Gigi, Dumbo, Winnetou

Plötzlich verboten: Das muss jetzt aufhören!

Politik
03.06.2024 06:00

Der Versuch, mittels Verboten zeitgeschichtliche Kultur zu zensurieren, trifft derzeit die Musik. Momentan geht es um ein Lied aus dem Jahr 1999, weil es Rassisten für sich entdeckt haben. Viele Menschen empören sich jetzt über selbst ernannte „Sittenwächter“.

„Ich werde mit dir fliegen“, heißt es übersetzt im Text eines Liedes, das 1999 weltweit die Herzen unzähliger Musikfans im Sturm eroberte. „L’amour toujours“, herausgebracht vom italienischen Star-DJ Gigi D’Agostino (55), handelt, wie er selbst am Sonntag im großen „Krone“-Interview betonte, „von der universellen Liebe und von Menschen, die sich in den Armen liegen und sich vereint fühlen“.

Rassisten kapern Song
Nun, 25 Jahre nach Erscheinen, liegen sich erneut Menschen in den Armen – allerdings geeint durch einen ganz anderen Gedanken. Wie berichtet, grölten Partygäste auf der Nordseeinsel Sylt, in Kärnten und Niederösterreich rassistische Parolen zu dem Lied. Und ersetzten eine musikalische Sequenz mit „Deutschland den Deutschen. Ausländer raus!“ Ein Skandal, dessen Konsequenzen eigentlich die Beteiligten ausbaden müssten.

Der Song „L’amour toujours“ wurde von Rassisten gekapert. (Bild: APA Pool/Semtainment)
Der Song „L’amour toujours“ wurde von Rassisten gekapert.

Denkt man zumindest. Denn nun muss das der DJ selbst. Große Radiosender spielen seinen Song nicht mehr, auch das Oktoberfest nimmt davon Abstand. Die UEFA verbot der österreichischen Nationalmannschaft, das Lied als Torhymne bei der EM zu verwenden. Die „Cancel Culture“ (siehe Infokasten unten) ist zurück – und das mit einer Wucht, die ihresgleichen sucht. Neu ist das Phänomen allerdings nicht, wie viele Beispiele der vergangenen Jahre zeigen.

Was ist „Cancel Culture“?

  • Entstanden ist der Begriff der „Cancel Culture“ aus einem Internet-Phänomen. 2014 wurde auf Twitter (heute heißt die Plattform X) von „canceln“, also löschen, gesprochen, wenn man mit der Meinung eines anderen nicht übereinstimmte.
  • Der Begriff bezeichnet den Versuch, auf vermeintlich diskriminierende Haltungen oder Aussagen mit einer Ächtung und einem Boykott der betreffenden Personen oder Organisationen zu reagieren.
  • Von den Autoren J. K. Rowling („Harry Potter“) und Literaturnobelpreisträger Peter Handke über Kinderbücher bis hin zu Gigi D’Agostino traf es schon viele.
  • Rechte sehen in der „Cancel Culture“ ein linkes Vorgehen, um unerwünschte Meinungen auszuschalten. Linke denken, dass Konservative den Begriff selbst nutzen, um berechtigte Kritik mundtot zu machen.

Bei Winnetou & Karl May schwappte der Ärger über
Für besonderen Unmut verärgerter Bürger sorgte im August 2022 ein absurder Kampf gegen Winnetou. Buchverlag und ARD waren auf Kriegspfad gegen den legendären Apachen-Häuptling. Die Empörung über die gezielte Hetze gegen Autor Karl May war enorm. „Diese Wokies können mich mal. Karl May ist Teil unserer Kultur, unserer Kindheit, unseres Lebens“, machte Star-Schauspielerin Anja Kruse ihrem Ärger über die geplante Einstellung der Winnetou-Abenteuer mit Pierre Brice und Lex Barker am TV-Bildschirm Luft.

Selbst James Bond wurde zensuriert – also die Romane des Autors Ian Fleming, da diese „rassistische Begriffe und anstößige Passagen“ enthielten. Kein Verständnis dafür zeigt Univ.-Prof. Günther Stocker: „Romane und Erzählungen müssen stets in ihrem geschichtlichen Kontext betrachtet werden“, so der Wiener Literaturexperte, „ist das Buch tatsächlich menschenverachtend, stellt sich die Frage, warum man es überhaupt neu auflegt. Die Praxis des blanken Umschreibens ist eine Entmündigung des erwachsenen Lesers.“

Aber selbst Kinderfilme oder Klassiker wie „Peter Pan“, „Das Dschungelbuch“, „Die Simpsons“ oder „Dumbo“-Zeichentrickfilme fielen der Zensur-Schere zum Opfer, da sie angeblich „viele problematische Szenen“ enthielten …

Das muss aufhören!

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spiele