Was für ein Jahr der Aufregungen – 2019 stürzte innerhalb kürzester Frist zunächst der blaue Vizekanzler Strache, dann die gesamte türkis-blaue Regierung, bald waren Neuwahlen ausgerufen – doch eine Regierung fehlte. Da berief Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes, Brigitte Bierlein, als Chefin einer Beamtenregierung zur ersten österreichischen Bundeskanzlerin. Sie und ihre Regierungskolleginnen und -kollegen erfreuten sich rasch großer Beliebtheit, ihre Amtszeit endete mit dem Start der türkis-grünen Regierung im Jänner 2020. Gestern, genau fünf Jahre nach ihrer Angelobung, starb Brigitte Bierlein nach, wie es in solchen Fällen heißt, „kurzer, schwerer Erkrankung“. Trotz ihrer kurzen Amtszeit: Sie bleibt in Erinnerung - bei weitem nicht nur als erste Bundeskanzlerin.
Unaufgeregtheit als Stärke. „Interviews mit der Kanzlerin sind selten wie ein weißer Rabe“, hieß es am 4. Oktober 2019 in der „Krone“, nachdem Brigitte Bierlein, die erste Bundeskanzlerin Österreichs, mit krone.tv und der „Kronen Zeitung“ gesprochen hatte. Eine charmante Dame saß uns da gegenüber, oder wie ich damals anmerkte: „Bierlein - engagiert, unaufgeregt, sachorientiert“. Im Interview darauf angesprochen, dass sie möglicherweise deshalb so gut bei der Bevölkerung ankomme, weil sie keine altgediente Berufspolitikerin sei, meinte sie, das könne daran liegen, „dass wir sehr sachlich arbeiten, dass wir unaufgeregt arbeiten“. Wichtig sei ihr und der Expertenregierung, „dass man der Bevölkerung und dem Land Ruhe bringt“. Und ganz besonders betonte Bierlein, wie bedeutend für sie der Dialog sei. Dialog - nicht die größte Stärke ihres Vorgängers und Nachfolgers, Sebastian Kurz, nicht die Stärke der meisten aktuellen Politiker. Bierlein dagegen pflegte ihn, wie sie sagte, unter anderem „mit Klimaschutz-Organisationen, Religionsgemeinschaften, mit den Interessenvertretungen“. Und sie stellte klar: „Ich halte den Dialog, nicht nur als Österreicherin, sondern insgesamt, für eines der notwendigen Dinge im Zusammenleben und vor allem im politischen Diskurs.“ Österreich sehnt sich nach Sacharbeit, Ruhe, Besonnenheit und Dialog: Österreich muss Brigitte Bierlein vermissen!
Kommen Sie gut durch den Dienstag!
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