Wegen Suchtgifthandel und unerlaubtem Umgang mit Drogen stand ein Afghane in Graz vor einem Schöffengericht. In nur drei Monaten soll der mehrfach vorbestrafte 38-Jährige drei Kilogramm Heroin und Crystal Meth verkauft haben: „Was ich in meiner Heimat sah, hat mich verändert“
„Es sind bekanntermaßen die am meisten abhängig machenden Suchtmittel, das darf nicht außer Acht gelassen werden“, betont die Staatsanwältin hinsichtlich der geständigen Verantwortung des Angeklagten. „Reumütiger kann ein Geständnis doch bitte gar nicht mehr sein“, entgegnet Verteidiger Michael Reichenvater.
„Kein goldenes Hemd verdient“
390 Gramm hatte der Afghane einem verdeckten Ermittler übergeben und war so ertappt worden. „Mein Mandant hat dann den Handel mit drei Kilogramm gestanden. Er hätte auch schweigen können. Und er hat sich sicher kein goldenes Hemd verdient, sondern seine Sucht und seinen Lebensunterhalt finanziert. Verdient haben nur die serbischen Hintermänner in Wien.“
„Warum sind Sie heute schon das vierte Mal vor Gericht?“, will Richter Andreas Rom von dem Angeklagten wissen. Schwerer Diebstahl, Nötigung, Sachbeschädigung und Drogenhandel stehen bislang auf dessen Agenda. „Das steht alles in Zusammenhang mit meiner Drogensucht“, erklärt der 38-Jährige. 2005 kam er mit seiner Frau aus dem Iran nach Österreich. Inzwischen sind die beiden getrennt, die neunjährige Tochter hat er seit Jahren nicht gesehen.
Ich habe Dinge im Iran gesehen, die mich verändert haben. Ich war aggressiv und depressiv. Die Drogen haben mich beruhigt.
Der Angeklagte
Jobvermittlung im Gefängnis
Schon als Elfjähriger sei er abhängig gewesen. „Ich habe Dinge in meiner Heimat gesehen, die mich verändert haben.“ Er sei aggressiv und depressiv. Die Drogen hätten ihn beruhigt. Erst im September 2023 wurde er enthaftet.
„Im Gefängnis habe ich einen alten Serben kennengelernt, der mir eine Nummer hinterlassen hat, falls ich Interesse an Drogengeschäften habe.“ Rom: „Also eine Jobvermittlung im Gefängnis?“ – „Ja, genau.“ – „Sie wissen aber schon, dass Sie mitverantwortlich sind, wenn dann jemand durch das Heroin stirbt?“, betont der Richter. „Und das war Ihnen offenbar egal.“
Fast 50.000 Euro verprasst
Fast 50.000 Euro lukrierte er durch die Drogengeschäfte in den drei Monaten bis zu seiner Festnahme. „Mir ist aber fast nichts geblieben.“ Auf die Frage, ob er den serbischen Hintermännern noch Geld schulde, nickt der Angeklagte und blickt zu Boden. Angeblich 9000 Euro. Forderungen hätte es deshalb noch keine gegeben. „Spätestens im Vollzug ist das zu befürchten“, schätzt der Verteidiger.
Man muss die Allgemeinheit schützen. Gerade bei Heroin. Schon ein Gramm kann eine Person ins Unglück stürzen.
Die Staatsanwältin
„Ich bin hochbegabt“
„Wenn ich eine Perspektive hätten, würde ich zugreifen. Ich bin hochbegabt“, sagt der Afghane. Er sei Schneider, Taschenmacher, Maurer und Eisenbieger. Wegen seines Asylstatus hätte er nie eine Chance auf Arbeit gehabt.
Nichtsdestotrotz betont die Staatsanwältin zum Schluss noch einmal, dass man die Allgemeinheit besonders bei Heroin schützen müsse. „Schon ein Gramm kann eine Person ins Unglück stürzen.“ Wegen seiner Vorstrafen - vor allem in Bezug auf Drogen - kommt es zu einer Strafverschärfung, was den möglichen Strafrahmen auf 20 Jahre erhöht.
(1a) Ist der Täter schon zweimal wegen vorsätzlicher strafbarer Handlungen gegen Leib und Leben, gegen die Freiheit oder gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, so erhöht sich, wenn er nach Vollendung des neunzehnten Lebensjahres neuerlich eine vorsätzliche strafbare Handlung gegen eines dieser Rechtsgüter begeht, das Höchstmaß der angedrohten Freiheitsstrafe oder Geldstrafe um die Hälfte, höchstens jedoch auf zwanzig Jahre.
„Einsperren hilft nichts“
„Geben Sie mir eine Chance, mein Leben zu ändern“, bat der Afghane den Vorsitzenden und die Laienrichter. „Einsperren hilft nichts, es macht alles schlimmer.“ Das Urteil des Schöffensenats: neun Jahre Gefängnis. Der Verteidiger meldete umgehend Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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