Nach tödlicher Attacke
Scholz will „Gefährder“ an die Taliban ausliefern
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz will die Abschiebung von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien wieder ermöglichen. „Solche Straftäter gehören abgeschoben – auch wenn sie aus Syrien und Afghanistan stammen“, sagte Scholz am Donnerstag im Bundestag. Wie das rechtlich genau gehen soll, sagte der deutsche Kanzler nicht.
Scholz verwies darauf, dass das Innenministerium nach „rechtlich und praktisch tragfähigen Wegen“ suche, wie man die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan ermöglichen könne.
Terror-Verherrlichung nicht dulden
Das Ministerium sei auch mit Nachbarländern Afghanistans im Gespräch. Man werde es nicht länger dulden, wenn terroristische Straftaten verherrlicht und gefeiert werden. „Deshalb werden wir unsere Ausweisungsregelungen so verschärfen, dass aus der Bildung terroristischer Straftaten ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse folgt“, sagte Scholz. „Wer Terrorismus verherrlicht, wendet sich gegen alle unsere Werte und gehört auch abgeschoben.“
„In solchen Fällen wiegt das Sicherheitsinteresse Deutschlands schwerer als das Schutzinteresse des Täters“, begründete der Ampel-Regierungschef den Vorstoß. „Schwerstkriminelle und terroristische Gefährder haben hier nichts verloren“, sagte er.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) pflichtete Scholz bei. „Wir müssen rechtliche Möglichkeiten schaffen, um Straftäter, Gefährder und Verherrlicher von Terrorismus abzuschieben, auch nach Afghanistan und Syrien“, schrieb er in einem Post auf X (siehe unten). Man werde in dieser Frage die enge Zusammenarbeit mit Deutschland suchen.
„Zeit der Ankündigungen ist vorbei“
„Die Zeit des Warnens und des Verurteilens, des Abwiegelns und der Ankündigungen, diese Zeit ist jetzt vorbei“, reagierte Oppositionsführer Friedrich Merz im Bundestag auf die Rede von Scholz. „Die Menschen erwarten, dass wir handeln. Sie erwarten Entscheidungen. Sie warten auf eine klare, unmissverständliche Antwort der Politik“, so der CDU-Chef.
Ein Afghane hatte am vergangenen Freitag in Mannheim fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bewegung Pax Europa sowie einen Polizisten mit einem Messer verletzt. Der Beamte erlag später seinen Verletzungen. Der Angriff hatte eine Debatte über eine Lockerung des Abschiebeverbots nach Afghanistan ausgelöst.
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel gab der Regierung eine politische Mitverantwortung für den tödlichen Messerangriff. Der Polizistenmörder sei ein Musterbeispiel für das migrationspolitische Versagen dieser Regierung und ihrer CDU-geführten Vorgänger, sagte Weidel.
Koalitionspartner skeptisch
Mit den Grünen ist aber einer der beiden Koalitionspartner der SPD skeptisch, ob die Abschiebungen wirklich möglich sind. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock befürchtet, dass abgeschobene Islamisten auch von dort aus Terroranschläge planen könnten. Die ebenfalls regierende FDP unterstützte hingegen einen schärferen Kurs bei Abschiebungen. „Wer hier bei uns islamistisch motivierte Straftaten begeht, von Volksverhetzung und Judenhass bis hin zu schweren Gewalt- und Tötungsdelikten, bedarf offenkundig keines Schutzes vor islamistischen Regimen“, sagte Fraktionschef Christian Dürr.
Seit Taliban-Machtübernahme keine Abschiebungen
Seit der Machtübernahme durch die radikal-islamistischen Taliban in Kabul im August 2021 schickt Deutschland niemanden mehr nach Afghanistan zurück. Schon in der Zeit davor hatte man sich wegen der damals schon schwierigen Sicherheitslage darauf verständigt, nur Männer – und vor allem Straftäter und sogenannte Terror-Gefährder – unter Zwang nach Kabul zu bringen.
Zu den vielen Menschen aus Syrien und Afghanistan, die in den vergangenen zehn Jahren als Asylbewerber nach Deutschland gekommen sind, zählen auch einige, die inzwischen in der Bundesrepublik schwere Straftaten begangen haben oder denen die Polizei zutraut, einen Terroranschlag zu begehen. Obwohl die gesetzlichen Hürden für die Abschiebung jener, von denen eine potenzielle Gefahr ausgeht, niedriger sind als bei anderen Ausreisepflichtigen, gibt es rechtliche und praktische Schwierigkeiten
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