Trotz Infoflut im Netz

Welche Aufklärung unsere Kinder heute brauchen

Leben
18.06.2024 16:00

Waren früher die Informationen noch deutlich schwerer zu beschaffen, gibt es heutzutage im Internet und in den sozialen Medien mehr als genug davon. Wie geht die Jugend damit um, wenn es um das Thema Verhütung geht? Braucht sie Aufklärung überhaupt noch? Mit welchen Herausforderungen kämpft sie? Wir haben nachgefragt.

„Tatsächlich gibt es im Vergleich zu früher mehr Information und einen leichteren Zugang dazu“, weiß Mirjam Scheck von der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung (ÖGF), die die „First Love“-Beratungsstellen betreibt: „Die entscheidende Frage, vor allem im medizinischen Bereich ist, welche Informationen hier fundiert und korrekt sind. Und dazu beobachten wir in unseren Jugendberatungsstellen, dass viel Unsicherheit und ein großer Aufklärungsbedarf bestehen.“

Diese Entwicklung sieht man auch bei „Rat auf Draht“. Daher appelliert Birgit Satke, Leiterin der Notrufnummer 147, an die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten: „Überlassen Sie die Sexualerziehung nicht den Medien, sondern werden Sie selbst aktiv.“

Kinder können durch Medien, Werbung und der digitalen Welt sehr früh in Kontakt mit dem Thema Sexualität kommen: „Daher ist es wichtig, dass sie die dort verbreiteten Inhalte richtig einordnen können“, betont Satke, „so sind sie gleichzeitig besser vor Falschinformationen, Manipulation und Missbrauch geschützt.“

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Wir bemerken ein höheres Verantwortungsbewusstsein: Jugendliche machen sich heutzutage mehr Gedanken über Verhütung und darüber, welches Verhütungsmittel für sie geeignet wäre.

(Bild: Rat auf Draht)

Birgit Satke, Leiterin der Notrufnummer 147, Rat auf Draht

Auch bemerken Satke und ihr Team ein höheres Verantwortungsbewusstsein bei der Jugend, was das Thema Verhütung betrifft. „Sprich: Jugendliche machen sich heutzutage mehr Gedanken über Verhütung und darüber, welches Verhütungsmittel für sie geeignet wäre“, sagt die 147-Leiterin.

Davon weiß auch Scheck zu berichten: In den vergangenen Jahren sei eine gewisse „Hormonskepsis“ entstanden. „Der Weg geht also weg von der Pille und hin zu hormonfreien Verhütungsmitteln“, so die ÖGF-Mitarbeiterin.

Neben dem Kondom gehören die Pille, die Mini-Pille und die Hormonspirale zu den am häufigsten verwendeten Verhütungsmittel der Österreicher. (Bild: stock.adobe.com/Antonioguillem)
Neben dem Kondom gehören die Pille, die Mini-Pille und die Hormonspirale zu den am häufigsten verwendeten Verhütungsmittel der Österreicher.

Doch auch mit der starken Verbreitung von sozialen Medien sind „noch immer viele Themen rund um Sexualität und Verhütung mit Scham behaftet“, berichtet Scheck, „Schönheitsideale werden durch die sozialen Medien häufig reproduziert, was viel Druck und teilweise auch Selbstzweifel bei Jugendlichen auslöst.“

Da sind mitunter dann auch die Angehörigen und Bekannten gefragt. Wie und wann sollten denn nun aber überhaupt Eltern mit dem Nachwuchs über Sex und Verhütung sprechen? „Mit der Sexualaufklärung sollte so früh wie möglich begonnen werden“, sagt Satke. Wichtig sei dabei aber auf jeden Fall, dass die Informationen, die man gibt, altersgemäß sind.

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Sobald Kinder – egal, welchen Alters – bei den Eltern nachfragen, müssen sich Eltern dazu positionieren und sollten adäquate und bedarfsorientierte Informationen geben.

(Bild: ÖGF)

Mirjam Scheck, BA, ÖGF-Koordination Beratung

Scheck betont, dass Eltern „adäquate und bedarfsorientierte Information“ geben sollten, sobald Kinder nachfragen würden: „Kindern Antworten zu verweigern oder sogar zu tabuisieren, ist unserer Erfahrung nach wenig hilfreich.“ 

Nur wenn Kinder sexuell aufgeklärt würden, könnten sie ein positives Körpergefühl entwickeln, auf ihre Grenzen achten und mögliche Gefahren besser erkennen, erklärt die 147-Leiterin: „Kinder sollten lernen, dass es völlig normal ist, sexuelle Bedürfnisse zu haben. Eltern sollten die Fragen ihrer Kinder offen und ehrlich beantworten.“

Das hebt auch die ÖGF-Mitarbeiterin hervor: „Sexuelle Bildung ist ein Teil der Gesundheitskompetenz“, so Scheck: „Sexualität gehört in ihren verschiedenen Ausdrucksformen zur Entwicklung der Persönlichkeit jedes Menschen und umfasst die emotionale, körperliche und soziale Ebene. Menschen sind sexuelle Wesen von Anfang an. Dabei wird die sexuelle Entwicklung als lebenslanger und selbstbestimmter Prozess verstanden.“

In aller Kürze

  • Bei Rat auf Draht gab es im Vorjahr 259 Beratungen zur Verhütung und 1939 überhaupt in der Kategorie Sexualität. Die häufigsten Anfragen gab es zum Thema Schwangerschaft (498 Beratungen), Aufklärung allgemein (329), Verhütung (259) und sexueller Orientierung (238). Alle Infos zur „Rat auf Draht“-Notrufnummer 147 für Kinder und Jugendliche gibt es hier – und hier die Elternseite.
  • Die „First Love“-Jugendberatungsstellen der ÖGF sind an drei Nachmittagen der Woche geöffnet, die Online-Beratung ist rund um die Uhr erreichbar. Häufige Themen: richtiges Verhütungsmittel, wie schnell wird man schwanger, wie funktioniert ein Zyklus, was tun bei Schmerzen beim Sex? Die ÖGF bietet auch sexualpädagogische Workshops – Details dazu hier.

Das sieht auch die 147-Leiterin so: Sexualaufklärung sollte „nicht als einmaliges Aufklärungsgespräch verstanden werden, sondern als ein Thema, welches das Heranwachsen von Kindern dauerhaft begleitet“.

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(Bild: kmm)



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