Mosambik

Pestizid-Spritze statt Maschinengewehr

Ausland
03.07.2024 17:31

Jahrzehntelang kämpften Männer im Busch von Mosambik. Endlich ist der Konflikt zu Ende. Österreich unterstützt die Integration von ehemaligen Guerilla-Kämpfern in der Gesellschaft. Sie erhalten Wissen, um ihre Familien als Bauer zu ernähren. Voller Stolz zeigen sie bei einem Lokalaugenschein ihre Ernte.

Langsam und lautlos bewegt sich Justino Jaime Canda durch den dichten Busch von Mosambik – bewaffnet mit einem Maschinengewehr. Jeder Schritt ein sorgfältig kalkulierter Teil seines Überlebensplans. Nur nicht auffallen. Ein Fehltritt und es könnte das Leben des Guerilla-Kämpfers kosten. So schaute das Leben des 64-Jährigen Jahrzehnte lang aus.

Justino Jaime Canda war ein Renamo-Kämpfer im Busch von Mosambik (Bild: Mango Sound & Film)
Justino Jaime Canda war ein Renamo-Kämpfer im Busch von Mosambik

 „Als ich 23 Jahre alt war, wurde ich gefangen genommen und zum Kampf gezwungen“, erzählt der Mann mit leiser Stimme. Bis Juni 2023 gab es in der Provinz Sofala eine Militärbasis. Trotz Friedensabkommens nach Ende des Bürgerkriegs 1992 kam es danach immer wieder zu Konflikten. 2019 folgte ein weiterer Friedensvertrag. Dieser beschloss unter anderem die Eingliederung der sogenannten Renamo-Kämpfer und die ehemalige Rebellentruppe durfte eine politische Partei gründen.

Getrocknetes Gras auf den Feldern schützt die Erde vor Dürre. (Bild: Mango Sound & Film)
Getrocknetes Gras auf den Feldern schützt die Erde vor Dürre.

Außerdem finanzieren Österreich und die EU das Projekt DELPAZ, das ehemaligen Guerilla-Kämpfern bei der Eingliederung in der Gesellschaft hilft. Justino Jaime Canda ist Teil davon.

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Jahrzehnte lang war ich im Busch Guerilla-Kämpfer und lebte in Hütten, die wir aus Blättern und Ästen gebaut haben. Jetzt bin ich Bauer und habe zum ersten Mal mit meiner Familie ein richtiges Zuhause.

Justino Jaime Canda, ehemalige Renamo-Kämpfer

„Jetzt habe ich endlich ein Zuhause. Ich kann mit meiner Frau unsere Kinder aufziehen“, freut sich Justino. Dank DELPAZ weiß er jetzt, wie er Getreide, Obst und Gemüse anbaut. Sein Maschinengewehr tauschte er gegen die Pestizid-Spritze. „Mit einer Wassermischung aus Seife und Knoblauch schütze ich unsere Ernte vor Schädlingen.“

„Ein Leben in Ruhe – mehr wollen die Menschen nicht“
Bei einem Besuch von österreichischen Journalisten zeigen die Kleinbauern ganz stolz, wie sie Humus machen und ihre Ernte vor Dürre-Perioden schützen. Auf einem Markt präsentieren sie ihre Ernte. 10 Metical für eine Avocado – umgerechnet sind das 14 Cent. „Was die Menschen hier wollen, ist ein Leben in Ruhe – mehr wollen sie nicht“, so Michael Butschek, der gebürtige Niederösterreicher ist für das Projekt DELPAZ in Sofala  verantwortlich.

Mosambik

  •  Mosambik ist zehnmal so groß wie Österreich und zählt 33 Millionen Einwohner.
  • Das Land wird von starken Extremwettereignissen heimgesucht.
  • Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 58,3 Jahren.
  • Mosambik gehört zu den zehn ärmsten Ländern der Welt.
  • Seit 1992 ist Mosambik ein Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Finanzielle Mittel der Austrian Development Agency (ADA): rund 35 Millionen Euro.

Österreich unterstützt Friedensprojekt DELPAZ
Die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (ADA) sowie die EU finanzieren das Projekt. Mit 12 Millionen Euro kann landwirtschaftliches Wissen, Saatgut und Equipment weitergegeben werden. Mittels Energie von Photovoltaikanlagen wird Wasser aus dem Fluss gepumpt und die Felder bewässert. Vor allem der Klimawandel – samt Dürren und Zyklonen – macht den Tausenden Bauern zu schaffen.

Justino ist einer von ihnen. Und er ist dankbar dafür: „Meine einzige Sorge gilt dem Feld – nicht ob ich im Krieg sterbe.“

(Bild: Krone KREATIV/APA)
Projekt der TU Wien 
Dürre-Warnsystem hilft Mosambik

Die TU Wien hat unter der Leitung von Mariette Vreugdenhil ein Dürre-Frühwarnsystem in Mosambik entwickelt, das mithilfe von Satellitendaten Ernteeinbußen verhindern soll.

„Trockenheit kann zu Ernteeinbußen führen, insbesondere wenn Pflanzen nicht genügend Feuchtigkeit bekommen“, erklärt Mariette Vreugdenhil. „Normalerweise werden Dürreperioden anhand von Niederschlags- und Temperaturmessungen vorhergesagt. Mit Satelliten können wir jedoch auch direkt den Wassergehalt im Boden messen und somit feststellen, ob den Wurzeln der Pflanzen ausreichend Wasser zur Verfügung steht.“

Mariette Vreugdenhil ist Wissenschafterin an der TU Wien und wertet Satelliten-Daten aus. (Bild: Vreugdenhil )
Mariette Vreugdenhil ist Wissenschafterin an der TU Wien und wertet Satelliten-Daten aus.

„Sentinel-1, ein Satellit des Copernicus Programms, umrundet die Erde in ca. 1,5 Stunden. Es ist ein Radar-Satellit, der Mikrowellen mit sehr niedriger Energie zur Erde schickt. Über die Rückstreuung des Signals können wir beispielsweise den Feuchtigkeitsgehalt des Bodens oder die Eigenschaften der Erdoberfläche berechnen“, sagt Vreugdenhil. „An der TU Wien haben wir Algorithmen entwickelt, um den Wassergehalt des Bodens aus den Sentinel-1-Beobachtungen mit einer noch nie dagewesenen Auflösung zu ermitteln.“

NGOs geben Wissen an Bauern weiter
Das Frühwarnsystem ist nicht nur für wissenschaftliche Zwecke gedacht, sondern auch für praktische Anwendungen vor Ort. „Wir arbeiten mit dem Roten Kreuz, dem Welternährungsprogramm und dem Landwirtschaftsministerium in Mosambik zusammen“, führt Vreugdenhil aus. „Hilfsorganisationen können das Frühwarnsystem nutzen, um Gebiete zu identifizieren, die von einer Dürre bedroht sind. Besonders in Mosambik, wo die Reise in entlegene Gebiete lange dauern kann, ist das sehr nützlich.“

So sieht die Karte mit den ausgewerteten Satelliten-Daten aus (Bild: TU Wien)
So sieht die Karte mit den ausgewerteten Satelliten-Daten aus

Bauern in Mosambik können direkt von diesen Informationen profitieren. „Die landwirtschaftlichen Berater und Hilfsorganisationen können Bauern helfen, Ernteausfälle zu verhindern, oder sie beim Einsatz von Saatgut-Alternativen unterstützen. Alles ist besser als zu warten, bis Dürre zu weitreichenden sozioökonomischen Schäden, wie beispielsweise Ernährungsunsicherheit, führt“, betont Vreugdenhil. „In einigen Gebieten Mosambiks können Bauer ihre Felder bewässern, wenn nicht genügend Regen vorhanden ist. In den meisten Ländern Afrikas ist dies jedoch nicht der Fall.“

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Dank dieser Daten können Kleinbauern die nächste Anbausaison besser planen. Die Ergebnisse zeigen uns, dass die Maßnahmen greifen.

Lisa Leitenbauer, ADA-Büroleiterin in Mosambik

Zyklone und Klimawandel plagen Mosambik
Die Notwendigkeit solcher Systeme wird durch die aktuellen Wetterphänomene in Mosambik unterstrichen. „Das Land ist stark von wetter- und klimabedingten Katastrophen wie Dürren, aber auch von Überschwemmungen aufgrund von Zyklonen wie „Idai“ im Jahr 2019 betroffen. Seitdem wurde das Land von 19 weiteren tropischen Stürmen getroffen“, berichtet Vreugdenhil. „Zusätzlich erwarten wir häufigere „Flash Droughts“, die sich deutlich schneller entwickeln können als normale Dürren. Auch das Klimaphänomen El Niño kann starke Auswirkungen auf die Klimarisiken in Mosambik haben.“

„Derzeit konzentriert sich das Projekt auf ausgewählte Bezirke in den Provinzen Inhambane und Sofala. Langfristig soll das Dürre-Frühwarnsystem in ganz Mosambik bereitgestellt werden“, erklärt Lisa Leitenbauer, Büroleiterin der ADA in Mosambik. Österreich finanziert das System mit 468.000 Euro.

Das Dürre-Frühwarnsystem stellt somit einen wichtigen Schritt zur Unterstützung der landwirtschaftlichen Produktion und zur Minderung der Auswirkungen klimatischer Extremereignisse in Mosambik dar.

Diese Reise wurde zum Teil von der ADA finanziert.

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