Österreich hat es nach zwei Jahren Krieg noch immer nicht geschafft, den Gas-Import aus Russland zu reduzieren, geschweige denn aus diesem auszusteigen. Den Grund dafür sehen die Neos in der Untätigkeit und Uneinigkeit der Regierung. Diese wehrt sich gegen den Vorwurf und nennt bereits getätigte Maßnahmen.
Eine aktuelle NEOS-Anfrage, die der „Krone“ vorliegt, zeigt, dass das Klimaschutzministerium nach zwei Jahren der Diskussionen noch immer keine Einsicht in die OMV-Gazprom-Verträge genommen hat. Die Pinken sprechen von einer ÖVP-Blockade beim Versuch, eine gesetzliche Grundlage für die Einsicht in die Verträge zu schaffen.
„Reines Lippenbekenntnis“
Die Ankündigung von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), zu prüfen, ob die Möglichkeiten vorhanden seien, über den parlamentarischen Weg eines Gesetzes Einsicht in die Verträge zu erhalten, „entpuppt sich als reines Lippenbekenntnis“, kritisiert Energiesprecherin Karin Doppelbauer.
Andere handelten, Österreich nicht
Das grün geführte Klimaministerium hat einen Vorschlag gemacht, wie man Einsicht in Gaslieferungsverträge erhalten könne. Darüber konnte aber keine Einigung mit der ÖVP erzielt werden. Laut Anfragebeantwortung wurde bisher weder intern noch extern eine Überprüfung der Ausstiegsmöglichkeiten aus dem Vertrag zwischen OMV und Gazprom beauftragt. Österreich ist damit tatenlos in der Prüfung der Ausstiegsmöglichkeiten aus dem Vertrag geblieben, während andere westeuropäische Länder ihre langfristigen Lieferverträge wegen des Lieferausfalls 2022 entweder gekündigt – oder rechtliche Schritte gegen Gazprom gesetzt haben.
Neuerlicher Lieferstopp durch Gazprom droht
Aktuell könnte ein Gerichtsurteil zur Pfändung von Zahlungen führen und damit zu einem neuerlichen Lieferstopp durch die Gazprom beitragen. „Die Bundesregierung verschleppt die wichtigste Causa für den Standort Österreich. Seit Kriegsbeginn sind mehr als zehn Milliarden Euro aus Österreich für russisches Gas geflossen. Das Risiko eines Lieferstopps ist massiv gestiegen, weil der einseitige Lieferstopp der Gazprom ein juristisches Nachspiel hat. Gleichzeitig hat es die Bundesregierung verabsäumt, die Unabhängigkeit von Russland zu stärken, die Gasinfrastruktur (WAG-Loop) rasch auszubauen und massiv Druck auf Deutschland zu machen, die schädliche Gasumlage abzuschaffen“, erklärt die pinke Abgeordnete.
Gaspreise steigen wieder an
„Wir machen seit Jahren Druck auf die Bundesregierung, um machbare Diversifizierungsschritte umzusetzen – vom Buchen von Leitungskapazitäten aus Norwegen bis hin zum Ausbau des WAG-Loops scheint es keine Einigkeit zu geben. So gibt es immer noch keinen verbindlichen Zeitplan für die Umsetzung. Das Nichtstun der Bundesregierung zeugt von mangelndem Verantwortungsgefühl. Diese Suppe müssen wieder die Bürger auslöffeln, denn die Gaspreise steigen ob der Unsicherheiten jetzt wieder an.“
Ausstieg erfordert mehrere Schritte
Um die Energiesicherheit Österreichs zu gewährleisten und die wirtschaftliche Stabilität zu sichern, müssten mehrere Maßnahmen ergriffen werden. Die Diversifizierung der Gasquellen sei entscheidend, um die Abhängigkeit von Russland zu verringern und zukünftige Preisschocks abzufedern. Darüber hinaus solle die Bundesregierung auf europäischer Ebene tätig werden, um gemeinsam mit der EU eine rechtliche Grundlage für den Ausstieg aus problematischen Verträgen zu schaffen und den EU-Binnenmarkt für Energie auf den Weg zu bringen: Die deutsche Gasumlage muss viel aktiver und lauter bekämpft werden, weil sie Österreichs Importe verteuert.
Regierung zählt bereits getätigte Schritte auf
Aus der Regierung weist man den Vorwurf der Untätigkeit entschieden und als populistisch zurück: „Die Bundesregierung hat entsprechende Vorkehrungen getroffen und zudem erst kürzlich im Ministerrat ein umfassendes Paket zu leistbarer und sicherer Energie beschlossen, das unter anderem den Bau des Wag-Loops – der Pipeline aus dem Westen – sowie die Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien beinhaltet. Zudem wurden die strategische Gasreserve und die Bereitstellung von Mitteln zur Unterstützung der Beschaffung von nicht-russischem Gas (100 Mio. Euro jährlich) verlängert. Die Bundesregierung geht zudem davon aus, dass die Gasversorger die notwendigen Maßnahmen für mögliche Lieferausfälle getroffen haben“, heißt es aus dem Finanzministerium.
Versorger sollen verpflichtend Vorsorge für Gasausfall treffen
Die Regierungsfraktionen haben im letzten Plenum eine Änderung des Gaswirtschaftsgesetz eingebracht. Versorger werden dazu verpflichtet, Konzepte zu erstellen, in denen getroffene und geplante Maßnahmen in Hinblick auf einen möglichen Ausfall von Gaslieferungen gegenüber der Regulierungsbehörde darzulegen sind. Es handelt sich um eine Verfassungsbestimmung. Daher braucht es eine Zweidrittel-Mehrheit. Also die Zustimmung von SPÖ oder FPÖ.
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