Nicht nur für Tierfreunde ist es ein Skandal, was sich auf politischer Ebene abspielt. Denn nach unzähligen Gesprächen und Verhandlungen ist man in Sachen Tierschutznovelle nach drei Jahren noch immer nicht am Ziel. Trotz vollmundiger Lippenbekenntnisse und dem Versprechen auf „Hochtouren“ daran zu arbeiten, steigt die Kanzlerpartei offenbar schon wieder auf die Bremse.
Anstatt die dringend notwendigen verschärften Bedingungen im „Heimtierpaket“ noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen, stehen die Zeichen sogar auf Rückschritt. So wurde etwa ein ursprünglich vereinbartes Kastrationsgebot bei Qualzuchtrassen im vorliegenden Entwurf wieder aufgeweicht.
Doch woher der Sinneswandel, der längst nicht den Willen der Wähler widerspiegelt? Tierschützer sehen wirtschaftlich motivierte Interessensgruppen wie beispielsweise den Hunde-Dachverband ÖKV als Zünglein an der Waage. ÖKV-Chef Philipp Ita soll seine enge Verbindung ins Kanzleramt gnadenlos ausspielen, da seinen zahlenden Mitgliedern manche geplanten Änderungen ein Dorn im Auge sind.
„Es ist demokratiepolitisch verwerflich, dass die ohnehin weichgewaschene Kompromiss-Lösung für die Heimtiernovelle weiterhin blockiert wird“, kritisiert die Wiener Tierschutzombudsfrau Eva Persy. Es bleibt die Hoffnung, dass die Kanzlerpartei einlenkt, und das Paket am Mittwoch beschlossen wird. Denn im Wahlkampf kommenden Herbst würde ein ungelöstes Tierschutzpaket der Kanzlerpartei wohl nicht zum Vorteil gereichen.
Das sind die Knackpunkte:
Hundeausbildung: Strengere Regeln bei Schutzhunden
Die Österreicher wollen keine privaten „Beißmaschinen“. Deshalb muss die Ausbildung besser geregelt werden. Bis dato darf man ohne verpflichtende Schulungen Hundetrainer werden. Jeder, der Gefallen daran findet, kann seinen Hund auf „scharf“ abrichten. Auch hier lässt der ÖKV (Österreichischer Kynologenverband) nichts unversucht, um das Gesetz abzuschwächen.
Bessere Zucht: Der Handel mit Tieren nimmt zu
Wer Hunde oder Katzen züchtet, braucht dafür weder eine Ausbildung noch besondere Vorkehrungen. Das muss dringend verschärft werden. Und eigentlich sollte dies von seriösen Züchtern unterstützt werden. Dennoch versucht der ÖKV hier (Dank seiner Nähe zum Bundeskanzler) wegweisende Verbesserungen zu verhindern. Ein Schelm, der Böses dabei denkt!
Tiertransporte: Auch auf EU-Eben verzögert ÖVP
Die EU-Kommission hat einen Vorschlag für schärfere Regeln bei Tiertransporten vorgelegt. Tausende Rinder werden auf schrottreifen Schiffen bis nach Afrika transportiert. Aber auch auf EU-Ebene erleben wir Verzögerungstaktiken der Konservativen. „Jede Verbesserung im Tierschutz wird derzeit von der ÖVP verhindert“ so der EU-Abgeordnete Thomas Waitz.
Kanzlerpartei stellt unlautere Bedingungen für Zustimmung
Mit den Vollspaltenböden gibt es neben der Tierschutznovelle und dem Renaturierungsgesetz einen weiteren tiefen Graben zwischen den beiden Regierungsparteien. „Die Blockade der ÖVP bei allen Vorhaben im Tierschutz ist für mich völlig unverständlich“, so Tierschutzminister Johannes Rauch.
Denn so wie es aussieht, stimmt die Kanzlerpartei der Tierschutznovelle nur im Schlagabtausch für ein „aufgeweichtes“ Gesetz zur Schweinehaltung zu. Das ist für viele Organisationen ein Skandal: „Gibt es mehr Schutz für Hund und Katze nur im Gegenzug für verlängertes Leiden bei Schweinen?“, kritisieren Vier Pfoten, VGT und die Tierschutzombudsstelle Wien. Man hofft auf ein Einlenken – und dafür werden die Grünen wohl Forderungen zu Übergangsfristen abschwächen müssen.
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