Triest ist keine unbekannte und doch eine unterschätzte Destination: 48 Stunden in der Genussstadt an der Adria, in denen es hoch hinaus und tief hinab in die Unterwelt geht.
Egal, wen man fragt, alle Triester werden eine ähnliche Antwort geben: Diese hier ist eine Stadt der Genießer. Das kann man von vielen Städten in Italien behaupten. Beweis gefällig? „In Triest konsumiert man im Schnitt doppelt so viel Kaffee wie im Rest Italiens – zehn Kilogramm pro Person und Jahr“, erklärt Stadtführerin Emanuela. Ein Drittel aller braunen Bohnen, die in der Kaffee-Nation zu Espressi und Cappuccini werden, kommt im hiesigen Hafen an.
Aber ganz ehrlich: Wer an einem Frühlingsabend durch die Straßen Triests zieht, braucht keine Belege für den Status als Genussstadt. Die Gebäude sehen aus wie im ersten Bezirk, man kann das Meer riechen, die Möwen kreischen hören, in den Gastgärten nippen Ehepaare vor dem Theaterbesuch Aperol Spritz und kuscheln sich in ihre Wollmäntel. Aperitivo ist hier eine Religion.
Seit Venedig Kreuzfahrtschiffe aus dem Hafen verbannt hat und an Wochenenden fünf Euro Eintritt verlangt, zieht der ehemalige Hafen der austro-ungarischen Monarchie immer mehr neue Gäste an. Alleine eine halbe Million kommt mit den großen Schiffen. Trotzdem kann man hier noch am Hauptplatz, der Piazza Unità d’Italia, sitzen und einen Caffè genießen, ohne beim Anblick der Rechnung die Augen reiben zu müssen.
Bei einem Stadtspaziergang begegnet man einem bronzenen James Joyce und einem übergroßen Taler mit Maria Theresias Profil. „Sie hat die alten Salinen aufschütten lassen, wodurch der neue Stadtteil Borgo Teresiano mit dem Canal Grande entstand“, erklärt Emanuela.
Einer der Höhepunkte wartet auf dem Hügel San Giusto: die gleichnamige Kathedrale. Sie zeugt von der bewegten Geschichte der Stadt: zwei frühmittelalterliche Sakralbauten, geschliffen zu einer Kirche im 13. Jahrhundert, mit einem Luster aus Zeiten des Kaisers und einem Mosaik aus der Ära Mussolini. Ganz konträr ist die Wallfahrtskirche Monte Grisa, die von der Stadt aus wie ein Betonklotz aussieht und sich aus der Nähe als genau solcher entpuppt – ein wunderbares Beispiel für Brutalismus mit einem herrlichen Ausblick auf den Golf von Triest.
Die Geheimnisse der Karstregion
Man kann in dieser Stadt ein ganzes Wochenende lang nur „Leute schauen“, essen und trinken – und wird köstlich unterhalten sein. Ein Ausflug ins Hinterland lohnt dennoch und umso mehr, wenn man vor Regen oder extremer Hitze flüchten will. In der Grotta Gigante hat es immer elf Grad. Die Grotte ist der größte touristisch erschlossene Höhlensaal der Welt, wenn auch nur für fitte Touristen: 500 Stufen führen hinab in die Tropfsteinhöhle, 500 wieder heraus.
Als Entdecker Anton Lindner sich im Jahr 1840 auf der Suche nach Wasser hier abseilte und die Grotte entdeckte, muss er sich wie inmitten von Dantes „Inferno“ gefühlt haben, in einer unwirklichen Unterwelt.
ALLGEMEINE AUSKÜNFTE:
www.italia.it; Tourismusverband Friaul-Julisch
Venetien: www.turismofvg.it
ANREISE: von Wien über Graz direkt mit Flixbus, mit den ÖBB direkt oder via Udine.
HOTEL-TIPPS: Das Urban Design Hotel liegt direkt hinter der Piazza Unità, ist modern und bietet tolles Frühstück, ab ca. 200 Euro/Nacht. Die erste Adresse direkt an der Piazza Unità d’Italia ist das historische und prächtige Savoia Excelsior Palace, ab ca. 320 Euro/Nacht im Doppelzimmer.
Die Grotte ist ein Paradies für Hobby-Speläologen. Die Stalagmiten wachsen alle zehn bis 15 Jahre einen Millimeter. „Der höchste misst 12 Meter“, sagt Guide Justin. „Er hat den Spitznamen Rüdiger.“ Fazit, zurück an der Oberfläche: Gutes Beintraining an einem magischen Ort. Vorreservierung empfohlen.
Entdecken macht hungrig. Zum Glück warten in der Karstregion viele Landgasthäuser, sogenannte Locande. In der rustikalen Gaststube der Locanda Mario Draga Sant’Elia herrscht sonntags das Stimmengewirr italienischer Großfamilien, auf den Tellern landen Frösche – richtig gehört – paniert und gebacken. Wie kleine Chicken Wings sehen sie aus. Dazu müssen (!) Patate in tecia dabei sein – eine Art von Bratkartoffeln mit hohem Suchtpotenzial. Der Limoncello ist selbst gemacht, das gehört zum guten Ton.
Das türkisblaue Meer immer im Blick
Was wäre ein Kurzurlaub ohne einen Schnappschuss mit Postkarten-Perfektion? Die beste Adresse dafür ist sicher das Schloss Miramare. Erzherzog Ferdinand Maximilian von Habsburg ließ sich und Charlotte von Belgien – einer Cousine von Queen Victoria – ein Castello bauen, das sich anfühlt, als wäre man auf einem Schiff. Das türkise Wasser im Fenster ist noch schöner als all die Gemälde von Adeligen.
Abends warten Konzerte, ein hochkarätiges Musicalprogramm im Il Rosetti, in der Früh geht es weiter mit Museen, etwa dem avantgardistischen Museum of Art in Fashion der Fondazione ITS, oder der Kunstsammlung im Museum Revoltella. Wer es lieber sportlich mag, schwingt sich auf das (E-)Bike und erkundet weiter den Karst auf dem Radweg Giordano Cottur.
Eines hat aber jedenfalls Priorität: Die Pasticceria La Bomboniera ist genauso süß, wie sie klingt. Kinder drücken ihre Nasen an die Vitrinen voller Kuchen, die der gelernte Österreicher erkennen wird – Sacher, Strudel, Esterházy. Dazu trinkt man morgens Caffè latte um drei Euro, neben jeder Tasse wartet ein Stamperl dickflüssiger heißer Schokolade. Die Triester lieben es zuckrig. Die Tauben auch. So ist das eben in dieser Stadt der Genießer.
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