Mirage-2000 statt F-16

Frust in Kiew über Biden: Darum springt Macron ein

Ukraine-Krieg
08.06.2024 06:00

Die Ankündigung von Präsident Emmanuel Macron kam überraschend. Er versprach der Ukraine, bis Ende des Jahres Mirage-Kampfflugzeuge liefern und die Piloten dafür in Frankreich ausbilden zu lassen. Auslöser dafür dürfte der Frust in Kiew über die verzögerte Lieferung der F-16-Jets aus den USA sein – weil Präsident Joe Biden weiterhin zaudert.

Sollte die Mirage-Lieferung für die Ukraine Wirklichkeit werden, wäre das von großer Bedeutung, meint Jeffrey Fischer, Oberst der US-Luftwaffe im Ruhestand, gegenüber krone.at. Denn damit höre Kiew auf, Druck auf die USA zu machen, sie solle „einfach nur F-16 zu beschaffen“, so der Militärexperte. Schon mehrfach gab es Verzögerungen bei den viel zitierten F-16-Jets. Nun reichte es Selenskyj offenbar. Er kritisierte vor wenigen Tagen, öffentlich, dass es viel zu wenig Ausbildungsplätze für ukrainische Piloten gebe.

Andere Länder bei Ausbildung bevorzugt
Denn die USA bevorzugen Friedensnationen bei Ausbildungsplätzen für die F-16-Kampfjets, obwohl die Ukraine sich im Krieg befindet, erklärt Fischer unter Berufung auf Entscheidungsträger bei der US-Luftwaffe. Das sei „nicht zu fassen“ heißt es dort hinter vorgehaltener Hand. Hintergrund dürfte das Zögern von US-Präsident Joe Biden sein, der weiterhin eine russische Eskalation fürchtet, wenn man der Ukraine Kampfjets liefert, die weniger kontrollierbar sind als etwa die bereits gelieferten Raketensysteme.

Ein französischer Mirage-Pilot: Frankreich soll nun Ukrainer an dem Kampfjet ausbilden. (Bild: APA/AFP/SEBASTIEN BOZON)
Ein französischer Mirage-Pilot: Frankreich soll nun Ukrainer an dem Kampfjet ausbilden.

Zwar birgt ein zweites Kampfflugzeug das Risiko, dass man dafür mehr Personal, Logistik und Ausbildungsstunden braucht. Bei der F-16 als meisterverkauftes Kampfflugzeug der Welt ist das viel einfacher. Aber nun habe die Ukraine das langsame Tempo der US-Lieferungen satt, analysiert Fischer.

Mirage sollen noch heuer fliegen
Laut Macron soll diesen Sommer das Training ukrainischer Piloten an den Mirage-2000-5-Jets in Frankreich beginnen. Das dauere fünf bis sechs Monate. Der Zeitplan, dass Flugzeuge und Piloten bis Ende des Jahres im Ukraine-Krieg einsatzbereit sind, könnte also halten.

„Ihre Kampfflugzeuge, die von ukrainischen Piloten geflogen werden, werden beweisen, dass Europa stärker ist als das Böse, das es bedroht“, erklärte Selenskyj am Freitag bereits vor Abgeordneten der französischen Nationalversammlung.

Die Macron-Zusage könnte der ukrainische Präsident nun bei den USA als Druckmittel verwenden, um den Einsatz von F-16-Kampfjets zu beschleunigen. „Mal sehen, ob auf magische Weise Ausbildungsplätze frei werden“, meint Militärexperte Fischer. Biden bemühte sich am Freitag bei einem Treffen mit Selenskyj in Paris bereits, die Wogen zu glätten. Der US-Präsident entschuldigte sich für den monatelangen Stopp von Waffenlieferungen, verursacht durch die Blockade der Republikaner – ein Problem, das inzwischen gelöst sei.

Selenskyj und Biden am Freitag in Paris (Bild: APA/AFP/SAUL LOEB)
Selenskyj und Biden am Freitag in Paris

„Werden Kiew nicht im Stich lassen“
Biden versicherte Selenskyj, Amerika werde Kiew „nicht im Stich lassen“. Die Ukraine sei ein „Bollwerk“ gegen die Aggression Russlands, und die USA hätten eine Verpflichtung, Kiew zu unterstützen. „Ich versichere Ihnen, die Vereinigten Staaten werden an Ihrer Seite stehen“, betonte er. „Wir sind voll und ganz dabei.“

Unklar ist noch, wie viele Mirage-Jets Frankreich liefern will. Macron wollte dazu – mit dem Verweis auf eine Koalition von Partnern, die man aufbaue – keine Angaben machen. Frankreichs Militär hat aktuell gut 100 Mirage-Kampfflugzeuge im Einsatz. Es sind die ältesten Kampfjets der französischen Luftwaffe, die bevorzugt ihre rund 100 modernere Rafale-Kampfjets verfügt.

Fraglich ist auch, auf welche Weise die Mirage-Flugzeuge den ukrainischen Verteidigern nützen sollen. Denn die Mirage sei für die Luftverteidigung konzipiert worden, für gezielte Schläge auf russische Positionen eigne sie sich nicht wirklich, erklärt der französische Sicherheitsexperte Elie Tenenbaum vom Pariser Institut für Internationale Beziehungen (IFRI) der Tageszeitung „Le Monde“. Die Lieferung zeige aber „den Willen Frankreichs, die Ukraine mit einer echten Luftverteidigungskapazität auszustatten.“

Schwedische Aufklärer als Joker
Wichtig ist also, dass die ukrainischen Streitkräfte überhaupt Kampfflugzeuge bekommen. Daher sei es auch nicht zielführend, die Mirage-2000 mit den russischen Kampfjets zu vergleichen, betont Fischer. Vielmehr sei entscheidend, wie sie eingesetzt werden. Sowohl die F-16 als auch die Mirage 2000 würden im Einsatz von Aufklärungsflugzeugen vom Typ „Wedgetail“ unterstützt werden, die von Schweden geliefert werden.

„Echtzeitdaten der russischen Luftkampfführung landen dann wahrscheinlich in Cockpits der ukrainischen Kampfflugzeuge, während die Piloten ihre Radarsignale selbst geheim halten können“, erläutert der in Österreich lebende Militärexperte. Zwar verfüge die russische Luftwaffe selbst über A-50-Flugzeuge mit der gleichen Fähigkeit, habe es aber nicht geschafft, diese effektiv zu nutzen: Zwei dieser Aufklärungsflugzeuge wurden in der Ukraine bereits abgeschossen.

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