Trotz Massenprotesten
Georgien beschließt umstrittenes Anti-EU-Gesetz
Trotz wochenlanger Massenproteste hat das Parlament von Georgien endgültig ein Gesetz zur schärferen Kontrolle von aus dem Ausland finanzierten Nichtregierungsorganisationen verabschiedet. Die neue Regelung wird als Anti-EU-Maßnahme gewertet.
Als letzten Schritt überstimmten die Abgeordneten in Tiflis am Dienstag ein Veto von Präsidentin Salome Surabischwili gegen das Gesetz. Kritiker beklagen, es sei nach russischem Vorbild verfasst und gefährde die EU-Perspektive der kleinen Ex-Sowjetrepublik.
Riesige Proteste gegen Gesetz
Das Gesetz wurde dann mit 84 Ja-Stimmen endgültig verabschiedet, nur vier Abgeordnete stimmten mit Nein. Surabischwili hatte nach der ersten Verabschiedung des Gesetzes zur „ausländischen Einflussnahme“ vor zwei Wochen ihr Veto dagegen eingelegt. Das Thema sorgt seit Wochen für pro-europäische und regierungskritische Massenproteste in Georgien.
Kritiker sehen in dem georgischen Gesetz Parallelen zum Gesetz gegen „ausländische Agenten“ in Russland, das es den dortigen Behörden ermöglicht, massiv gegen regierungskritische Medien und Organisationen vorzugehen. Die „russisches Gesetz“ getaufte Regelung ist nach ihrer Ansicht dazu gedacht, kritische Organisationen mundtot zu machen.
Die EU, die UNO und die NATO riefen die Regierung in Tiflis zum Kurswechsel auf. Die Europäische Union kündigte Konsequenzen an. „Die EU hat wiederholt betont, dass das vom georgischen Parlament verabschiedete Gesetz gegen die Grundprinzipien und Werte der EU verstößt“, teilten der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und die EU-Kommission am Dienstagabend mit. Die Entscheidung werde sich negativ auf Georgiens Weg in Richtung EU auswirken. Die EU und ihre Mitgliedstaaten prüften alle Möglichkeiten, auf die Entwicklungen zu reagieren.
Das österreichische Außenministerium bedauerte die Entscheidung in einer Stellungnahme auf X: „Das ist ein alarmierender Schritt in die falsche Richtung!“ Man unterstütze die Menschen in Georgien und ihren Weg zu einer „europäischen Zukunft“, hieß es.
Die USA haben bereits im Vorhinein Konsequenzen angekündigt. Sie wollen nach Aussage von Außenminister Antony Blinken Visa-Beschränkungen verhängen für „Personen, die für die Untergrabung der Demokratie in Georgien verantwortlich oder daran beteiligt sind, sowie deren Familienangehörige“. Zudem werde die bilaterale Zusammenarbeit zwischen den USA und Georgien auf den Prüfstand gestellt.
Opposition sieht „gedankenlose Politik“
Die Regierungspartei Georgischer Traum verschärft mit dem umstrittenen Gesetz die Rechenschaftspflicht von Nichtregierungsorganisationen, die mehr als 20 Prozent ihres Geldes aus dem Ausland erhalten. Sie begründet dies mit höherer Transparenz. Auch am Dienstag war die Debatte im Parlament wieder von heftigen Vorwürfen von Regierung und Opposition geprägt. Die oppositionelle Abgeordnete Anna Zitlidse warf der politischen Führung eine „gedankenlose Politik“ vor, die den Weg Georgiens in die EU versperre und dem Land viele Probleme bereiten werde.
Georgien ist seit Dezember offiziell EU-Beitrittskandidat. Der aktuellen Regierung wird jedoch vorgeworfen, die ehemalige Sowjetrepublik wieder an Moskau annähern zu wollen.
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