Parlament stimmte ab
Slowenien erkennt Palästina als Staat an
Slowenien hat Palästina als unabhängigen und souveränen Staat anerkannt. Am späten Dienstagabend billigte das slowenische Parlament mit 52 Stimmen ohne Gegenstimmen die Anerkennung bei einer Sondersitzung.
Die konservative Opposition boykottierte die Abstimmung. Das Geschehen im Parlament wurde von oppositionellen Verzögerungsmanövern begleitet. Erst in der vergangenen Woche hatten Spanien, Irland und Norwegen offiziell einen eigenständigen palästinensischen Staat anerkannt.
Obwohl es zunächst geheißen hatte, dass der Referendumsantrag der rechtskonservativen SDS das Votum um mindestens einen Monat verzögern wird, fanden die Koalitionsparteien Medienberichten zufolge vor der Plenarsitzung in Ljubljana eine Lösung, um die Blockade zu umgehen.
Das Parlament war am Nachmittag zu einer Debatte über den Regierungsbeschluss zusammengekommen, Palästina als unabhängigen und souveränem Staat anzuerkennen. Nachdem die größte Oppositionspartei am Montag den Antrag für eine Volksbefragung über dieses Thema einreichte, hieß es, dass man am Dienstag darüber zwar diskutieren, aber nicht abstimmen wird. Das Votum sollte sich um mindestens einen Monat verschieben. Für die Regierungskoalition sei eine Aufschiebung des Votums keine akzeptable Option, berichtete die Tageszeitung „Delo“.
Die Parteien suchten am Vormittag nach einer Lösung, die eine Abstimmung bereits am Dienstagabend ermöglichen würde. Ursprünglich hieß es, dass das Parlament vor dem Palästina-Votum zuerst über den Referendumsantrag entscheiden muss. Berichten zufolge soll es jedoch auch andere Interpretationen der parlamentarischen Prozedur geben.
Anerkennung bringt Wirbel in den EU-Wahlkampf
Die Anerkennung Palästinas wühlt mittlerweile den EU-Wahlkampf in Slowenien auf. Die konservative Opposition wirft den Koalitionsparteien vor, das Thema für Wahlzwecke auszunützen. Die Koalition kritisiert hingegen, dass sich die rechtskonservative SDS von Israel beeinflussen lasse. Die Partei des slowenischen Ex-Premiers Janez Janša, der als Unterstützer des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu gilt, findet die Anerkennung Palästinas zu diesem Zeitpunkt voreilig und mahnt vor langfristigen Schäden für Slowenien. Die SDS kritisiert, dass die Regierung es mit der Anerkennung eilig habe, um dadurch bei der Europawahl zu punkten.
„Der Vorschlag der Regierung, Palästina zehn Tage vor den Wahlen anzuerkennen, ist eine verwerfliche Ausbeutung toter palästinensischen Kinder für politische Zwecke“, schrieb Janša vergangene Woche auf der Plattform X (vormals Twitter), als die Regierung den Beschluss über die Anerkennung fasste. Mit ihrem Referendumsantrag verschaffe die SDS der Regierung nun zusätzliche Zeit, um sich die Sache gründlich und mit kühlem Kopf zu überlegen, argumentierte nun der Oppositionsführer.
Hitzige Debatte zwischen den EU-Spitzenkandidaten
Die Anerkennung Palästinas wurde am Montagabend auch hitzig in der Fernsehdebatte der EU-Spitzenkandidaten diskutiert. In der scharfen Diskussion im Privatsender POP TV wurde auch eine angebliche Einflussnahme Israels auf die SDS hervorgehoben. Der liberale Europaabgeordnete Klemen Grošelj und sein sozialdemokratischer Parlamentskollege Matjaž Nemec sprachen von einer Einmischung Israels in die slowenische Innenpolitik. Sie bezogen sich dabei auf Äußerungen des israelischen Außenministers Israel Katz auf X.
Katz hatte die slowenische Regierungsentscheidung als Belohnung für die Terrororganisation Hamas kritisiert und betonte unter anderem, dass sie die „enge Freundschaft“ zwischen dem slowenischen und dem israelischen Volk beschädige. „Ich hoffe, das slowenische Parlament lehnt diese Empfehlung ab“, schrieb Katz und fügte Janšas X-Nutzernamen hinzu. „Israels Außenminister hat damit die Handlungen der slowenischen Innenpolitik beeinflusst. Herr Janša hat so gehandelt, wie es ihm von seinen israelischen Kollegen gesagt wurde“, sagte Nemec in der TV-Debatte.
Slowenische Bevölkerung Anerkennung zugeneigt
Einige politische Beobachter sind ebenfalls der Meinung, dass die Regierung die Anerkennungsprozedur unter anderem wegen der Europawahl beschleunigt hat, um die eigenen Wähler zu mobilisieren. Ursprünglich plante sie nämlich eine Entscheidung spätestens bis zum 13. Juni. Es wird nicht ausgeschlossen, dass das Verzögerungsmanöver der SDS liberale und linke Wähler noch zusätzlich motivieren wird. Die öffentliche Meinung in Slowenien ist der Anerkennung Palästinas laut Umfragen nämlich mehrheitlich zugeneigt. Wie der Meinungsforscher Andraž Zorko gegenüber dem Nachrichtenportal „Necenzurirano“ betonte, ist Palästina ein wichtiges Thema für das linke politische Lager. „Was die Migranten für das rechte Lager sind, das ist Palästina für den linken“, sagte er.
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