Immer mehr junge Menschen in Österreich leiden an Typ-1-Diabetes. Dennoch stehen diesen Kindern nicht genug Ressourcen für eine umfassende medizinische Betreuung zur Verfügung. Das hat fatale Auswirkungen auf die Zukunft der Jugendlichen: Schlecht behandelter Diabetes kostet sie etliche Lebensjahre!
„Studien belegen: Wenn im ersten Jahr nach der Diagnose alles gut läuft, werden auch die nächsten Jahre positiv verlaufen und die Familie lernt, den Diabetes zu managen. Mangelt es aber an geeigneter Unterstützung und Betreuung, kommt es das ganze weitere Leben zu Komplikationen im physischen, aber auch im psychischen Bereich“, erklärte Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Fasching, MBA, von der Klinik Ottakring (W) und Präsident der Österreichischen Diabetesgesellschaft (ÖDG) auf einer Pressekonferenz in Wien.
Die Krankheit schadet ein Leben lang
„Erkranken sehr junge Kinder unter zehn Jahren an Typ-1-Diabetes, können die schädlichen Einflüsse der Krankheit lange auf den Körper wirken. Daher haben diese Sprösslinge das höchste Risiko, früher zu sterben“, erläuterte Diabetesspezialistin Ao.Univ.-Prof. Dr. Birgit Rami-Merhar, MBA, Medizinische Universität Wien. „Sie verlieren laut schwedischen Daten ganze 16 Jahre an Lebenserwartung. Daher müssen für diese Patienten früh bessere Maßnahmen ergriffen werden!“
Leider werden hierzulande die Vorgaben der Leitlinien für Betreuungsschlüssel bei Kindern und Jugendlichen mit Typ1 Diabetes strukturell klar verfehlt. In ganz Österreich fehlt es an Stellen für pädiatrische Diabetologen, Diabetesberater, Psychologen, Kinderkrankenpflegepersonen und Ernährungsberater.
Die modernen technischen Hilfsmittel in der Diabetestherapie erleichtern das Leben. Aber jede Technik muss erlernt und verstanden werden. Für diese Betreuung braucht es Personal.
OÄ Priv.-Doz. Dr. Gersina Rega-Kaun, erste Sekretärin der ÖDG, Klinik Ottakring (W)
Prof. Dr. Birgit Rami-Merhar: „Eine österreichweite Umfrage unter allen 34 Diabeteszentren zeigte, dass wir viel zu wenig Personal zur Verfügung haben, um diese umfassende Versorgung zu gewährleisten, nämlich oft deutlich weniger als die eigentlich nötige Hälfte an Personen. Um die Kinder korrekt betreuen zu können, benötigen wir aber mehr multidisziplinäre Teams! Wir fordern daher mehr Ressourcen, denn Diabetes erfordert eine komplexe Therapie!“
Mobile Betreuung als guter Start
Mit einem Pilotprojekt in Graz (Stmk.) wird daher die mobile Betreuung ausgebaut, die bislang nur in Wien im Regelbetrieb läuft und in Tirol sowie Salzburg limitiert angeboten wird. „Es geht darum, den Kindern, aber ebenso den Eltern einen guten Start zu ermöglichen. Und zwar auch für die Zeit nach der Einschulung im Krankenhaus“, so Elisabeth Renner, Obfrau MOKI Steiermark, welche DiAB KIDS Diabetes Assistenz & Beratung leitet. „Wir unterstützen Familien zu Hause, dort wo sie lernen müssen, die Diabetestherapie und alle neuen Abläufe in ihr Familienleben zu integrieren.“
Mit Erfolg: Auswertungen zeigten, dass sich Komplikationen reduzierten, weniger Spitalaufenthalte nötig waren und auch die psychische Belastung abnahm.
Diabetes mellitus Typ 1 ist eine Autoimmunerkrankung, die zu einem Insulinmangel führt. Sie betrifft häufig Kinder und Jugendliche. In Österreich sind rund 3500 junge Menschen bis 14 Jahre betroffen. Die Zahl der erkrankten Kinder und Jugendlichen steigt seit Jahrzehnten kontinuierlich an. Die Krankheit sollte nicht mit der „Volkskrankheit“ Diabetes Typ 2 verwechselt werden, an der über 700.000 Österreicher leiden.
Die Mobile Betreuung schult außerdem pädagogisches Personal in Kindergarten, Volksschule und Hort, um den kleinen Patienten und ihrem Umfeld einen guten Start außerhalb der Familie zu ermöglichen. Das resultiert nachweislich in einer besseren Integration der Kinder in die Gruppen und Klassen und gleichzeitig konnte den Pädagogen die Angst vor der komplexen und unbekannten Krankheit genommen werden. So tritt etwa der gefürchtete Unterzucker („Hypo“) aufgrund der heutigen modernen Therapie-Pumpensysteme viel seltener auf als früher.
Gegen die Ausgrenzung von Typ-1-Diabetikern
Oft sind dann sogar nur wenige Besuche von Diabetesberatern vor Ort notwendig, um große Probleme im Miteinander zu vermeiden und vor allem einer Stigmatisierung des Sprösslings entgegenzuwirken.
Mehr Planstellen gefordert
Um allen jungen Diabetes-Patienten einen idealen Start in ein gutes Leben mit der Krankheit zu ermöglichen, fordert die Österreichische Diabetes Gesellschaft daher eine Erweiterung der Planstellen in allen Bereichen der Versorgung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Diabetes mellitus Typ 1 – von der ersten Diagnose, über die Betreuung im pädiatrischen Diabeteszentrum und zu Hause bis zum Übergang in die Erwachsenen-Medizin (Transition).
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