Kurpark Oberlaa

„Schönbrunn des 20. Jahrhunderts“ ist 50 Jahre alt

Wien
01.06.2024 16:00

Der Kurpark Oberlaa feiert runden Geburtstag: Vor 50 Jahren stand er als „Wiener Internationale Gartenausstellung 1974“ in voller Blüte, inklusive Hochbahn, Vergnügungspark, anderen Attraktionen – und Konflikten, ob man ein „Schönbrunn des 20. Jahrhunderts“ errichtet oder Natur zerstört habe.

Der Kurpark Oberlaa ist heute als Naherholungsgebiet für den Süden Wiens nicht mehr wegzudenken und zur Selbstverständlichkeit geworden. Vor 50 Jahren stand er als zweite Wiener Internationale Gartenausstellung, kurz WIG, nur zahlenden Besuchern offen, sorgte für hitzige stadtplanerische und politische Debatten und war von der Eröffnung am 18. April bis zur Schließung am 14. Oktober Anziehungspunkt für 2,6 Millionen Besucher.

Hochbahn, Vergnügungspark und eine ganze Galaxie für Kinder
Die Besucher bekamen für ihr Geld einiges geboten: Eine eingleisige Hochbahn führte vom Nordeingang bis zum Südeingang über das Gelände, am Rand wurde ein Vergnügungspark aufgebaut, Kinder konnten sich über einen gewaltigen Planeten-Spielplatz freuen, in dem man in luftiger Höhe in gewaltigen Kugeln – die „Sonne“ hatte sechs Meter Durchmesser – herumklettern konnte. Vor allem gab es aber Blumen, Gewächse und Gärten in allen nur denkbaren Formen.

Nur noch wenige Spuren erinnern im heutigen Kurpark an die damalige Gartenarchitektur. (Bild: Wiener Stadtgärten / Christian Houdek)
Nur noch wenige Spuren erinnern im heutigen Kurpark an die damalige Gartenarchitektur.

Die WIG bot wechselnde Pflanzen-Ausstellungen, vor allem aber verschiedene Themengärten. Im heutigen Kurpark finden sich nur noch wenige Spuren davon. Am ehesten in der damaligen Gestalt erhalten sind der Garten am Schwanensee, der als damaliger Party-Garten inklusive Tanzfläche der Jugend gewidmet war, der damalige Paradies- und heutige „Liebesgarten“ und der japanische Garten, dessen Restaurierung jedoch auf einer Initiative aus Japan und nicht aus Wien beruht.

Fundgrube für Hobby-Stadtarchäologen
Stadtarchäologisch interessierte Menschen können noch einige Spuren der damaligen Gestaltung entdecken: Überall, wo jetzt kreisrunde Segmente im Park zu finden sind, befanden sich damals etwa die Nationengärten. Nur noch in – im dichten Gehölz verborgenen – Spuren sind allerdings die Fundamente des größten Aufregers damals erhalten: dem „utopischen Garten“, einer typischen 1970er-Jahre-Extravaganz zweier französischer Architekten, die vor allem aus Stahl und Beton bestand.

Geburtstagsfest

Die Stadt widmet dem Kurpark am 1. und 2. Juni ein zweitägiges Geburtstagsfest mit zahlreichen Aktvitäten und auch einer kleinen Ausstellung zur Geschichte des Kurparks, bei der sich Vergleiche zwischen heute und damals ziehen lassen.

Harsche Kritik an Verbauung von Landschaftsschutzgebiet
Zu viel Stahl und zu viel Beton gab es aus der Sicht von Kritikern allerdings nicht nur im utopischen Garten, sondern bei der Gestaltung der WIG insgesamt. Ursprünglich waren 10.000 Parkplätze geplant, am Ende blieben immer noch 3.500 übrig. Auch die Umgestaltung des vormaligen Landschaftsschutzgebiets, das aber auch als wilde Mülldeponie missbraucht wurde, mit befestigten Wegen und Bauten sorgte für Kritik.

13 Millionen Schilling Defizit

blieben als Bilanz der WIG 1974 in der Stadtkasse übrig, auch weil die Eintrittspreise zur Steigerung der Besucherzahlen gesenkt wurden. Defizitäre Attraktionen wie die Hochbahn, der Vergnügungspark und die aufwändige Bepflanzung der Gärten wurden beim Umbau zum Kurpark abgebaut.

Sogar Kreisky musste zur Verteidigung ausrücken
In einer sehr heutig anmutenden Debatte bemängelten Kritiker, man solle eher an der Begrünung der Innenstadt arbeiten, statt um 600 Millionen Schilling eine Natur- in eine Parklandschaft zu verwandeln. Der damalige Wiener Bürgermeister Leopold Gratz konterte, auch die Bevölkerung in den Außenbezirken hätte ein Recht auf Parkanlagen und selbst Bundeskanzler Bruno Kreisky rückte zur Verteidigung des Projekts aus, indem er es als „Schönbrunn des 20. Jahrhunderts“ pries.

Der ursprüngliche Gedanke hinter der WIG wurde jedoch Realität: Mit der Schaffung der Gartenanlage und der entsprechenden Verkehrsanbindung dafür wollte man nicht zuletzt den Grundstein für die Stadterweiterung im Süden legen. So große Gesten wie die beiden Gartenausstellungen – jene in Oberlaa war die zweite nach der von 1964, die den heutigen Donaupark schuf – leistete sich die Stadt jedoch nie wieder: Pläne für eine WIG 1984 verliefen im Sand.

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