. Die Regierungen der US-Präsidenten George W. Bush, Barack Obama und Donald Trump haben alle versucht, die arabischen Staaten zu einer Zusammenarbeit bei der Luftverteidigung zu bewegen. Aktuell heißt es aus dem Weißen Haus, dass es diesmal anders ist. Weil die Golfstaaten nun eine eindeutige Bedrohung durch den Iran und seine verbündeten Milizen erkennen.
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Skepsis bleibt. Der US-Rückzug aus Afghanistan 2021 und die Beendigung der Unterstützung für die von Saudi-Arabien geführte Koalition im Jemen sind im Nahen Osten noch nicht vergessen. Zudem bleibt die Angelegenheit für die arabischen Staaten politisch äußerst sensibel. Noch will man es vermeiden, sich an die Seite Israels zu stellen. Es würde eine neue Ära im Nahen Osten einleiten.
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