„Gute Entwicklung“
Tausende genetisch veränderte Gelsen freigelassen
Am Donnerstag wurden in Dschibuti Zehntausende gentechnisch veränderte Stechmücken in die freie Wildbahn freigelassen. Dabei handelt es sich jedoch um kein Versehen: Die Insekten sollen dabei helfen, die Ausbreitung einer invasiven Art zu stoppen. Diese droht, afrikanische Städte zu überschwemmen und damit jahrelange Fortschritte bei der Bekämpfung von Malaria zunichtezumachen.
Bei der ausgesetzten Art handelt sich laut der britischen BBC um die nicht stechenden, männlichen Vertreter der „freundlichen“ Anopheles-stephensi-Gelsen, die vom Biotechnologieunternehmen Oxitec modifiziert wurden. Sie tragen ein Gen in sich, das die weiblichen Gelsen abtötet, bevor sie anwachsen können.
Das ist insofern von Vorteil, da nur die weiblichen Vertreter stechen und dabei Malaria und andere Viruserkrankungen übertragen.
Schon mehr als eine Milliarde solche Moskitos unterwegs
Es ist das erste Mal, dass solche Moskitos in Ostafrika freigesetzt wurden, und das zweite Mal auf dem Kontinent. Nach Angaben der amerikanischen Seuchenkontrolle und -prävention (CDC) wurde eine ähnliche Technologie bereits in Brasilien, auf den Kaimaninseln, in Panama und Indien erfolgreich eingesetzt. Weltweit wurde so seit 2019 bereits mehr als eine Milliarde solcher Moskitos freigesetzt.
Die erste Charge der Mücken wurde am Donnerstag in Ambouli, einem Vorort von Dschibuti-Stadt, in die freie Natur entlassen. Es handelt sich um eine Pilotphase im Rahmen einer Partnerschaft zwischen Oxitec, der Regierung von Dschibuti und der NGO Association Mutualis.
Paarungswillige Männchen sollen Krankheiten stoppen
„Wir haben gute Stechmücken entwickelt, die nicht stechen und keine Krankheiten übertragen. Und wenn wir diese freundlichen Moskitos freisetzen, suchen sie nach wilden weiblichen Gelsen und paaren sich mit ihnen“, erklärte Oxitec-Chef Grey Frandsen gegenüber der BBC.
Die im Labor gezüchteten Insekten tragen ein „selbstlimitierendes“ Gen, das verhindert, dass weibliche Nachkommen bei der Paarung bis zum Erwachsenenalter überleben. Nur ihre männlichen Nachkommen überleben, würden aber schließlich aussterben, so die Wissenschaftler, die hinter dem Projekt stehen.
Gefährliche Infektion
Malaria ist eine tödliche Krankheit, an der jedes Jahr weltweit mindestens 600.000 Menschen sterben. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation treten neun von zehn Todesfällen in Afrika südlich der Sahara auf.
Gelsen können noch Nachkommen zeugen
Im Gegensatz zu den sterilen männlichen Anopheles colluzzi, die 2018 in Burkina Faso freigesetzt wurden, können die freundlichen Stephensi-Gelsen noch Nachkommen zeugen. Die Freisetzung ist Teil des Dschibuti Friendly Mosquito Program, das vor zwei Jahren ins Leben gerufen wurde, um die Ausbreitung von Anopheles stephensi zu stoppen, einer invasiven Mückenart, die erstmals 2012 in dem Land entdeckt wurde.
Neue Malariawelle bedroht Afrika
Damals stand das Land kurz vor der Ausrottung der Malaria, als es fast 30 Malariafälle verzeichnete. Seitdem ist die Zahl der Malariafälle in dem Land exponentiell gestiegen und ist bis 2020 auf 73.000 ansteigen. Die Art kommt inzwischen in sechs weiteren afrikanischen Ländern vor – Äthiopien, Somalia, Kenia, Sudan, Nigeria und Ghana.
Die ursprünglich aus Asien stammende Stephensi-Art ist sehr schwer zu bekämpfen. Sie wird auch als städtische Stechmücke bezeichnet, die die traditionellen Bekämpfungsmethoden überlistet hat. Sie sticht sowohl tagsüber als auch nachts und ist resistent gegen chemische Insektizide.
Umweltgruppen warnen
Gentechnisch veränderte Organismen waren in Afrika schon immer ein kontroverses Thema. Umweltgruppen und Aktivisten haben vor den Folgen für Ökosysteme und bestehende Nahrungsketten gewarnt. Argumente, die Oxitec nicht gelten lassen will: In den mehr als zehn Jahren, in denen das Unternehmen schon mit den veränderten Moskitos arbeite, hätten sich noch keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt oder die menschliche Gesundheit gezeigt, betont man.
Herr Frandsen von Oxitec erklärt jedoch, dass in den mehr als zehn Jahren, in denen das Unternehmen, das biologische Lösungen entwickelt, eine Milliarde veränderter Moskitos freigesetzt hat, keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt oder die menschliche Gesundheit festgestellt wurden.
Lösung „umstritten, aber die Zukunft“
„Unser Hauptaugenmerk liegt darauf, sicherzustellen, dass alles, was wir in die Umwelt freisetzen, sicher und hochwirksam ist. Es gibt keine Auswirkungen auf die Umwelt. Sie sind ungiftig, nicht allergen und artspezifisch“, so der Oxitec-Chef weiter. Die gentechnisch veränderten Gene sind nicht im Speichel der Mücken zu finden, und laut Oxitec wird selbst ein Mensch, der von einer Mücke gestochen wird, den Auswirkungen der Gene nicht ausgesetzt sein.
„Diese neue Lösung mag umstritten sein, aber sie ist die Zukunft“, sagte der Gesundheitsberater des Präsidenten, Abdoulilah Ahmed Abdi. Im Erfolgsfall werden bis zum nächsten Jahr größere Feldversuche durchgeführt und die Moskitos schließlich im ganzen Land eingesetzt.
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