Die zweite Runde der French Open hätte bei den Damen beinahe den Sturz der „Königin“ gebracht. Im Duell der beiden erfolgreichsten aktiven Tennisspielerinnen geriet Iga Swiatek gegen Naomi Osaka an den Rand einer Niederlage. Die Polin musste einen Matchball abwehren, an den sich ihrer Gegnerin später nicht einmal mehr erinnerte (!), siegte aber 7:6, 1:6, 7:5 und darf weiter auf den dritten French-Open-Titel in Serie hoffen, ihren vierten insgesamt.
Die „Krone“ berichtet aus Paris
Vier Grand-Slam-Titel auf der einen Seite, vier auf der anderen. Ein nominell hochkarätigeres Damen-Match gibt es im Tennis nicht. Aufgrund Osakas fast zweijähriger Auszeit kam es bei den French Open bereits in der zweiten Runde dazu. Dabei war Swiatek als zweifache Titelverteidigerin und Nummer eins der Welt gegen die Japanerin, die nach ihrer Mutterschaft noch nicht an ihre früheren Leistungen anknüpfen konnte, freilich die klare Favoritin.
Im Vorfeld des Turniers hatte Osaka, die von ihrer Auslosung strikt nur das erste Match anschaut noch gemeint, dass sie verunsichert gewesen wäre, weil viele Leute sie schon auf die mögliche zweite Runde angesprochen hätten. „Ich habe dann mit meinem Team geredet und im Scherz gemeint, es wird doch wohl nicht Iga sein, die wartet“, erzählte die 26-Jährige. „Da haben sie alle nur geguckt.“
Doch die tatsächlich zustande gekommene Partie gestaltete sich wesentlich enger als vermutet. Ein ums andere Mal durchbrach Osaka mit ihren Grundschlägen, die an guten Tagen mit einer für das Damentennis wohl einzigartigen Kombination aus Wucht und Präzision ausgestattet sind, Swiateks starke Defensive. Nach einem ausgeglichenen ersten Durchgang, in dem Osaka einen Satzball vergab, musste der Tiebreak entscheiden, den Swiatek dann allerdings mit 7:1 dominierte.
Swiatek fast hilflos
Doch Osaka steigerte ihr Niveau noch einmal um mindestens eine Stufe. Sie schlug knallhart auf, returnierte konstant mit nahezu perfekter Länge und deklassierte Swiatek im zweiten Satz mit 6:1. Selten hatte man die Polin in „ihrem Reich“ so hilflos gesehen. Es war das erst dritte Mal, dass Swiatek in ihren letzten 16 French-Open-Partien einen Satz verlor. Insgesamt hatte Swiatek seit Anfang 2020 in Roland Garros nur vier von 55 Sätze verloren – aber keinen klarer als 4:6...
In der Entscheidung wollte Swiatek wieder das Heft in die Hand nehmen, hatte prompt drei Breakbälle im ersten Game. Doch Osaka zog sich mit knallharten Aufschlägen aus der Affäre, ballte schreiend die Faust. Im nächsten Game hatte umgekehrt Swiatek drei Spielbälle, dennoch schaffte Osaka das Break zum 2:0.
Jetzt spielte auch der Kopf eine immer größere Rolle. Erneut holte sich die Weltranglistenerste Breakbälle, zunächst drei am Stück, dann noch zwei weitere. Doch Osaka wehrte alle fünf ab, zwei mit Winnern, zwei mit starken Aufschlägen, zog auf 3:0. Swiatek begann mit sich zu hadern, spielte überhastet und machte Fehler.
Aber, auch das zeichnet Championessen aus, Swiatek kämpfte weiter, verkürzte auf 1:3. Bei 3:5, als Osaka auf das Match servierte, holte sie sich noch einmal einen Breakball, doch ihre Gegnerin knallte einen Vorhand-Winner auf die linke Seite. Kurz darauf hieß es Matchball, den wiederum Swiatek stark abwehrte. Der Kampfgeist der Polin wurde belohnt, durch zwei Fehler Osakas breakte sie zurück, hielt dann ihren Aufschlag zum 5:5.
„Unglaubliches Niveau“
In der Schlussphase war die „Königin des Sands“ die konstantere Spielerin. Sie holte sich die letzten beiden Games, siegte also 7:6, 1:6, 7:5, feierte ihren 16. Sieg in Paris in Folge und war bei ihrer Siegeransprache sehr emotional. „Einige wenige Punkte haben entschieden“, entschuldigte sie sich fast bei Osaka.
Nun hat Swiatek nach wie vor die Chance, als erste Spielerin seit Justine Henin von 2005 bis 2007 drei French-Open-Titel in Folge zu gewinnen. „Es war ein Match auf unglaublichem Niveau“, war sie erleichtert, dass es noch einmal gereicht hatte. „Am Schluss habe ich es zum Glück geschafft, voll fokussiert zu sein.“
„Ich hatte Matchball?“
Osaka ging in Tränen vom Platz, konnte aber kurz danach schon wieder lachen. „Ich habe schnell realisiert, dass es wirklich gut war. Letztes Jahr sah ich, als Iga hier den Titel holte und ich schwanger war. Da dachte ich, es wäre einfach cool, wieder in der Lage zu sein, hier zu spielen. Es war ein denkwürdiges Match. So viel Spaß hatte ich noch nicht, seit ich zurück bin.“
Vorwürfe hatte sie sich zurecht keine zu machen. Im Gegenteil: Osaka bewegte sich besser als vor ihrer Pause, zeigte definitiv eine ihrer besten Vorstellungen auf Sand. So fokussiert war sie, nur von Punkt zu Punkt zu spielen, dass sie nicht einmal realisierte, dass sie Matchball gehabt hatte. „Ich hatte Matchball? Das tut weh“, zuckte sie zusammen, als sie das hörte.
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