Wilder Streit ums Geld

Gesundheitsreform steht auf der Kippe

Politik
06.06.2024 13:10

Kann der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern nachträglich noch scheitern? Die Verhandlungen über die Umsetzung der Gesundheitsreform sind ins Stocken geraten. Die Länder haben dem Bund ein Ultimatum bis Ende Juni gestellt. Daraufhin hat Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) für morgen Freitag völlig überraschend eine Sondersitzung der Zielsteuerungskommission einberufen.

Manche Länder fühlen sich von Rauch provoziert und orten ein wahlkampftaktisches Manöver, denn der Minister plant nach der Sitzung eine Pressekonferenz ohne Absprache. „Das ist ein merkwürdiges Vorgehen. Der Minister will sich offenbar abfeiern lassen“, so ein Insider zur „Krone“. Was noch dazukommt: ÖGK-Obmann Andreas Huss, der für die Kasse die Verhandlungen führt, ist gerade auf Urlaub.

Ministerium spielt Konflikt herunter
Im Ministerium versucht man, den Konflikt herunterzuspielen. „Das Ziel morgen ist die Umsetzung der Gesundheitsreform.“ Die Summen sind mit dem Finanzausgleich schon fixiert, nun gehe es darum, „ein Regelwerk zu schaffen: Wie kann man die Mittel verwenden, welche Projekte werden angerechnet, was muss man an Nachweisen erbringen über die Mittelverwendung etc.“, heißt es aus dem Ressort auf Anfrage der „Krone“.

In den kommenden Jahren fließen fünf Milliarden
Es geht um eine Milliarde Euro jährlich in den kommenden fünf Jahren. In der letzten Sitzung der Bundeszielsteuerungskommission Ende April, in der Maßnahmen hätten fixiert werden sollen, wurden alle Punkte vertagt.

Es spießt sich in mehreren Bereichen: Unter anderem sind 90 Millionen Euro zusätzlich für Impfungen vereinbart. Der Bund wolle aber nach Angaben der Länder in diese Summen die Corona- und die Influenza-Impfung, die bisher vom Bund gezahlt wurden, hineinpacken. Damit würden diese Impfungen künftig zu einem Drittel vom Bund, von den Ländern und von der Kasse bezahlt werden. Der Bund würde sich damit Geld sparen. „Wir wollen aber das Geld dafür nutzen, um alle derzeit empfohlenen Impfungen, die kostenpflichtig sind, kostenlos zu machen“, heißt es etwa aus der Stadt Wien.

Gesundheitsminister Rauch (li.) und Wiens Gesundheitsstadtrat Hacker liegen immer wieder im Clinch. (Bild: APA, Krone KREATIV)
Gesundheitsminister Rauch (li.) und Wiens Gesundheitsstadtrat Hacker liegen immer wieder im Clinch.

Kosten auf andere abschieben?
Diskussionen gibt es auch um die Nutzung von MRTs. Die Zahl der Geräte in Österreich ist zwar hoch, die der Untersuchungen aber noch höher. Mit 159 Untersuchungen je 1000 Einwohner pro Jahr ist Österreich europäischer Spitzenreiter. Dabei ist von 2015 bis 2021 die Zahl der MRT-Untersuchungen im Spitalsbereich de facto unverändert geblieben. Im niedergelassenen Bereich hat sie um 60 Prozent zugenommen.

ÖGK-Obmann Huss will die Geräte in den Spitälern intensiver in Anspruch nehmen. Das würde wiederum mehr Kosten für die Länder bedeuten, weil diese die Spitäler finanzieren. Folglich pochen die Länder auf mehr kassenfinanzierte MRTs. In vielen Privatpraxen würden diese nämlich wenig genutzt herumstehen. Überlegungen der Kasse, MRT-Untersuchungen chefarztpflichtig zu machen, lehnen die Länder ab.

Österreich ist beim medizinischen „Fotografieren“ europäischer Spitzenreiter. (Bild: weerayut/stock.adobe.com)
Österreich ist beim medizinischen „Fotografieren“ europäischer Spitzenreiter.

Zeit drängt wegen bevorstehender Nationalratswahl
Bei der Umsetzung der Reform soll grundsätzlich ein Fokus auf der Erweiterung der Angebote im kassenärztlichen Bereich sowie bei den Primärversorgungseinheiten liegen. Der Fluss von Zahlungen ist an die Umsetzung der Reformen gebunden. Gibt es keine Einigung, könnte es auch kein Geld für die Länder geben. Die Zeit drängt, denn die Nationalratswahl Ende September und die folgende Regierungsbildung machen einen Beschluss für heuer dann schwierig.

Rauch gesteht Scheitern bei Pflegereform
Der aktuelle Streit zeigt einmal mehr, wie schwer sich Österreich wegen des Föderalismus in manchen Bereichen mit Reformen tut. Die Situation ist auch bei der Pflege ähnlich. Rauch hat erst kürzlich ein Scheitern bei der Pflegereform eingestanden und eine Bündelung der Kompetenzen beim Bund gefordert. „Wir haben das zentrale Problem, dass wir eine gemeinsame Finanzierung in einem zersplitterten System nicht hinbekommen haben. Das ist richtig. Wir haben uns jetzt mit einer Krücke beholfen, nämlich dem Finanzausgleich. Aber wenn Sie mich fragen, eine nächste Regierung wird sich wohl darüber unterhalten müssen, ob wir nicht endlich eine Bundesstaatsreform schaffen“, so Rauch.

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