Radikaler Teufelskreis
Islamismus-Terror-Gefahr hoch wie lange nicht mehr
Der Anschlag von Mannheim und der Tod eines jungen Polizisten hat Deutschland schwer mitgenommen. Radikaler Islamismus stellt die Behörden vor immer größere Probleme. Dabei heizen globale Konflikte die Gefahrenlage vor Ort immer weiter an – auch in Österreich.
Die Bedrohung durch islamistische Terroranschläge ist in Deutschland nach Einschätzung des Verfassungsschutzes aktuell deutlich höher als in den vergangenen Jahren. „Das Risiko dschihadistischer Anschläge ist so hoch wie seit langem nicht mehr“, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, in Berlin. Die Sicherheitsbehörden bearbeiten nach seinen Worten vermehrt entsprechende Hinweise.
Der Chef des Inlandsgeheimdienstes nennt für das gestiegene Anschlagsrisiko – auch durch selbst radikalisierte Einzeltäter – verschiedene Gründe. So habe die Machtübernahme der islamistischen Taliban in Afghanistan die dschihadistische Idee insgesamt befördert.
Wien-Terroristen hoch im Kurs
Ein weiterer Faktor sei das Erstarken der Terrormiliz Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK), gerade in Pakistan und Afghanistan. Dabei handelt es sich um jene Gruppe, die um die Jahreswende auch Ziele in Wien ins Visier genommen hatte. Die Terror-Zellen in Europa seien gut organisiert, erläuterte jüngst auch DSN-Chef Omar Haijawi-Pirchner, die größte Bedrohung in Österreich seien im Vorjahr aber radikalisierte Einzeltäter gewesen.
Wer den „Gottesstaat“ wolle und danach schreie, müsse „eingesperrt oder abgeschoben“ werden, betonte etwa Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes für das Jahr 2023 im Mai. „In einer freien Gesellschaft haben solche Radikalen keinen Platz.“
Haijawi-Pirchners deutscher Kollege Haldenwang erklärte, Koran-Verbrennungen in Skandinavien sowie der israelische Militäreinsatz gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen hätten ebenfalls dazu beigetragen, „dass sich Radikalisierungsspiralen in Gang setzen“.
Mannheim-Schock sitzt tief
Haldenwang sagte der dpa: „Die Situation in Nahost nach dem Terrorangriff der Hamas ist definitiv eine weitere Ursache für die Verschärfung der Bedrohungslage durch den islamistischen Terrorismus.“ Klar sei auch: „Deutschland steht stärker als andere europäische Länder im Fokus von Dschihadisten, weil unser Land neben den USA als einer der wichtigsten Unterstützer Israels gilt.“
Ein 25-jähriger Afghane hatte Ende Mai fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bewegung Pax Europa sowie einen Polizisten in Mannheim mit einem Messer verletzt. Der 29 Jahre alte Beamte Rouven Laur erlag später seinen Verletzungen. Die Ermittler vermuten ein islamistisch-extremistisches Tatmotiv.
Seine Behörde habe die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus nie unterschätzt, sondern vielmehr wiederholt darauf hingewiesen, „dass die Sicherheitslage sehr angespannt ist“, sagte der Präsident des Verfassungsschutzes.
Internationale Kooperation soll EM absichern
Radikale Islamisten haben in der Vergangenheit immer wieder Großevents zum Anlass genommen, um aktiv zu werden. Die Fußball-EM in Deutschland startet in den kommenden Tagen. Für Sicherheit soll ein internationaler Zusammenschluss von Polizeibehörden sorgen – das sogenannte „International Police Cooperation Center“ (IPCC) in Neuss.
„Es ist das nationale und internationale Drehkreuz für Informationen, damit es im Ernstfall schnell gehen kann“, teilte das deutsche Innenministerium mit. Die Sicherheit der Fans, der Teams und aller Menschen im Land hätten laut Innenministerin Nancy Faeser (SPD) „oberste Priorität“.
Dreiklang der Gefahr
Die größte Gefahr für die Sicherheit zu benennen, sei für Haldenwang derzeit aber kaum möglich. „Wir haben es aktuell mit einem Dreiklang zu tun: die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus, das vor allem durch den Rechtsextremismus auch mit den Themen Fremden- und Muslimfeindlichkeit aufgeheizte gesellschaftliche Klima und die Einfluss- und Spionageaktivitäten fremder Staaten.“ Hinzu komme die Bedrohung durch den zunehmend gewaltorientierten Linksextremismus.
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