Im Hof verprügelt

16-Jähriger hilft Mädchen, wird seitdem verfolgt

Wien
06.06.2024 19:00

Dass er einem Mädchen half, das geschlagen wurde, wurde Fabian E. zum Verhängnis. Seitdem traut er sich nicht mehr, alleine die Wohnung zu verlassen. Aber auch an Schulen nimmt Gewalt und Mobbing zu. Ein Projekt kämpft dagegen an – mit ersten Erfolgen.

Fabian E. tat das, was viele Erwachsene nicht tun würden. Der 16-Jährige bewies Zivilcourage, als er im Hof seines Gemeindebaus im 22. Bezirk mitbekam, dass ein kleines Mädchen von einem älteren Burschen geschlagen wurde. Er schritt ein. „Das ist meine Schwester, und die kann ich schlagen, wann ich will“, gab ihm der 19-jährige Tschetschene zur Antwort. Aber das war noch nicht alles.

In Ehre verletzt?
Anscheinend fühlte sich der große Bruder in seiner Ehre verletzt, sodass er E. und dessen Freund mit einem zweiten Jugendlichen verfolgte und ihn schließlich in einem Durchgang stellte. Dort wurde Fabian nicht nur verprügelt, sondern auch mit einem Messer an Arm und Ohr geschnitten.

In dieser Parkanlage geschah die Tat. (Bild: klemens groh)
In dieser Parkanlage geschah die Tat.

Seine Mutter Sarah E. ging sofort zur Polizei, erstattete Anzeige, die der „Krone“ vorliegt, sammelte Beweise. Dank ihrer Unermüdlichkeit haben andere Burschen, die selbst Angst vor den Tätern haben, mittlerweile bei der Polizei ausgesagt, erzählt Sarah E.

Therapie als Folge
Doch das Martyrium ist für ihren Sohn noch nicht vorbei, täglich wird versucht, ihn in den Hof zu locken. „Mein Papa fährt mich in die Lehre und holt mich ab“, schildert der 16-Jährige, der nach der Tat auch in Therapie ist, sich nicht mehr alleine raustraut.

Keine falsche Rücksichtnahme
Unterstützung kommt von FPÖ-Chef Dominik Nepp, auch bei der Suche nach einer neuen Gemeindewohnung, die Familie will unbedingt weg. Nepp: „Der Wahnsinn muss ein Ende finden. Keine falsche Rücksichtnahme gegenüber Tätern.“

Projekt gegen Gewalt und Mobbing
„Wer gemobbt wird, will nicht mehr in die Schule“

Gewalt, Missgunst, Mobbing stehen auch an Schulen leider an der Tagesordnung. Ein Projekt der Stadt will dagegen angehen – und zeigt erste Wirkung.

An Orten, an denen viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen, entstehen Konflikte. Davon ausgenommen sind auch oder gerade Schulen nicht. Aktuelle Statistiken malen ein erschreckendes Bild: So hat sich die Zahl der Straftaten an Wiens Schulen von 2021 auf 2023 von 962 auf 1932 mehr als verdoppelt. Ab Herbst wird es an allen Schulen des Landes ein verpflichtendes Kinderschutzkonzept geben.

Die Vizebürgermeister Wiederkehr und Gaál (3. Reihe) begrüßten die teilnehmenden Schüler des Projekts „Respekt“ . (Bild: Stadt Wien/Martin VOTAVA)
Die Vizebürgermeister Wiederkehr und Gaál (3. Reihe) begrüßten die teilnehmenden Schüler des Projekts „Respekt“ .

Gemeinsam stärker
Die Stadt selbst geht aber auch eigene Wege, etwa mit ihrem Projekt „Respekt: Gemeinsam stärker“, das gestern im Rathaus seinen Abschluss fand. In diesem Schuljahr beteiligten sich zehn Mittelschulen, um gemeinsam mit dem Verein der Wiener Jugendzentren Hilfestellungen bei Problemen verschiedenster Art, wie Gewalt und Mobbing, an Schulen zu erarbeiten – mit Theaterstücken oder Rollenspielen.

„Natürlich ist Mobbing ein Thema“, erzählt Ella Marek, Integrationslehrerin an einer Mittelschule in Floridsdorf. Schüler, die davon betroffen seien, würden nicht nur ausgegrenzt, sondern auch noch nach der Unterrichtszeit via soziale Medien beleidigt und bloßgestellt werden. „Das geht so weit, dass sie gar nicht mehr in die Schule kommen“, so die Pädagogin.

Die 3. Klasse einer Mittelschule in Neubau. (Bild: Reinhard Holl)
Die 3. Klasse einer Mittelschule in Neubau.

Die Alphatiere
In einer Mittelschule im 7. Bezirk ist es nicht anders. „Ich kenne einen Burschen von der Nebenklasse, der noch nicht so gut Deutsch kann. Deswegen wird er gemobbt“, schildert der 14-jährige Max. Er selbst kam erst vor Kurzem in diese Schule. „Am Anfang war es wirklich schwer.“ Laut seinem Klassenlehrer sei er aber nach kurzer Zeit aufgeblüht, selbstbewusster geworden. Das ist vielleicht auch nötig, immerhin hat seine 3. Klasse den Spitznamen „Wölflinge“ und jeder Bursche will das Alphatier sein.

„Die Lehrer haben Angst, zu uns in die Klasse zu kommen“, lacht einer der Wölflinge. Dafür kamen allein sechs Schüler in diesem Jahr neu hinzu. Vielen Jugendlichen ist gar nicht bewusst, welchen Schaden sie mit ihrem Verhalten anderen gegenüber anrichten. Hussain etwa hat in dem Schulprojekt gelernt, dass viele still leiden und sich nicht wehren, wenn sie gemobbt werden. Für Amelie und die meisten anderen war die wichtigste Lektion der Zusammenhalt, weil davon alle profitieren.

Ajla und Amelie machte das Theater und der Tanz am meisten Spaß. (Bild: Reinhard Holl)
Ajla und Amelie machte das Theater und der Tanz am meisten Spaß.

Gleichberechtigung stärken
Aber auch Gleichberechtigung ist ein großes Thema, das vor allem Vizebürgermeisterin Kathrin Gaál (SPÖ) am Herzen liegt. Lehrerin Marek: „Wir schauen darauf, dass die Anzahl an Burschen und Mädchen halbwegs ausgeglichen ist in einer Klasse – damit es nicht in die falsche Richtung kippt.“ Denn auch das komme vor.

Letzte Station Jugendamt
Wenn nichts mehr hilft, muss aber das Jugendamt eingreifen. Leons Mitschüler etwa war seit der 1. Klasse Mittelschule aggressiv, es gab keine Verbesserung – bis sich zwei Jahre später das Jugendamt einschaltete. Solche Fälle sollen mit dem Projekt verhindert werden. Jugendstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos): „Gewalt, Missgunst und Mobbing müssen aus den Klassenräumen verschwinden.“

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