Juristische Attacken machen den Verkauf des Mahü-Klotzes nun noch schwieriger. Der Konkursverwalter sieht sich trotzdem auf der Zielgerade. Dabei hat es die Mariahilfer Straße derzeit ohnehin schwer genug: Leerstände und Obdachlosigkeit prägen das Bild zusehends.
Schon vor Monaten hat sich Clemens Richter, der Masseverwalter des Lamarr-Konkurses, zum Ziel gesetzt: Er will die Ruine auf der Mariahilfer Straße noch vor dem Winter verkauft haben, damit die Gläubiger der Signa-Pleite zu ihrem Recht kommen. Inzwischen hat er jedoch mit neuen Hürden zu kämpfen – der Verkauf wird nun mit juristischen Kniffen torpediert.
Eine Anzeige wird zum Torpedo
Neuerdings findet sich im Grundbuch der bankrotten „Mariahilfer Straße 10-18 Immobilien GmbH“ eine „Streitanmerkung“. Das bedeutet, dass sich jemand um Rechte an dem Gebäude geprellt sieht und deshalb Anzeige erstattet hat. Ein neuer Eigentümer könnte also nicht nur einen Rohbau, sondern auch einen Haufen juristischer Probleme bekommen. Die Anzeige geht auf das Konto der deutschen Supernova-Gruppe, die die kika/Leiner-Immobilien eingesammelt hat – die „Krone“ berichtete. Offenbar spitzt der Immo-Riese auch auf das ehemalige Leiner-Haupthaus in Wien.
Konkursverwalter demonstriert Zuversicht
Die Anzeige hat keine unmittelbaren juristischen Auswirkungen. Sie könnte aber Interessenten abschrecken, so den Verkaufspreis drücken und den Rohbau damit zum Schnäppchen für die Verbleibenden machen. Die Leidtragenden wären am Ende all jene, denen René Benkos Signa Geld schuldet. Konkursverwalter Richter will das nicht hinnehmen. Er ist überzeugt, dass er die Attacke parieren kann. Seine Zuversicht lässt sich juristisch untermauern: Jemand, der ein begründetes Recht auf ein Gebäude hat, würde das mit einer grundbücherlichen Löschungsklage direkt durchsetzen und es nicht bei einer Anzeige belassen.
“Internationale und nationale Interessenten“
Richter hat unterdessen den Kreis der potenziellen Käufer bereits eingeengt: Sie haben ihrerseits unter Beweis gestellt, dass sie das nötige Geld haben, im Gegenzug hat Richter ihnen detaillierte Einblicke in die Dokumente zur Kaufhausruine gewährt. Selbst wenn nun noch Verhandlungspartner abspringen sollten, besteht laut Richter kein Grund zur Sorge, da noch genug andere „internationale und nationale Interessenten“ übrig blieben. Alle hätten eine kommerzielle Nutzung im Sinn, die zumindest ähnlich zum ursprünglichen Konzept sei. Damit ist nicht auszuschließen, dass die Baustelle auf der Mariahilfer Straße im Frühjahr oder vielleicht sogar noch Ende dieses Jahres aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht.
Beschwerden über verlotterte Einkaufsmeile häufen sich
Frischen Wind könnte die Mariahilfer Straße gut gebrauchen. Bettler und Obdachlose, dazu leere Geschäftslokale: „Krone“-Leser beklagen einen Niedergang von Wiens wichtigster Einkaufsmeile. FPÖ-Politiker Leo Kohlbauer spricht von Armut und Obdachlosigkeit, die das „traurige Bild der Mariahilfer Straße“ prägen. Die Wirtschaftskammer hat 2022 exakt 353 Geschäftslokale erhoben, von denen 13 leer standen. Eine neuere Erhebung gebe es nicht, heißt es. Die Plattform freielokale.at wirft derzeit nur sechs Angebote in der Mahü aus. Täuschen die Passanten-Eindrücke?
Indiz für generelles Problem im Handel
Selbst wenn das Problem nicht zunehmen sollte – durch neu hinzugekommene Leerstände im frequentiertesten Abschnitt der Einkaufsstraße wird es jedenfalls sichtbarer. Dazu kommt, dass das Sperren der Winternotschlafstellen Obdachlose nun vermehrt auf die Straße führt. Die Mariahilfer Straße kann jedoch als Beispiel für ein generelles Problem des Handels dienen.
Wie erst zuletzt eine Auswertung des Maklers Re/Max zu Geschäftslokalen zeigte, investieren fast nur noch Diskonter auf der einen Seite und Luxusmarken auf der anderen in den stationären Handel. Die Mariahilfer Straße sitzt damit zwischen den Stühlen, bei dennoch hohen Mieten: 405 Euro pro Quadratmeter zahlt man inzwischen für Geschäftslokale in guter Lage in Wien – mehr als dreimal so viel wie in Salzburg als zweitteuerstem Pflaster Österreichs und mehr als 16-mal so viel wie in Klagenfurt als billigster Landeshauptstadt.
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